Conan-Saga 27 - Conan der Prächtige
die
Richtung, Mädchen?« Er schüttelte sie. »Stimmt sie?«
»Wie … könnt … Ihr … es
… wagen …« krächzte sie.
Wieder schüttelte er sie, daß
ihr Kopf schlaff baumelte. »Die Richtung, Mädchen!«
Unsicher schaute sie sich um.
»Ja«, flüsterte sie schließlich. »Ich glaube …«
Seufzend nahm Conan sie auf die
Schulter.
»Das ist … würdelos«, keuchte
sie. »Setzt … mich … ab.«
»Hier sieht es niemand«,
beruhigte Conan sie. Vielleicht würde überhaupt niemand sie mehr lebend sehen.
Sein guter Orientierungssinn würde ihm helfen, der angegebenen Richtung zu
folgen, solange seine Beine ihn trugen. Und sein Lebenswille würde ihn auf den
Beinen halten, lange über das Durchhaltevermögen eines jeden anderen hinaus. Er
würde ihr Lager finden. Wenn die Richtung tatsächlich stimmte! Wenn er nicht zu
lange gewartet hatte, sich bei ihr zu vergewissern! Wenn …
Er verdrängte seine Zweifel und
Jondras schwache Gegenwehr aus seinem Kopf und stapfte weiter südwärts dahin,
wobei er sich nach der Sonne richtete. Fortwährend hielt er Ausschau nach
Zeichen von Wasser, doch vergebens. Es wäre auch zuviel gehofft gewesen,
Palmwedel über einer Quelle fächeln zu sehen. Nicht einmal solche Pflanzen gab
es hier, die ein bißchen unterirdisches Wasser verraten hätten, nach dem er
graben könnte. Nirgendwo auch nur ein Hauch von Grün, nur da und dort das karge
bräunliche Gras, das selbst dort wuchs, wo Eidechsen verdursten würden. Die
Sonne brannte sich ihren Weg dem Westen entgegen.
Conans Blick schweifte über den
Horizont. Kein Rauchfähnchen wies auf ein Lager hin, keine Fährte zog über die
steinigen Flanken der Hügel vor ihm. Einen gleichmäßigen, wegverschlingenden
Schritt hielt er ein, unermüdlich zunächst, doch dann, als die Schatten vor ihm
länger wurden, mit eiserner Entschlossenheit, die die Möglichkeit des Aufgebens
nicht wahrhaben wollte. Mit Wasser wäre die kommende Nacht zur Zuflucht
geworden. Ohne Wasser gab es kein Rasten, denn hielten sie auch nur flüchtig
an, wären sie vielleicht zu keinem weiteren Schritt mehr fähig.
Abrupt, ohne vorhergehende
Dämmerung, senkte die Dunkelheit sich herab. Die sengende Hitze schwand
schnell, und schon bald glitzerten Sterne am Himmel wie Edelsteine auf
schwarzem Samt. Sie brachten eine Kälte mit sich, die so unerbittlich in die
Knochen biß, wie zuvor die Glut der Sonne. Jondra rührte sich auf Conans
Schulter und murmelte etwas, das er nicht verstand, aber er vergeudete auch
keine Kraft damit, sie zu fragen oder sich darüber Gedanken zu machen.
Er begann zu stolpern und wußte,
daß nicht allein die Dunkelheit daran schuld war. Sein Hals war so trocken wie
die Steine unter seinen Füßen, und die Kälte schnitt ins sonnenverbrannte
Gesicht. Nichts als die Sterne waren zu sehen, so richtete er den Blick auf den
Horizont, der als schwarzer Strich zu erkennen war. Plötzlich wurde ihm bewußt,
daß drei Sterne zu schimmern schienen – und sie lagen unterhalb des Horizonts.
Feuer!
Er strengte seine Beine noch
mehr an und rannte zu dem Lager, denn es mußte eines sein, ob nun Jondras oder
ein anderes. Und wessen Lager es auch war, sie mußten zu ihm, denn sie
brauchten Wasser. Mit der freien Hand lockerte er das Schwert in der Scheide.
Er würde sich das Wasser auf jeden Fall beschaffen!
Die ›Sterne‹ erwiesen sich
wahrhaftig als hochlodernde Lagerfeuer, umgeben von zweirädrigen Karren,
Rundzelten und dahinter Tieren. Conan stolperte ins Licht. Männer in kurzen
Kettenhemden und weißen Pluderhosen sprangen auf. Hände griffen nach Speeren
und Säbeln.
Der Cimmerier ließ Jondra fallen
und legte die Hand um den Schwertgriff. »Wasser«, krächzte er. Mehr als das
eine Wort brachte er nicht hervor.
»Was hast du getan?« fragte ein
Mann mit Geiergesicht scharf. Conan versuchte, soviel Feuchtigkeit im Mund zu
sammeln, um fragen zu können, was der Mann meinte, doch der andere wartete
nicht auf eine Antwort. »Tötet ihn!« befahl er.
Conan zog das Schwert, aber es
war nicht der einzige Stahl, der im Feuerschein glänzte. Einige Männer hoben
die Speere zum Wurf.
»Nein!« befahl eine schwache,
durstheisere Stimme. »Nein, sage ich!«
Conan wagte einen Blick aus den
Augenwinkeln. Einer der Männer in Kettenhemden hielt einen Wasserbeutel an
Jondras Lippen, und Tamira, im kurzen weißen Gewand einer Dienerin, stützte
sie.
Ohne sein Schwert zu senken –
denn wenige der anderen hatten ihre Waffen gesenkt –, fing
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