Conan-Saga 26 - Conan der Siegreiche
bei seinem Gebrüll. Achtlos drückten die Männer seiner Kompanie die
anderen zur Seite, als sie aus allen Winkeln herbeistürmten. Helme wurden
übergestülpt, und Klingen blitzten, als ein immer größerer Trupp dem Cimmerier
die Marmortreppe hoch folgte.
Auf
dem Korridor vor Timeons Schlafgemach starrten die beiden Wächter, die Conan
dort postiert hatte, verwirrt auf die geschnitzte Tür. Conan warf sich dagegen,
daß sie heftig zurückschwang.
Timeon
lag mitten auf einem bunten iranistanischen Teppich. Er wand sich in Krämpfen,
schlug mit den Füßen um sich und hatte die dicken Hände an die Kehle gepreßt.
Den Kopf hatte er zurückgeworfen, und jedesmal, wenn ihm ein Atemzug gelang,
verlor er ihn in einem schrillen Schrei. Tivia, seine Kurtisane, hatte den
Rücken an eine Wand gedrückt und versuchte, ihre Blöße mit einem Umhang zu
verbergen. Ihre weitaufgerissenen dunklen Augen ruhten voll Entsetzen auf dem
hilflos Zuckenden. Ein umgekippter Kelch lag neben Timeon, und eine Lache Wein
versickerte allmählich im Teppich.
»Zandrus
Höllen!« fluchte Conan. Sein Blick fiel auf Machaon, der sich einen Weg durch
die dicht gedrängten Männer auf dem Korridor gebahnt hatte. »Einen Arzt,
Machaon. Schnell! Man hat Timeon vergiftet!«
»Boros
ist in der Küche«, sagte der Tätowierte. Conan zögerte, und der andere sah es.
»Verflucht, Cimmerier, es wird einen halben Tag dauern, bis wir einen
ausgebildeten Arzt hierherkriegen.«
Timeons
Zuckungen wurden schwächer. Er schrie nun nicht mehr, sondern röchelte. Conan
nickte. »Na gut, hol ihn!«
Machaon
rannte davon, und Conan wandte sich wieder dem Mann auf dem Teppich zu. Wie war
es zu der Vergiftung gekommen? Die Antwort mochte Leben oder Tod für ihn und
seine Kompanie bedeuten. Und er mußte sie finden, ehe der Fall den
Foltermeistern des Königs übertragen wurde. Valdric mochte zwar keinen
Überblick mehr über die Geschehnisse in seinem Reich haben, aber den Mord an
einem Edlen seines Hofes würde er sicher nicht achtlos übergehen.
»Narus!«
brüllte Conan. Der Ausgemergelte steckte den Kopf in das Gemach. »Sichere den
Palast. Niemand, auch keine Botschaft, darf ihn verlassen, bis ich es sage.
Beeil dich, Mann!«
Als
Narus loslief, schob Machaon Boros ins Gemach. Der ehemalige Zauberlehrling sah
zumindest nüchtern aus, stellte Conan erleichtert fest.
»Er
hat Gift abbekommen«, erklärte er.
Boros
bedachte ihn mit einem Blick, als wäre er ein unwissendes Kind. »Das sehe ich«,
brummte er.
In
seinem Gürtelbeutel kramend, kniete der Graubärtige sich neben Timeon. Er brachte
einen glatten weißen Stein von der Größe einer Männerfaust und ein kleines
Messer zum Vorschein. Mühsam gelang es ihm, einen Arm des Barons
geradezustrecken. Er schob den Ärmel hoch und machte einen tiefen Einschnitt,
in den er den weißen Stein drückte. Durch den Stein begannen sich schwarze
Adern zu ziehen.
»Ein
Bezoarstein«, erklärte Boros. »Er saugt das Gift auf. Eigentlich das Werkzeug
eines Arztes, aber auch ich finde es immer wieder nützlich. O ja.«
Er
zupfte an seinem Vollbart und beugte sich über den Stein. Er war nun durch und
durch schwarz, und während sie ihn beobachteten, wurde er noch schwärzer, wie
verbrannter Zunder, wie Rabenschwingen, ja noch schwärzer. Mit einemmal
zerbarst er. Im gleichen Augenblick rasselte Timeons Atem – und der fette Baron
regte sich nicht mehr.
»Er
ist tot!« hauchte Conan. »Ich dachte, der Stein würde ihn vom Gift befreien!«
»Sieh
ihn dir doch an!« heulte Boros. »Jetzt ist mein Stein zerbrochen! Das Gift, das
er aufgesaugt hat, reicht aus, um zehn Männer zu töten. Selbst mit einem ganzen
Sack voll Bezoarsteinen hätte ich den Baron nicht retten können!«
»Dann
ist es also Mord!« entfuhr es Narus. Ein erschrockenes Raunen zog durch den
Gang.
Conans
Hand verkrampfte sich um den Schwertgriff. Die meisten seiner fünf Dutzend
Söldner hatte er in Ophir angeworben. Männer aus einem halben Dutzend Ländern
waren es, und ihre Treue zu ihm war nicht so ausgeprägt wie die seiner paar
ursprünglichen Mannen. Gewiß, sie alle hatten viele Kämpfe mit ihm
durchgestanden – schließlich war das auch das Leben, für das sie sich
entschieden hatten –, doch wenn er den Mörder nicht bald fand, würde die
Furcht, peinlicher Befragung ausgesetzt zu werden, fertigbringen, was kein
Feind gekonnt hätte: sie würden sich in alle Winde zerstreuen.
»Möchtest
du, daß ich den finde, der das Gift in den Wein
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