Conan-Saga 22 - Conan der Verteidiger
ältere an der schweren Holztür. Machaon war in seiner Jugend ein gutaussehender Bursche gewesen, doch jetzt glich sein Gesicht – von der Narbe über der breiten Nase ganz zu schweigen – einer Landkarte seiner vielen Schlachten und der Gebiete, in denen er gekämpft hatte. Auf seine linke Wange war der sechszackige Stern Koths tätowiert, von seinem rechten Ohr baumelten drei dünne Goldringe von Argos, und sein Haar war um das Gesicht kurz geschnitten, während er es am Hinterkopf nach der an der ophireanischen Grenze üblichen Mode lang trug.
»Es wäre gut, Hauptmann, wenn Ihr bald Verwendung für den Trupp fändet. Obwohl wir erst vor wenigen Tagen den Treueeid leisteten, hörte ich doch einige sich offen darüber auslassen, daß wir kein Gold verdienen und daß es kein schlechtes Geschäft wäre, einen zweiten Diensteid unter falschem Namen, vor einem anderen Magistrat zu leisten.«
»Sag ihnen, daß wir bald Dienst annehmen werden«, erwiderte Conan. Er fragte sich selbst, weshalb er sich noch nicht an einen der reichen Kaufleute gewandt hatte, die möglicherweise an einem Söldnertrupp interessiert waren. »Ich sehe schon, daß ich mit dir als Sergeant die richtige Wahl getroffen habe.«
Machaon zögerte, dann fragte er leise: »Wißt Ihr denn, wer ich bin?«
»Ich weiß, wer du bist, und es ist mir egal, wer du warst.« Conan blickte scharf in die dunklen Augen Machaons, bis dieser schließlich nickte.
»Ich kümmere mich um die Männer, Hauptmann.«
Auf dem Weg zur Thestis kam Conan durch Straßen, auf denen sich zweimal so viele Bettler und dreimal so viele Schläger herumtrieben, wie noch vor zehn Tagen. Kein besserer Kaufmann oder Edelmann wagte sich mehr ohne Begleitschutz ins Freie, und es gab keine Sänfte – ob nun die Tochter oder die Kurtisane eines Edlen in ihr getragen wurde –, die nicht ihren eigenen Wachtrupp hatte. Die Stadtwachen dagegen schienen in ihren Unterkünften zu bleiben.
Die Gaststube der Thestis füllte sich, wie mittags immer, wenn jugendliche Künstler zu einer freien Mahlzeit kamen. Ihre Gespräche, oder vielmehr gewöhnlich Streitgespräche, vermischten sich mit den Tönen der verschiedenerlei Musikinstrumente zu einem Mißklang, den der Cimmerier bereits gar nicht mehr hörte.
Er faßte nach Kerins Arm, als sie mit einem Tonkrug in jeder Hand an ihm vorbeirannte. »Ist Hordo schon zurückgekommen?« fragte er.
Sie knallte einen Krug so hart auf den nächsten Tisch, daß er zersprang, und sie achtete weder auf den Wein, der sich über die Platte verteilte und auf den Boden rann, noch auf Aufschreie jener, die um den Tisch saßen. »Er hat dir eine Nachricht durch einen Botenjungen geschickt«, erwiderte sie kalt. »Du sollst ihn in der Schenke ›Zum Vollmond‹ auf der Trauerstraße ein Glas nach Mittag treffen.«
»Wieso dort? Hat er gesagt, warum er nicht hierher kommt?«
Kerins Augen verengten sich zu Schlitzen, und sie antwortete durch zusammengebissene Zähne: »Ich hörte eine Erwähnung von einer Tänzerin mit üppigem Busen ... Genug! Wenn du mehr wissen willst, dann laß es dir doch von diesem erbärmlichen einäugigen Ziegenbock selbst sagen!«
Der Cimmerier unterdrückte ein Lächeln, bis sie wütend weitergestürmt war. Er hoffte, daß Hordo auch wirklich sein Vergnügen mit dieser Tänzerin hatte, denn so oder so würde er dafür bezahlen müssen, wenn er sich erst wieder vor Kerins Augen sehen ließ.
Er überlegte, ob er noch Zeit für einen Teller Eintopf hatte – denn das Essen hier war auf jeden Fall besser als alles, was in der Trauerstraße gekocht wurde –, ehe er sich mit Hordo traf, als Ariane auf ihn zukam und die Hand auf seinen Arm legte. Er lächelte, da ihm plötzlich ein besserer Zeitvertreib einfiel, als einen Teller Eintopf auszulöffeln.
»Komm mit in meine Kammer«, forderte er das Mädchen auf und legte einen Arm um sie. Er zog sie an sich und bemühte sich um seine lüsternste Miene. »Wir könnten uns über die Dichtkunst unterhalten.«
Sie versuchte, ein Kichern zu unterdrücken, und fast wäre es ihr auch gelungen. »Wenn du mit Dichtkunst das meinst, was ich denke, daß du meinst, dann wird es wohl nicht beim Reden bleiben.« Ihr Lächeln schwand, und sie bedachte ihn mit einem forschenden Blick. »Es gibt im Augenblick etwas Wichtigeres zu besprechen, aber du mußt mir schwören, daß kein Wort von dem, was du hören wirst, über deine Lippen kommen wird. Schwörst du es?«
»Ich schwöre es!« erwiderte er
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