Con molto sentimento (German Edition)
jetzt schon auf ein Internat zu schicken.«
»Ein Weg, wie Monsieur Arrowfield ihn eingeschlagen hat ist wohl die Ausnahme«, urteilte Dupal und dabei hatte sie schon recht. Alexis hatte sich erst relativ spät dafür entschieden sein Hobby und seine Leidenschaft, das Orgel spielen, zu seinem Beruf zu machen. Nur die wenigsten wussten, dass Alexis vor seinem Orgelstudium etwas völlig, völlig anderes studiert hatte, nämlich Angewandte Mathematik.
Federico hatte da eher die typische Karriere eines Wunderkinds eingeschlagen: Schüler auf einem Internat, später am Konservatorium in Genf, sein Konzertdebüt hatte er mit vierzehn gegeben. Mindestens zwei Wettbewerbe im Jahr. Zuerst nur in der Schweiz und Deutschland, wenig später europaweit und sogar in Asien. Seine Karriere hatte den besten Start gehabt und jeder hatte ihm eine glänzende Zukunft vorhergesagt. Es war anders gekommen.
Federico wusste also mehr als jeder andere, wie schwierig das Leben als Konzertpianist war, welche Gefahren solch ein Beruf mit sich brachte. Er fühlte aber auch, dass William das nötige Talent hatte.
»Nun«, warf zum ersten Mal Professor Haber ein und wandte sich Federico zu. »Ich würde William gerne hier in Genf unterrichten. Wären seine Eltern bereit ihn auf das Internat zu lassen?« Leicht würde es auf keinen Fall für William werden, in diesem jungen Alter von seinen Eltern und seiner kleinen Schwester getrennt zu sein. Es war eine Entscheidung, in der William zumindest ein Mitspracherecht hatte.
»Ich werde mit seinen Eltern reden«, seufzte Federico. »Und das wird für mich vier Wochen...«, gerade noch stoppte er, biss sich sprichwörtlich auf die Zunge. Fast wäre ihm herausgerutscht, dass es ihn Alexis mit vier Wochen eiskaltem Sexentzug spüren lassen würde, was er von Federicos Idee hielt. Das war Claudes Einfluss, kaum lebte er ein paar Wochen in dem Dunstkreis des Franzosen und ihm kamen solche Äußerungen über die Lippen.
Federico tat so, als ob er sich verschluckt hätte und hustete in seine Faust hinein.
»Und wie ich höre, hat sich Monsieur Debière endlich dazu entschlossen Nägel mit Köpfen zu machen?«, unterhielten sich die drei Professoren weiter, als Federico noch einmal bestätigt hatte, dass er mit Mary-Alice und ihrem Mann reden würde. Das Thema William war für sie beschlossene Sache, der Kleine war gut genug für das Konservatorium.
Als Student ahnte und vermutete man nicht, wie sehr die Dozenten sich über einen austauschten und beredeten. Federico wollte besser erst gar nicht wissen, wie sie sich früher über ihn das Maul zerrissen hatten. Aber es war gut zu hören, dass sie Claudes Entscheidung, sich im nächsten Wintersemester mehr und mehr dem Studium des Dirigierens zu widmen, guthießen. Es würde Claude freuen, wenn er es ihm erzählen würde.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten hatte Claude jetzt allerdings die Musiker auch gut im Griff. Er hatte bei ihrem Auftritt am Samstag nicht nur seine Geigen souverän durch das Konzert geführt, sondern war auch den übrigen Mitgliedern des Orchesters eine zuverlässige Stütze gewesen. Allein das Wissen, das es so einen Musiker im Orchester gab, auf den man sich verlassen konnte, der einem mit einem Blick oder einer Geste auch mal den Einsatz signalisieren konnte, gab vielen Sicherheit.
Die erstbeste Gelegenheit Claude von dem Gespräch der Professoren zu berichten, ergab sich leider erst am nächsten Tag. William und Gareth würden heute wieder zurück nach Kopenhagen fliegen und während der Butler in der Innenstadt shoppen gegangen war, waren Federico und William in eines der großen Kaufhäuser speziell für Kinderspielzeug gegangen. Federico wäre ja kein richtiger Onkel, wenn er William nicht wenigstens auch ein angemessenes Spielzeug gekauft hätte. Klaviernoten zählte Federico da nicht unbedingt dazu, aber pflichtschuldigst hatte er William auch die gewünschten Schumannschen Noten gekauft.
Gerade als sie vor der Kasse in der Schlange standen, empfing Federico von Claude eine SMS. Claude würde heute in einem Kaufhaus ganz in der Nähe mit drei weiteren Kollegen zur Unterhaltung der Kunden spielen. Und ob sie nicht in seiner Pause vorbeikommen wollten.
So saßen nun Federico und Claude auf dem großen Innenhof des Kaufhauses. In der Mitte war ein imposanter Brunnen, ganz nach italienischem Vorbild, aufgebaut. Darum herum hatten mehrere Cafés ihre Stühle und Tische gruppiert.
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