Conan-Saga 11 - Conan der Abenteurer
wohlbedachten Grausamkeit gaben die schwarzen Seher dem Mädchen das volle Bewußtsein zurück, und sie erkannte die Lage, in der sie sich befand. Ihre Augen weiteten sich vor unbeschreiblicher Furcht. Sie schrie und griff verzweifelt nach den ausgestreckten Händen ihres Liebsten. Aber sie konnte sich nicht retten. Mit einem wimmernden Schrei stürzte sie in die Tiefe.
Khemsa zog sich mühsam an den Rand und lehnte sich hinüber. Lautlos bewegten sich seine Lippen. Dann drehte er sich um und starrte eine lange Weile mit weiten Augen, aus denen alles Menschliche geschwunden war, auf seine Foltermeister. Mit einem Schrei, der schier den Fels barst, schwankte er hoch und stürzte sich mit einem Dolch in der Hand auf sie.
Einer der Rakhshas stampfte mit dem Fuß auf. Ein Grollen erhob sich, das zum ohrenbetäubenden Donnern wurde. Vor den Zauberern öffnete sich im festen Gestein ein Spalt, der sich sofort weitete. Mit einem alleserschütternden Krachen splitterte ein ganzer Teil des Simses ab. Khemsa verschwand mit wild hochgeworfenen Armen in der Geröllawine, die in den Abgrund polterte.
Die vier blickten nachdenklich auf den ausgezackten neuen Rand der Felsleiste und drehten sich jäh um. Conan, der durch die Erschütterung des Berges von den Füßen gerissen worden war, griff nach Yasmina und erhob sich mit ihr. Er bewegte sich so langsam, wie sein Gehirn im Augenblick funktionierte. Er war so benommen, daß ihm das Denken schwerfiel. Er wußte, daß er unbedingt die Devi auf den Rapphengst setzen und mit ihr so schnell wie der Wind davongaloppieren mußte, aber eine unbeschreibliche Last schien ihn niederzudrücken.
Und jetzt hatten die Zauberer sich ihm zugewandt. Sie hoben die Arme, und vor seinen erschrocken aufgerissenen Augen verschwammen ihre Umrisse, wurden nebelhaft, während roter Rauch um ihre Füße wallte und sich schließlich aufwärts kräuselte, um zur wirbelnden Wolke zu wachsen. Jetzt erst wurde ihm bewußt, daß auch er in roten Dunst gehüllt war. Er hörte Yasmina aufschluchzen, und der Hengst schrie wie eine Frau unter großen Schmerzen. Die Devi wurde seinen Armen entrissen. Als er blindlings mit dem Dolch zustieß, traf ihn ein betäubender Schlag wie von einer plötzlichen Sturmböe und schmetterte ihn gegen die Felswand. Wie durch dichte Schleier sah er eine spindelartig sich drehende rote Wolke aufsteigen und über dem Berg verschwinden – mit ihr Yasmina und die vier Männer in Schwarz. Nur der verstörte Hengst blieb mit ihm auf dem Sims zurück.
7
AUF ZUM YIMSHA!
Wie Nebel sich im brausenden Wind auflöst, lösten sich auch die Schleier der Benommenheit von Conans Gehirn. Mit einem wilden Fluch schwang er sich in den Sattel, und der Hengst bäumte sich wiehernd auf. Nach einem Blick den Felshang hinauf entschied er sich, weiter dem Weg zu folgen, den er eingeschlagen hatte, als Khemsa ihn aufhielt. Doch jetzt ritt er nicht gemessenen Schrittes, sondern gab dem Pferd freien Zügel. Das Tier sauste dahin wie der Blitz, als wollte es sein Grauen durch körperliche Anstrengung abschütteln. Über den jetzt viel schmaleren Felsgrat brauste es, um eine Biegung im Fels und hinunter den schmalen Serpentinenpfad. Als sie bereits tief unten waren, sah Conan, wo das Geröll des geborstenen Simses sich am Fuß eines Steilhangs gehäuft hatte.
Der Talboden befand sich noch weit unter ihm, als er zu einem langen hohen Kamm gelangte, der wie eine Landzunge vom Hang wegführte. Zu beiden Seiten fiel der Fels steil ab. Er sah den Pfad, dem er folgen mußte. In der Ferne verließ er den Kamm und beschrieb einen großen U-Bogen zum Flußbett auf der linken Seite. Conan fluchte, daß er ausgerechnet diesem Weg folgen mußte, aber es war unmöglich – außer für einen Vogel –, auf andere Weise zum Flußbett zu kommen.
Also lenkte er den ermüdeten Rapphengst über den schmalen Grat, bis das Klacken von Hufen von unten an sein Ohr drang. Er hielt das Pferd an, beugte sich ein wenig über den Gratrand und spähte hinunter auf das ausgetrocknete Flußbett entlang dem Fuß der Felsen. Eine bunte Menge ritt hindurch: etwa fünfhundert bärtige, waffenstarrende Männer auf halbwilden Pferden. Aus dreihundert Fuß Höhe brüllte Conan hinunter.
Als sie ihn hörten, zügelten sie ihre Pferde. Fünfhundert Mann starrten zu ihm hoch, und zahllose Stimmen brüllten durcheinander. Conan vergeudete keine Worte.
»Ich war auf dem Weg nach Ghor!« donnerte er, so daß es das Gebrüll
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