Conan-Saga 13 - Conan der Krieger
mancher Hinsicht von der modernen Schrift unterschieden, die er beherrschte. Sie war vor drei Jahrhunderten nach der Eroberung Pelishtiens durch einen Nomadenstamm aus der alten entwickelt worden. Obwohl diese ältere Schrift einfacher war, gab sie ihm Rätsel auf. Eine öfter wiederkehrende Glyphenverbindung erkannte er schließlich als Eigennamen: Bît-Yakin. Conan nahm an, daß es sich dabei um den Namen des Verfassers handelte.
Unwillkürlich bewegten sich seine Lippen, während er sich mit der Entzifferung plagte. Das meiste stellte sich als unübersetzbar heraus, und der Rest war auch nicht recht klar.
Aus dem Ganzen schloß er, daß der mysteriöse Bît-Yakin von weither mit seinen Dienern gekommen war und im Tal Alkmeenon gelebt hatte. Viel des folgenden sagte ihm nichts, da es darin von ihm unbekannten Schriftzeichen wimmelte. Was er übersetzen konnte, deutete darauf hin, daß eine lange Zeit vergangen war. Der Name Yelaya kam häufig vor, und gegen Ende des Schriftstücks wurde es offensichtlich, daß Bît-Yakin von seinem bevorstehenden Tod gewußt hatte. Irgendwie zuckte Conan zusammen, als ihm klar wurde, daß die Mumie in der kleinen Höhle der Verfasser des Schriftstücks, dieser geheimnisvolle Bît-Yakin, gewesen sein mußte. Der Mann war gestorben, wie er es vorhergesagt hatte, und seine Diener hatten ihn, genau nach seinen Anweisungen kurz vor seinem Tod, in diese Höhle geschafft.
Es war merkwürdig, daß Bît-Yakin in keiner der Legenden über Alkmeenon erwähnt wurde. Offenbar war er erst ins Tal gekommen, nachdem die eigentlichen Bewohner es verlassen hatten – das deutete auch das Schriftstück an –, trotzdem war es recht merkwürdig, daß die Priester, die in alter Zeit zum Orakel gekommen waren, den Mann und seine Diener nicht gesehen hatten. Conan war ziemlich sicher, daß die Mumie und das Pergament älter als hundert Jahre waren. Bît-Yakin hatte im Tal gelebt, als die Priester noch kamen, um die tote Yelaya zu verehren. Und doch sprach keine Legende von ihm, bloß von einer verlassenen Stadt, in der es nur die Geister der Toten gab.
Weshalb hatte Bît-Yakin an diesem trostlosen Ort gehaust, und wohin hatten seine Diener sich zurückgezogen, nachdem sie die Leiche ihres Herrn in die Höhle gebracht hatten?
Conan zuckte die Schulter und schob die Schriftrolle in seinen Gürtel zurück – plötzlich zuckte er heftig zusammen, und die Haut auf seinen Handrücken prickelte. In der unendlichen Stille hatte ein mächtiger Gong gedröhnt!
Er wirbelte herum wie eine Raubkatze, mit dem Schwert in der Hand, und spähte den schmalen Gang entlang, aus dem der Gongschlag offenbar gekommen war. Waren die Priester von Keshia bereits eingetroffen? Er wußte, daß das unmöglich war, dazu war noch nicht genug Zeit vergangen. Aber dieser Gong verriet ohne Zweifel die Anwesenheit eines Menschen.
Conan war von Natur aus ein Tatmensch, der instinktiv und ohne langes Überlegen handelte. Alle Vorsicht und Feinheiten hatte er sich erst im Lauf der Zeit durch seinen Kontakt mit den verschiedensten Rassen angeeignet, die weniger geradeheraus als er waren. Doch wenn er von etwas völlig Unerwartetem überrascht wurde, handelte er wieder, wie es seiner barbarischen Natur gegeben war. Statt sich nun zu verstecken oder sich in die entgegengesetzte Richtung zurückzuziehen, wie ein anderer es üblicherweise getan hätte, rannte er geradewegs den Gang hoch, aus dem der Gongschlag gekommen zu sein schien. Seine Sandalen waren nicht lauter als die weichen Ballen eines Panthers. Die Augen hatte er zu Schlitzen zusammengekniffen und die Lippen zu einem Fletschen verzerrt. Ganz flüchtig hatte die Panik seine Seele bei dem Schock durch das Unerwartete berührt, und so war die rote Wut des Urwüchsigen, die immer in dem Cimmerier lauerte, erwacht, wie bei allen Wilden, wenn sie sich bedroht fühlen.
Aus dem gewundenen Korridor kam er auf einen kleinen, offenen Hof. Sein Blick fiel auf etwas in der Sonne Glitzerndes. Es war der Gong, eine große, goldene Scheibe, die von einer goldenen Strebe an der zerfallenen Mauer hing. Ein Messingklopfer lag daneben, doch von Lebenden gab es keine Spur. Die Torbögen ringsum waren alle leer. Conan blieb, wie ihm schien, lange an der Korridortür stehen. Im ganzen Palast war nicht der geringste Laut zu hören. Als seine Geduld schließlich erschöpft war, schlich er von Torbogen zu Torbogen und spähte hindurch, jederzeit bereit, wie ein Blitz zur Seite zu springen oder wie
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