Conan-Saga 22 - Conan der Verteidiger
unter ihnen, der je etwas von berittenen Schützen gehört hatte. Und so hatte Conan seine Mannen zu dieser Lichtung außerhalb von Belverus gebracht.
»Ihr seid alle an einen Bogenring am Daumen gewöhnt«, fuhr er fort. »Aber wenn ihr beritten kämpft, müßt ihr in der Lage sein, eure Waffen – vom Bogen zum Säbel oder Speer und umgekehrt – schnell zu wechseln. Ein Bogenring ist in diesem Fall nur hinderlich.«
»Aber wie kann man dann überhaupt schießen?« fragte ein Mann mit graudurchzogenem Schwarzhaar und einer auffallenden Narbe quer über der breiten Nase. Er streckte den kurzen Bogen in Armlänge aus und versuchte, ihn zu spannen. Die Sehne bewegte sich kaum um eine Handbreit. Einige lachten.
Der Name des Narbigen war Machaon. Für ihn war Conan ein Fremder gewesen, doch der Cimmerier hatte ihn sofort als den Sergeanten des Stadtwachentrupps erkannt, der auf Lord Melius geschossen und ihn getötet hatte.
»Ihr müßt die Sehne mit drei Fingern nehmen«, erklärte Conan, nachdem das Gelächter verstummt war. »Und so ziehen. Paßt auf!«
Der Cimmerier legte einen Pfeil an die Sehne und diese dicht an die Wange und drückte den kurzen kräftigen Bogen nach vorn, um ihn zu spannen. Gleichzeitig preßte er mit den Knien und drehte den kampferfahrenen Rappen herum. Die Strohpuppen schwangen in sein Blickfeld, und er schoß. Kraftvoll drang der Pfeil genau in Herzhöhe in die mittlere Puppe. Ein bewunderndes Murmeln erhob sich.
»So wird's gemacht«, sagte Conan.
»Das ist mehr als nur ein bißchen ungewöhnlich«, brummte ein hochgewachsener Mann mit eingefallenen Wangen. Auch seine Augen lagen sehr tief, und er sah aus, als leide er unter einer verzehrenden Krankheit. Allerdings behaupteten jene des Trupps, die ihn schon etwas länger kannten, daß er keinesfalls krank sei, sondern ihn nur Schwermut quäle. »Wenn es so nützlich ist, warum ist dieses Schießen vom Pferd aus nicht auch in den Armeen von Nemedien oder Aquilonien oder sonst einem zivilisierten Land üblich?«
Conan wurde durch Machaon der Antwort enthoben. »Überleg doch, Narus«, sagte der Graumelierte, »und sieh nicht immer alles durch die düstere Brille deiner Mißmut. Wir kommen, schlagen zu und sind schon wieder fort, während Bogenschützen zu Fuß erst ihre Pfeile anlegen, und Lanzer und andere Fußsoldaten beginnen, ihre Reihen gegen einen Angriff Berittener – wie sie ihn kennen – zu schließen. Die feindliche Kavallerie wird noch kaum die Lanzen eingelegt haben, wenn unsere Pfeile bereits ihre Herzen treffen. Also vergiß einmal deine Leidensmiene und lächle über die Überraschung, die wir dem Feind bereiten werden.«
Narus gehorchte spöttisch und zeigte die Zähne in einem Grinsen, das ihn noch kränklicher wirken ließ, und das wiederum brachte ihm einen Lacherfolg und ein paar treffende Bemerkungen ein.
»Machaon sieht es richtig«, lobte Conan. »Ich ernenne ihn jetzt zum Sergeanten unserer Truppe freier Krieger.«
Machaon blickte ihn erstaunt und nachdenklich an, während alle anderen beifällig durcheinanderriefen und ihn hochleben ließen. Selbst Narus schien, trotz Leichenbittermiene, sehr damit einverstanden zu sein.
»Jetzt«, fuhr Conan fort, »soll jeder einmal auf die Strohpuppen schießen. Zunächst von stillstehenden Pferden aus.«
Volle drei Glasen lang ließ der Cimmerier seine Leute schießen. Zuerst vom stehenden Pferd, dann vom trottenden und schließlich vom galoppierenden. Jeder der Männer war sowohl ein guter Reiter als auch hervorragender Schütze, wenn auch bisher nicht beides gleichzeitig. Sie lernten schnell. Am Ende dieses Ausbildungstages waren sie zwar noch lange nicht so geschickt wie die berittenen Bogenschützen der Turaner, aber bereits gut genug, um in den westlichen Ländern Beachtung und Lob zu ernten. Nach Conan waren Machaon, zu niemandes Überraschung, und Narus, zum Erstaunen aller, die Besten.
Conan führte sie nach Belverus zurück. Er hatte Stallungen entlang der Stadtmauer gemietet, wo seine Mannen ihre Pferde gemeinsam unterstellen konnten. Nachdem jeder sein Tier einem Sklaven übergeben hatte, zogen die Männer sich zurück, um ihres eigenen Weges zu gehen, bis sie sich nach Conans Anordnung am nächsten Tag wieder an den Stallungen treffen würden. So war es bei den freien Söldnertruppen üblich, solange sie nicht im Einsatz waren. Machaon hielt Conan auf, als er gerade gehen wollte, um darüber mit ihm zu sprechen.
»Einen Augenblick, Hauptmann«, bat der
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