Conan der Schwertkämpfer
nicht offen hinaus, sondern schlich von Busch zu Busch. Hin und wieder hielt er an, um zu lauschen und wie ein Tier zu wittern. Er war wachsam und angespannt, als erwartete er einen Hinterhalt. Gleich darauf erschien ein zweiter Mann hinter ihm, ein wohlgebauter blonder junger Mann von mittlerer Größe. Er trug den Harnisch eines Leutnants der Goldenen Löwen, des Gardegrenzregiments Numedides', des Königs von Aquilonien.
Der Unterschied zwischen den beiden Männern war beachtlich. Der schwarzmähnige Riese, offensichtlich ein Cimmerier aus der rauhen Wildnis des Nordens, war wachsam, doch völlig ruhig. Der jüngere Offizier, der bei dem geringsten Geräusch zusammenzuckte und ständig nach den Myriaden von Fliegen schlug, wirkte unbeholfen und nervös. Er redete den älteren voll Hochachtung an:
»Hauptmann Conan, Hauptmann Arno läßt fragen, ob voraus alles in Ordnung ist. Er erwartet Euer Zeichen, um den Trupp in Bewegung zu setzen.«
Conan brummte etwas Unverständliches. Der Leutnant schaute besorgt über die Lichtung, doch dann meinte er: »Es scheint alles ruhig zu sein.«
Conan zuckte die Schultern. »Zu ruhig für meinen Geschmack. Vogelzwitschern und das Keckem von Eichhörnchen sollten zu dieser Tageszeit deutlich aus dem Wald zu hören sein. Aber es ist so still hier wie in einer Grabkammer.«
»Vielleicht hat die Anwesenheit unserer Leute die Tiere erschreckt«, vermutete der Aquilonier.
»Oder vielleicht die Gegenwart einer piktischen Truppe. Allerdings habe ich bisher noch keine sicheren Zeichen dafür gefunden. Der Feind mag hier sein oder auch nicht. Sagt mir, Flavius, sind bereits einige unserer Kundschafter zurückgekehrt?«
»Noch nicht, Hauptmann«, erwiderte der junge Leutnant. »Aber die Späher, die General Lucian ausgeschickt hatte, meldeten, daß sich keine Pikten im Wald befinden.«
Conan entblößte seine Zähne zu einem wölfischen Grinsen. »Ja, die Späher des Generals schwören, es gäbe keinen lebenden Pikten in ganz Conajohara. Sie sind der Überzeugung, die bemalten Teufel ahnten unser Großaufgebot voraus und zogen sich zurück. Aber ...«
»Ihr habt kein Vertrauen zu den Spähern, Hauptmann?«
Conan drehte sich flüchtig dem Leutnant zu. »Ich kenne sie nicht, genausowenig wie ich weiß, woher Lucian sie hat, noch wie zuverlässig ihre Meinung ist. Ich würde dem Wort meiner eigenen Kundschafter trauen – den Männern, die ich hatte, ehe Fort Tuscelan fiel.«
Flavius blinzelte ungläubig. »Nehmt Ihr denn an, daß Vicomte Lucian ein falsches Spiel treibt?«
Conans Gesicht wurde zur Maske. Mit leicht zusammengekniffenen Augen musterte er seinen Begleiter. »Ich habe nichts dergleichen gesagt. Aber ich habe genug von dieser Welt gesehen, um nur noch wenigen Menschen zu trauen. Sagt Hauptmann Arno ... Wartet, hier kommt einer von Lucians Vagabunden.«
Ein hagerer Mann mit faltiger Haut trat hinter dem Stamm einer mächtigen Eiche hervor – einer Eiche, die bereits alt war, als die Pikten noch über die gesamte Westermark herrschten. Der Mann war ganz in Leder gekleidet, trug einen Bogen und einen Jagdpallasch.
»Nun?« brummte Conan statt eines Grußes.
»Keine Spur von Pikten entlang dem ganzen Südfluß«, meldete der Späher.
»Wer ist an unseren Flanken?«
Der Kundschafter nannte ein paar Namen, dann sagte er: »Nirgendwo Pikten. Dort vor Euch liegt der Fluß.« Er deutete.
»Ich weiß«, brummte Conan trocken.
Als Flavius durch die dicken Stämme schaute, entdeckte er ein silbernes Glitzern in mittlerer Entfernung. Der Kundschafter verschwand wieder im Wald.
Die Geräusche näherkommender Männer wurden lauter, als die Spitze des Zuges auf dem Pfad hinter ihnen auftauchte. Von den etwa hundert aquilonischen Soldaten, die zu zweien nebeneinander und auch im Gänsemarsch herankamen, war die eine Hälfte Lanzenträger, die andere Bogenschützen. Die Lanzenträger, zum größten Teil untersetzte braunhaarige Gundermänner, trugen Helme und Kettenhemden. Die Bogenschützen, hauptsächlich Bossonier, dagegen trugen Lederharnische mit Bronzeringen und -knöpfen, einige auch eine leichte Stahlkappe. Offenbar war Arno des Wartens müde geworden.
Ein kräftiger braunhaariger Offizier eilte herbei. Schweiß rann über sein rundes rotes Gesicht. Er schob seinen Helm zurück und sagte: »Hauptmann Conan, meine Lanzenträger beginnen zu ermüden. Sie brauchen eine kurze Rast.«
»Finden sie den Marsch zu anstrengend? Ha! Sie brauchen ein wenig Abhärtung, Arno, so
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