Conan-Saga 01 - Conan
Metall. Der Gundermann fiel der Länge nach auf den Boden.
Conan holte tief Luft und trat mit erhobenem Schwert näher. Sein Gegner lag reglos vor seinen Füßen, und Blut sickerte aus dem gespaltenen Helm. In seiner jugendlichen Selbstüberschätzung war Conan sicher, daß der Hieb seinen Feind getötet hatte. Er steckte das Schwert in die Scheide zurück und wandte sich wieder der Stadt der Alten zu.
Der Cimmerier näherte sich dem Tor. Es bestand aus zwei Flügeln aus fußdickem, mit Bronze verkleidetem Holz, etwa von doppelter Mannshöhe. Conan drückte heftig atmend mit aller Kraft dagegen, aber sie schwangen nicht auf. Schließlich zog er sein Schwert aus der Scheide und hämmerte gegen die Bronze. So wie es sich anhörte, war das Holz verrottet, doch die Bronzeverkleidung war zu dick, als daß man sie mit dem Schwert hätte durchdringen können, ohne der Klinge zu schaden. Außerdem gab es einen einfacheren Zugang.
Etwa dreißig Schritt nördlich des Tores war die Mauer eingefallen und an ihrer niedrigsten Stelle nicht höher als zwanzig Fuß über dem Boden, und noch dazu bildeten die Trümmer außen einen Haufen, der bis auf etwa sechs oder acht Fuß an das eingefallene Mauerstück reichte.
Conan nahm einen Anlauf und rannte den Trümmerhaufen empor, dann sprang er und krallte sich in den Mauerrand. Ächzend zog er sich hoch, ohne auf die Abschürfungen und Kratzer zu achten, die er sich dabei zuzog. Dann saß er auf dem unebenen Rand und schaute hinab in die Stadt.
Unter ihm lag ein Platz, auf dem die wuchernden Pflanzen seit schier endloser Zeit Krieg gegen die Pflastersteine führten. Diese Steine waren alle geborsten und aus dem Boden gehoben, auf dem sie nun gekippt lagen, und dazwischen wuchsen Gras, Unkraut und karge Sträucher.
Hinter diesem Platz begannen die Ruinen eines der ärmeren Stadtviertel. Hier waren von den armseligen, niedrigen Häusern aus Lehmziegeln nichts als Erdhaufen geblieben. Dahinter, weiß im Mondschein schimmernd, bemerkte Conan die besser erhaltenen Bauwerke aus Stein – die Tempel und Paläste und die Häuser der Edlen und der wohlhabenden Kaufleute. Wie es bei so vielen uralten Ruinen der Fall ist, hing auch hier eine Aura des Bösen, Unheimlichen über der verlassenen Stadt.
Conan lauschte und schaute sich nach allen Seiten um. Nichts bewegte sich. Das einzige Geräusch war das Zirpen von Grillen.
Auch der Cimmerier hatte die Gruselgeschichten über das verdammte Larsha gehört. Obgleich das Übernatürliche fast panische, atavistische Angst im Herzen des Barbaren weckte, verlieh ihm doch der Gedanke Kraft, daß ein übernatürliches Wesen, wenn es erst feste Formen annahm, durch irdische Waffen getötet werden konnte, genau wie ein Mensch oder Tier auch. Er war jedenfalls nicht so weit gekommen, um sich von Menschen, Ungeheuern oder Dämonen von seiner Schatzsuche abhalten zu lassen.
Nach den Legenden sollte sich der sagenhafte Schatz im Königspalast befinden. Die Linke um das Schwert in der Hülle gelegt, sprang der junge Dieb von der Mauer herunter und eilte leise wie ein Schatten durch die gewundenen Straßen zur Stadtmitte.
Ruinen umgaben ihn von allen Seiten. Hier und da blockierten die Trümmerstücke eines Hauses die Straße, und Conan war gezwungen, darüberzuklettern oder sie zu umgehen. Der Mond stand nun hoch am Himmel und überzog die Ruinen mit einem gespenstischen Licht. Zur Rechten des Cimmeriers erhob sich ein Tempel, der zum Teil eingestürzt war, dessen Portikus mit seinen vier mächtigen Marmorsäulen jedoch noch erhalten war. Entlang des Dachrands stierte eine Reihe von gräßlichen Marmorskulpturen in die Tiefe – es waren die Abbildungen von Ungeheuern – halb Dämonen, halb Tier – einer längst vergessenen Zeit.
Conan versuchte, sich an die Legende zu erinnern, die er bruchstückhaft in der Schänke der »Keule« aufgeschnappt hatte, nämlich, wie es zum Untergang Larshas gekommen war. Da war doch etwas von dem Fluch eines erzürnten Gottes gewesen, mit dem er die Stadt belegt hatte, weil er die Greueltaten ihrer Bürger nicht mehr mit ansehen wollte – Grausamkeiten gegen die die Untugenden und Laster der Menschen von Shadizar schier Tugenden waren ...
Der Cimmerier kam der Stadtmitte allmählich näher, doch jetzt fiel ihm etwas Merkwürdiges auf. Bei jedem Schritt hatte er größere Mühe, seine Sandalen von dem zerborstenen Pflaster zu lösen. Sie klebten daran wie an warmem Pech. Jedesmal, wenn er einen Fuß hob,
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