Conan-Saga 39 - Conan der Kriegsherr
warne euch: Diesen Cimmerier darf man nie unterschätzen!« Sie lief wieder auf und ab, so daß sich das Gewand blähte. »Wenn er vor der Stadt lauert, können wir mehrere Abteilungen losschicken, die ihn im ganzen Land jagen sollen. Dann fordert Sigmarck und Ottislav auf, ebenfalls Leute auszusenden – falls er nicht bereits in ihre Zelte gekrochen ist und ihnen im Schlaf die Kehlen durchgeschnitten hat, als wären sie Frühlingslämmer!«
»Mylady!« Empört richtete sich der greise Lothian auf und sagte mit ungewöhnlich fester Stimme: »Die Barone um Hilfe zu bitten, würde unsere Schwäche bloßlegen. Können wir es uns leisten, daß die Barone unsere Provinz unter dem Vorwand einer Militärmission plündern?« Er schüttelte den Kopf. »Die letzte Meldung lautete, daß Sigmarck und Ottislav ihr Lager abbrechen. Wenn wir über diese unglückselige Flucht Schweigen bewahren, lassen sie uns vielleicht in Frieden.«
»Schweigen bewahren!« schrie Calissa. Ihre Augen glänzten wie im Fieber. »Könnt ihr denn nicht verstehen, was dieser Mann meiner Familie ... und mir angetan hat? Wie könnt ihr ihn entfliehen lassen und dann von mir erwarten, daß ich schweige?«
Durwald erhob sich von seinem Stuhl. »Mylady, ich weiß nicht, was Ihr mit dem Barbaren tun wolltet. Es wäre aber nicht sicher gewesen, ihn hier lange hinter Schloß und Riegel zu halten. Dieser Mann ist gewalttätig und kann nicht gezähmt werden. Seine Gefangenschaft hätte unweigerlich zu Konflikten geführt. Wir wären gezwungen gewesen, ihn zu töten, und hätten damit aus ihm einen für uns sehr lästigen Märtyrer gemacht.« Leidenschaftslos fuhr er fort. »Ihr habt ihn als falschen Baron öffentlich entlarvt. Ohne blaues Blut kann er nie in Dinander herrschen. Zum Glück ist er zu unreif, um uns zu entmachten. Außerdem fehlt es ihm dazu an persönlichem Ehrgeiz. Er wird einfach davonlaufen. Und damit« – der Marschall ließ mit der Hand eine unsichtbare Luftblase platzen – »ist auch unser Problem aus der Welt geschafft.«
Calissa senkte den Kopf. Die Flut der roten Locken fiel nach vorn und verbarg ihr Gesicht. Der Priester stand auf und legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter. »Es ist alles gut, Mylady. Wie Ihr selbst gesagt habt: Die Kette des Blutvergießens ist jetzt vorüber.«
»Nun gut!« Sie hob das tränennasse Gesicht und schaute ihre Ratgeber an. »Laßt sie laufen!«
Die Sonne schien auf die Berge im Süden, wo Conan und Ludya zum erstenmal Rast machten. Viele Stunden waren seit ihrer Flucht aus Dinander vergangen. Der strahlendblaue Himmel spiegelte sich in dem kleinen See. Smaragdgrün leuchtete das Gras, auf dem ihr gestohlener Apfelschimmel weidete.
Das Paar saß am Ufer. Conan schlug mit einem scharfen Stein auf den Eisenring um Ludyas Handgelenk, das sie mit einem Stück Stoff umwickelt hatte. Der Klang des klirrenden Metalls drang weit über das Wasser. Als der Ring endlich zersprang, brummte der Cimmerier zufrieden. Mit dem abgebrochenen Schwert weitete er die Lücke.
Conan trug nur einen einfachen Kilt über der Tunika und Sandalen. Ludya hatte das Gewand aus Seide und Spitzen abgelegt und genoß den warmen Sonnenschein auf der nackten Haut. Nachdenklich spielte sie mit der freien Hand im Wasser.
»Conan, du hättest mir vorher von deinen Liebesabenteuern mit den Frauen von Dinander erzählen sollen. Wenn ich über dich und Calissa die Wahrheit gewußt hätte, wäre ich niemals so frech mit dir in die Stadt geritten.«
Conan zuckte mit den Schultern. »Was gibt es da schon viel zu erzählen? Calissa war ein warmherziges Mädchen, wie du selbst weißt. Aber dann hat sie plötzlich den Verstand verloren und mir die Schuld für alles gegeben.« Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht ist es besser, daß die arme Evadne vor ihrer Rache verschont blieb. Calissa hätte sie mit Sicherheit foltern oder vergiften lassen.«
»Conan, Calissa liebt dich!« sagte Ludya traurig. »Wenn du jemals wieder ein Lord bist, mußt du lernen, deine Frauen besser in Schach zu halten. Du hättest mit Calissa über Dinander herrschen können – oder auch mit Evadne, nach allem, was du mir über sie erzählt hast. Aber niemals mit mir.« Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Weißt du, ich glaube, daß Calissa eine bessere Herrscherin abgibt als ihr Vater.«
»Das muß sie auch, wenn sie sich an der Macht halten will.« Conan bog jetzt den Eisenring auf und nahm den Lappen von Ludyas wundem Gelenk. »Sie wird nicht mehr
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