Conan-Saga 30 - Conan der Furchtlose
Schlauch. Er hatte Mühe, den schweren Beutel zu heben. »Könnt Ihr das über den Fluß zum Fuß des Baumes schleudern?«
Der Cimmerier stieg ab und nahm den Schlauch. »Ich glaube schon. Warum?«
»Werft und seht!«
Conan sah den alten Zauberer an. Hatte der Mann den Verstand verloren? Er schüttelte den Kopf, bedeutete aber Vitarius zurückzutreten, damit er Platz zum Ausholen hatte. Was wollte der Alte beweisen? Der Schlauch würde bestimmt beim Aufschlag platzen und dem Dornenbaum einen kostenlosen Schluck Wasser geben, sonst nichts.
Es waren etwa fünfzehn Schritte von Conans Standort zum Baum. Er wirbelte den Ziegenfellschlauch um den Kopf und spannte Sehnen und Muskeln in Arm und Schulter. Beim letzten Schwung ließ Conan den Wasserbehälter los.
Der Schlauch bewegte sich langsam, beinahe wie ein fallendes Blatt. Wenige Fuß vom Baum entfernt fiel er zu Boden und rutschte auf den Stamm zu. Die Näherin, die diesen Schlauch gefertigt hatte, verdiente höchstes Lob, denn der Schlauch hielt.
Das, was jetzt geschah, spielte sich blitzschnell ab. Drei Zweige schnellten nach unten, als seien sie aus Ochsenleder geflochtene Peitschen. Ein Dutzend fingerlanger Dornen bohrten sich wie winzige Speere in den Schlauch. Wasser spritzte in kleinen Fontänen auf. Als der Schlauch in wenigen Augenblicken leer war, schnellten die Zweige ebensoschnell wieder hoch, wie sie herabgekommen waren.
Conan wandte sich an Vitarius. Eldia und Kinna machten erstaunte Gesichter. Er hoffte, sein Gesicht sei weniger enthüllend.
»Ich erwähnte doch, daß die Flora in diesen Wäldern äußerst seltsam sei. Dort drüben steht ein Küsse-der-Lanze-Baum – an dem man nur ungern ahnungslos vorbeigehen möchte, oder?«
»Jetzt verstehe ich, wie die Knochen dahinkommen«, sagte Conan.
»Erschütterungen über den Wurzeln lösen den Angriff der Äste aus. Der Baum ernährt sich von Blut und anderen Säften seiner Opfer, die von den Wurzeln aufgesaugt werden. Je größer die Beute, desto mehr Äste setzt der Baum ein, um das Opfer festzuhalten.«
Kinna lief es kalt über den Rücken.
»Und wie kommen wir daran vorbei?« fragte Conan.
Vitarius wandte sich an Eldia. »Kind?«
Das Mädchen nickte, preßte dem Pferd die Fersen in die Seite und ritt auf die Sandbank zu.
Conan wollte sie am Zügel packen, und Kinna rief: »Nein!«
»Ihr droht keine Gefahr! Laß sie!« sagte Vitarius.
Conan warf einen fragenden Blick auf Eldia. Sie nickte. »Er hat recht. Mir kann nichts geschehen.«
»Nein!« Kinna trieb ihr Pferd an und wollte zu ihrer Schwester reiten; aber Vitarius versperrte ihr den Weg. Sie mußte anhalten oder den alten Mann über den Haufen reiten. »Sie ist ein Kind! Ihr habt gesehen, was dieses – dieses Ding mit dem Schlauch getan hat!«
Aber Eldia hatte schon das gegenüberliegende Ufer erreicht. Die drei sahen, daß beim ersten Aufsetzen der Hufe auf dem Boden die Äste des Baumes zitterten ...
... und in Flammen aufgingen! Die peitschenähnlichen Zweige mit den langen Dornen schwankten verzweifelt; aber damit fachten sie die Flammen nur noch höher an. Das brennende Holz zischte wie Fett, das ins Feuer tropft.
Vitarius bestieg sein Pferd. »Nur ein kleines Feuer ohne viel Kraft. Ich glaube kaum, daß es uns verrät.«
Der Umweg kostete sie beinahe zwei Stunden. Als es so dunkel wurde, daß sie den Weg nicht mehr erkennen konnten, ließ Conan anhalten. Er drehte sich zu Vitarius um. Dieser schüttelte den Kopf. »Wir haben noch mindestens eine Stunde bis zum Waldrand. Nachts ist das zu gefährlich.«
»Dann lagern wir hier«, entschied Conan.
Djavul hockte hinter einem Baum und beobachtete alles. Er zweifelte nicht daran, daß der Weiße Zauberer wieder seine magischen Wachen aufstellen werde. Dabei war es leicht, der Entdeckung durch den Zauber zu entgehen: Man mußte innerhalb des Kreises sein, wenn der Magier den Zauberbann sprach. Auf der Straße oder später auf der Ebene wäre es unmöglich, ohne gesehen zu werden. Aber hier im tiefen Wald konnte er es mit großer Vorsicht schaffen. Deshalb hatte er den Baum gefällt. Seine Opfer, das Mädchen und der Barbar, wurden dadurch lange genug aufgehalten, daß die Nacht sie im Wald überraschte.
Mit ungewohnter Heimlichkeit pirschte sich Djavul näher an den Weg heran. Er wußte zwar, daß er in der Dunkelheit nahezu unsichtbar war, gab sich aber trotzdem Mühe, so leise wie möglich zu sein. Das war schwierig! Dämonen hatten wenig Grund zu lernen, wie man
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