Conan-Saga 11 - Conan der Abenteurer
aufschwang. Conan trat ein. Mit der Morgensonne im Rücken wirkte er noch größer und kräftiger, als Yasmina ihn in Erinnerung hatte, und ihr fielen nun auch einige Einzelheiten auf, die ihr am Abend entgangen waren. Seine Kleidung war sauber und ohne Risse und Löcher. Der breite Bakhariotwaffengürtel, von dem sein Dolch in einer reichverzierten Scheide hing, hätte der eines Prinzen sein können. Durch sein Hemd schimmerten die Glieder einer Kettenrüstung feinster turanischer Arbeit.
»Deine Gefangene ist wach, Conan«, wandte das Wazulimädchen sich an ihn. Er brummte etwas Unverständliches, schritt zum Feuer und schob ein paar der Hammelfleischstreifen auf einen Steinteller.
Das kauernde Mädchen blickte lachend zu ihm hoch. Sie sagte etwas Zweideutiges, woraufhin er grinste und sie mit dem Fuß stupste, so daß sie nach vorn auf den Boden fiel. Diese rauhe Behandlung schien ihr ungemein zu gefallen, aber Conan kümmerte sich nicht weiter um sie. Er legte ein riesiges Stück Brot zu dem Fleisch und brachte das Ganze mit einer Kupferkanne Wein zu Yasmina, die sich von ihrem Lager erhoben hatte und ihm ein wenig unsicher entgegensah.
»Kein Frühstück, wie es eine Devi gewohnt ist«, brummte er. »Aber es ist das Beste, was wir haben, und auf jeden Fall füllt es den Magen.«
Er stellte den Teller auf dem Boden ab, und plötzlich wurde Yasmina sich bewußt, wie hungrig sie war. Wortlos setzte sie sich mit gekreuzten Beinen auf den Boden, hob den Teller auf den Schoß und begann mit den Fingern zu essen, denn Besteck gab es hier ganz offensichtlich nicht. Aber schließlich war Anpassungsfähigkeit ein Beweis wahrer Aristokratie. Conan blickte, die Daumen in seinen Gürtel gehakt, auf sie hinunter. Er saß nie auf die Weise des Ostens auf überkreuzten Beinen.
»Wo bin ich?« fragte sie plötzlich.
»In der Hütte Yar Afzals, des Häuptlings der Khurum Wazuli«, antwortete er. »Afghulistan liegt viele Meilen weiter westlich. Wir verstecken uns hier eine Weile. Die Kshatriyas suchen die Berge nach dir ab – mehrere ihrer Schwadronen wurden bereits von den Stämmen aufgerieben.«
»Was hast du vor?« erkundigte sie sich.
»Ich behalte dich hier, bis Chunder Shan bereit ist, mir meine sieben Viehdiebe zurückzugeben. Ein paar Wazulifrauen sind schon dabei, Tinte aus Shokiblättern zu pressen. Wenn sie genügend haben, kannst du einen Brief an den Statthalter schreiben.«
Ein Teil ihres alten Grimmes ergriff sie, als sie daran dachte, wie sehr ihre Pläne schiefgelaufen waren, so daß sie nun Gefangene des Mannes war, den sie in ihre Gewalt hatte bringen wollen. Sie schleuderte den Teller mit den Resten ihres Mahles von sich und sprang weiß vor Zorn auf.
»Ich werde keinen Brief schreiben! Wenn du mich nicht zurückbringst, werden sie nicht nur deine sieben Männer hängen, sondern noch tausend dazu!«
Das Wazulimädchen lachte spöttisch, und Conan zog finster die Brauen zusammen, als die Tür aufschwang und Yar Afzal hereinstolziert kam. Der Wazulihäuptling war so groß wie Conan und noch breiter, aber er wirkte fett und langsam neben dem Cimmerier mit den harten Muskeln. Er zupfte an seinem rotgefleckten Bart und starrte das Wazulimädchen an, das sich daraufhin sofort erhob und die Hütte verließ. Erst jetzt wandte Yar Afzal sich seinem Gast zu.
»Meine verdammten Leute brummeln, Conan«, sagte er. »Sie wollen, daß ich dich umbringe und wir die Frau hierbehalten, bis wir Lösegeld für sie bekommen. Mit ihrer Kleidung muß sie eine sehr vornehme Dame sein, sagen sie. Sie sagen, weshalb sollen die Afghulihunde durch sie profitieren, wenn sie sie beschützen müssen und sich so in Gefahr bringen.«
»Leih mir dein Pferd«, bat Conan. »Dann reite ich mit ihr weg.«
»Pah!« brummte Yar Afzal. »Glaubst du, ich kann nicht mit meinen Männern umgehen? Sie wissen, was ihnen blüht, wenn sie mich zu hintergehen versuchen! Sie mögen dich nicht – und auch sonst keine Fremden –, aber du hast mir einmal das Leben gerettet, das werde ich dir nie vergessen. Aber komm jetzt mit mir hinaus, Conan. Ein Kundschafter ist zurückgekehrt.«
Conan rückte seinen Gürtel zurecht und folgte dem Häuptling ins Freie. Sie schlossen die Tür hinter sich. Yasmina spähte durch eine Schießscharte. Sie sah einen ebenen Platz vor der Hütte, an dessen gegenüberliegender Seite mehrere Lehm- und Steinhütten standen. Nackte Kinder spielten zwischen den Felsen, und schlanke gutgewachsene Frauen gingen ihrer Arbeit
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