Conan-Saga 15 - Conan der Thronräuber
endete, die grauenvoll fluchte. Doch auch schleichende Schritte waren zu hören, und in den Tunnelöffnungen sah er vage Gestalten von monströser, unnatürlicher Form.
Es war, als wanderte er durch eine Hölle – eine von Tsotha-lanti geschaffene Hölle. Doch die schattenhaften Geschöpfe kamen nicht auf den Hauptkorridor, obwohl er ganz deutlich vernahm, wie sie laut geiferten und er ihre brennenden, hungrigen Blicke spürte. Plötzlich wurde ihm bewußt, wieso sie sich nicht herauswagten. Ein gleitendes, raspelndes Geräusch folgte ihm. Vor Schrecken sprang er in die Finsternis eines nahen Seitentunnels und löschte hastig die Fackel. Den Korridor herab kroch die gigantische Schlange, etwas schwerfällig durch ihre kürzliche Mahlzeit. Unmittelbar neben Conan wimmerte etwas furchtsam und wich weiter in die Finsternis zurück. Offenbar war der Hauptkorridor das Revier der Schlange, und die anderen Monstrositäten blieben ihm fern.
Für Conan war die Schlange jedoch das geringste der Grauen hier. Er empfand fast eine Artverwandtschaft mit ihr, wenn er an die weinende und kichernde Gallertmasse dachte und an das schleimtriefende, lautlos fluchende, unsichtbare Wesen, das aus dem Schacht hochgeschwebt war. Zumindest war die Schlange irdischen Ursprungs, und wenn sie auch der kriechende Tod war, war sie doch nur eine Bedrohung für den Körper, während diese anderen Obszönitäten dazu auch noch Geist und Seele in Gefahr brachten.
Nachdem die Schlange den Korridor weiter hinabgekrochen war, folgte er ihr – in sicherem Abstand, wie er hoffte. Glücklicherweise schwelte auch jetzt seine Fackel noch ein wenig, so daß er sie wieder zum Aufflammen bringen konnte.
Er war noch nicht weit gekommen, als er ein Stöhnen aus einem der Seitentunnels in der Nähe hörte. Zwar warnte ihn die Vorsicht, den Tunnel zu betreten, aber seine Neugier war größer. Er hielt die Fackel, die bereits zum Stumpf herabgebrannt war, hoch über den Kopf und wappnete sich, denn er war überzeugt, wieder etwas Gräßliches zu sehen. Doch er stieß auf etwas, das er hier am wenigsten erwartet hatte.
Vor ihm befand sich eine breite Kammer, von der ein Teil mit Gitterstäben abgetrennt war, die, tief in den Boden verankert, bis zur Decke reichten. Hinter diesem Gitter lag eine Gestalt, die – wie er beim Näherkommen erkannte – entweder ein Mensch oder zumindest etwas sehr Menschenähnliches war. Es war von dicken Ranken umschlungen, die offenbar aus dem felsigen Fußboden wuchsen. Diese Ranken hatten seltsam spitze Blätter und rote Blüten. Aber dieses Rot war von unnatürlichem Ton, nicht von einer Schattierung, wie man sie von normalen Blumen oder Blüten her kannte. Die geschmeidigen Ranken schmiegten sich eng an den nackten Körper des Mannes, dessen Fleisch vergebens vor ihnen zurückzuzucken schien. Eine riesige Blüte wiegte sich direkt über seinem Mund. Ein herzerweichendes Stöhnen entrang sich den schlaffen Lippen. Der Kopf wiegte sich wie in unerträglichen Qualen von Seite zu Seite, und die Augen waren direkt auf Conan gerichtet. Aber sie sahen ihn nicht. Sie waren glasig-leer: die eines Schwachsinnigen.
Jetzt beugte die riesige rote Blüte sich hinab und drückte die Blütenblätter auf die vergebens zurückweichenden Lippen. Der arme Teufel wand sich vor schrecklichen Schmerzen, während die Ranken der Pflanze wie in Ekstase zitterten. Wellen wechselnder Farbtöne durchliefen sie, ihr Grün wurde tiefer, giftiger.
Conan verstand nicht, was er hier sah, aber daß es etwas Grauenvolles war, wußte er. Ob nun Mensch oder Dämon, die Qualen des Gefangenen berührten Conans Herz. Er suchte nach einer Tür und fand sie. Ein Schlüssel des Ringes, den er mitgenommen hatte, paßte. Er schloß auf und trat ein. Sofort öffneten sich die Blütenblätter, die Ranken erhoben sich drohend, und die ganze Pflanze neigte sich ihm zu. Das hier war kein natürliches Gewächs, sondern etwas mit teuflischem, ungewöhnlichem Verstand. Conan spürte, daß die Pflanze ihn zu sehen vermochte, und der Haß, den sie ihm entgegenschickte, war fühlbar.
Vorsichtig trat er näher heran, und sein Blick suchte die aus dem Boden wachsende Hauptranke. Sie war dicker als sein Schenkel und offensichtlich ungemein geschmeidig. Während die langen Nebenranken mit raschelnden Blättern auf ihn zukamen, schwang er sein Schwert und durchtrennte die Hauptranke mit einem Hieb.
Sofort ließen die Ranken den Bedauernswerten los. Er landete heftig auf dem Boden.
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