Conan-Saga 11 - Conan der Abenteurer
gegen ihn erhoben in ihrer Empörung über den Frevel. Alles logische Denken wurde in einer Welle übernatürlicher Furcht fortgeschwemmt.
Am Treppenabsatz verharrte Amalric. Aus der Dunkelheit kam Lissa zu ihm hoch. Ihre weißen Arme streckten sich ihm entgegen. Ihre Augen waren weit vor Entsetzen.
»Amalric!« wimmerte sie. Er preßte sie an sich.
»Ich habe es gesehen!« flüsterte sie. »Ich habe gesehen, wie es einen Toten durch den Korridor schleifte. Ich verlor den Kopf und schrie und rannte. Als ich zurückkam, hörte ich dich brüllen und wußte, daß du mich im Roten Turm suchtest ...«
»Und du bist gekommen, mein Schicksal mit mir zu teilen.« Seine Stimme klang ausdruckslos.
Als sie zitternd einen Blick über seine Schultern zu werfen versuchte, verdeckte er ihre Augen und drehte sie um. Sie sollte nicht sehen, was dort auf dem Boden lag. Er hob seinen Umhang, wagte jedoch nicht, sein Schwert zu berühren. Als er Lissa die Stufen hinunterhalf, sie halb stützte, halb trug, verriet ihm ein verstohlener Blick zurück, daß die zermalmte weiße Gestalt nicht mehr zwischen den Marmortrümmern lag. Seine Zauberformel hatte Ollam-onga im Leben in seine menschliche Gestalt verbannt, doch im Tod hatte sie keine Macht mehr über ihn. Einen Moment war Amalric wie betäubt. Dann schüttelte er sich und machte sich eilig daran, mit Lissa das dunkle Gemäuer zu verlassen.
Sie rannten, bis sie die Straße erreichten, wo Kamel und Pferd noch immer dicht aneinandergeschmiegt standen. Er setzte Lissa auf das Kamel und schwang sich selbst in den Sattel des Hengstes. Die Zügel beider Tiere in den Händen, suchte er den kürzesten Weg aus der Stadt. Er atmete erleichtert auf, als die kühle Wüstenluft sie umschmeichelte. Sie war frei vom Gestank des Verfalls und dem uralten Grauen, dessen selbst die Zeit nicht Herr geworden war.
Am Sattel des Pferdes hing nur eine kleine Wasserflasche. Sie hatten nichts zu essen, und Amalrics Schwert lag im Roten Turm. Ohne Proviant und unbewaffnet ritten sie in die Wüste, deren Gefahren ihnen geringer zu sein schienen als die, welche in der Stadt lauerten, die sie hinter sich gelassen hatten.
Stumm ritten sie dahin. Amalric wählte den Weg nach Süden, wo er ein Wasserloch vermutete. Bei Sonnenaufgang erreichten sie den Kamm einer Sanddüne und blickten zurück auf Gazal, das im rosigen Schein ganz unwirklich aussah. Plötzlich erstarrte Amalric, und Lissa schrie auf. Aus einer Bresche in der Stadtmauer stürmten sieben Reiter auf schwarzen Tieren. Schwarz waren auch die Gewänder der Reiter. Amalric wußte, daß es keine Pferde in Gazal gab, und so überkam ihn das Grauen. Er wandte sich um und trieb ihre Tiere an.
Die Sonne stieg rot den Himmel hinauf, dann wurde sie golden und schließlich zur weißglühenden Flammenkugel. Von Durst und Erschöpfung gepeinigt und von der Sonne geblendet, versuchten die beiden ihren Verfolgern zu entkommen. Von Zeit zu Zeit benetzten sie ihre Lippen mit Wasser. Die sieben schwarzen Punkte folgten ihnen mit gleichbleibender Geschwindigkeit.
Es wurde Abend. Wieder rötete die Sonne sich und sank dem Rand der Wüste entgegen. Eine kalte Hand schien nach Amalrics Herzen zu greifen – die Reiter kamen näher.
Als die Dunkelheit hereinbrach, waren auch die schwarzen Reiter nahe. Amalric blickte auf Lissa und stöhnte. Sein Hengst stolperte und fiel. Die Sonne war untergegangen, und vor das Antlitz des Mondes schob sich plötzlich ein Schatten wie der einer Fledermaus. In der Dunkelheit glühten die Sterne rot, und hinter sich vernahm Amalric das Brausen eines aufkommenden Sturmes. Eine schwarze Masse, von Funken unheiligen Lichtes gesprenkelt, tauchte aus der Nacht auf.
»Reite, Mädchen!« schrie Amalric verzweifelt. »Rette dich! Sie sind hinter mir her!«
Als Antwort rutschte sie von ihrem Kamel und schlang die Arme um ihn. »Ich werde mit dir sterben!«
Sieben schwarze Gestalten, die wie der Wind ritten, hoben sich gegen den Sternenhimmel ab. Unter den Kapuzen glühten Bälle höllischen Feuers und fleischlose Kiefer schienen zusammenzuklappen.
Da fegte ein Pferd an Amalric vorbei. In der unnatürlichen Dunkelheit konnte er nur einen schwarzen Schatten sehen, und gleich darauf hörte er, wie das scheinbar aus dem Nichts aufgetauchte Pferd mit den näherkommenden Gestalten zusammenprallte. Es wieherte schrill, und eine kräftige Stimme brüllte etwas in einer fremden Sprache. Von irgendwo in der Nacht wurde der Ruf mit lautem Geschrei
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