Conan-Saga 26 - Conan der Siegreiche
achtete. Doch das Schlimmste und das, was Macht
verlieh, war die Darbietung von Frauen, die geopfert wurden – oder schlimmeres.«
»Was
kann schlimmer sein, als geopfert zu werden?« fragte Julia.
»Dem
lebenden Gott gegeben zu werden, dessen Abbild das hier ist, um ihm als
Spielzeug für alle Ewigkeit zu dienen. Das mag sehr wohl das Schicksal der
Frauen gewesen sein, die man Al’Kiir weihte.«
Julia
schwankte, einer Ohnmacht nahe. »Genug, Alter!« schnaubte Conan. »Du
erschreckst sie! Ich erinnere mich, daß du diesen Al’Kiir schon einmal erwähnt
hast, während du betrunken warst. Bist du jetzt betrunken? Hast du das alles
aus den Weindämpfen in deinem Kopf gelesen?«
»Ich
könnte nicht nüchterner sein«, versicherte ihm der Graubärtige. »Dabei wünschte
ich, ich wäre wie eine Gurke in Wein gelegt. Das hier ist nämlich kein
einfaches Abbild Al’Kiirs, Cimmerier. Es ist ein wichtiger, ja unumgänglicher
Teil des Rituals für diesen grauenvollen Gott. Ich dachte, sie wären alle schon
vor Jahrhunderten vernichtet worden! Jemand versucht hier, Al’Kiir wieder auf
diese Welt zurückzubringen. Und besäße dieser Jemand dieses unheilige Abbild,
könnte es ihm durchaus gelingen. Ich möchte das jedenfalls nicht erleben.«
Conan
starrte auf die Bronzefigur in seiner Prankenhand. Zwei Männer waren gestorben,
als sie sie ihm in jenem Laden wegnehmen wollten. Drei weitere hatten einen
zweiten Angriff auf ihn nicht überlebt, und nun zweifelte er nicht mehr daran,
daß auch sie hinter der Statuette hergewesen waren, denn ehe der Mann mit dem
verschlagenen Gesicht in diesem Raum den Tod fand, hatte er Conan beschuldigt,
acht seiner Männer getötet zu haben. Die Zahl stimmte. Jene, die diesen Gott
zurückbringen wollten, wußten, daß der Cimmerier die Statuette besaß, die sie
dazu brauchten. Auf gewisse Weise fühlte er sich jetzt erleichtert, denn ganz
hatte er sich des Gedankens nicht erwehren können, daß Karela hinter den Überfällen
gesteckt hatte.
Die
Männer mit sauberen Tüchern und heißem Wasser kamen herein. Conan schob die
Statuette unter seine Deckenrolle und bedeutete den anderen, darüber zu
schweigen, bis sie wieder gegangen waren.
Als
sie erneut allein waren, sagte Julia: »Ich versorge deine Wunde nur, wenn du
dieses gräßliche Ding nicht noch einmal hervorholst. Selbst so kann ich es
spüren!«
»Ich
lasse es, wo es ist«, versprach ihr der Cimmerier. Sie kniete sich neben ihn
und machte sich daran, die Wunde auszuwaschen und zu verbinden. »Erzähl weiter,
Boros«, forderte Conan den Alten auf. »Wieso kann dieser Gott nicht ohne Hilfe
seinen Weg auf unsere Welt zurückfinden? Wenn er nicht einmal das fertigbringt,
dürfte er wohl trotz seiner Hörner nicht allzusehr zu fürchten sein!«
»Du
scherzt«, brummte Boros. »Aber die Sache ist kein Spaß. Um von Al’Kiir zu
erzählen, muß ich weit ausschweifen, bis in die fernste Vergangenheit. Ihr
wißt, daß Ophir das älteste in unserer Zeit existierende Königreich der Welt
ist, doch wissen nur wenige etwas über seinen verschleierten Anfang. Ich weiß
zumindest ein bißchen darüber. Noch ehe es Ophir gab, war dieses Land der
Mittelpunkt der Anbetung Al’Kiirs. Die stärksten und bestaussehenden Männer
sowie die stolzesten und schönsten Frauen wurden von weither für diese Riten
gebracht, von denen ich bereits sprach. Doch, wie ihr euch wohl vorstellen
könnt, gab es auch Gegner des Al’Kiir-Kults. Zu ihnen gehörten an erster Stelle
die Männer, die sich zum Kreis des Rechten Pfades zusammengeschlossen hatten.«
»Kannst
du dich nicht ein wenig kürzer fassen?« fragte Conan. »Du brauchst doch die
Geschichte nicht auszuschmücken wie ein Märchenerzähler auf dem Marktplatz.«
Boros
schnaubte. »Willst du Kürze oder Tatsachen? Hör zu! Der Führer dieses Kreises des
Rechten Pfades war ein Mann namens Avanrakash, vielleicht der mächtigste Weiße
Magier, der je gelebt hat.«
»Ich
wußte gar nicht, daß es so was wie Weiße Magie gibt«, brummte Conan. »Noch nie
bin ich einem Zauberer begegnet, der nicht nach Finsternis und Üblem stank, wie
ein Misthaufen nach Exkrementen.«
Diesmal
achtete der Alte überhaupt nicht auf ihn. »Diese Männer schlossen einen Pakt
mit den Göttern höchstpersönlich. Kein Gott wollte sich Al’Kiir offen stellen,
denn sie befürchteten, daß in einem Krieg der Götter alles vernichtet würde,
einschließlich sie selbst. Einige – unter ihnen vermutlich Set – schlossen sich
von
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