Conan-Saga 43 - Conan der Landsknecht
holen.«
»Ja, so ist es.«
»Dann mußt du dich entscheiden! Willst du den Talisman holen oder durch den Dschungel einem unbekannten Lied nachlaufen, das vielleicht den Tod bringt?«
Thayla sah, wie Rayk und Blad sich anschauten. Der Gesang zog die beiden stärker an als sie. Das war nicht zu übersehen. Männer wurden oft Opfer von Trieben, die Frauen kalt ließen. Dieses seelenvolle Lied zog die beiden Pili unwiderstehlich an.
Der König blickte in die Richtung, aus der die Laute kamen. Thayla stieß Blad an. Sie schüttelte den Kopf, um ihm zu zeigen, daß er dem Lockruf nicht folgen sollte.
Blad war zwar nicht besonders gescheit; aber das verstand er. Sobald der König sich wieder seiner Gemahlin und dem jungen Pili zuwendete, nickte sie.
»Äh, vielleicht hat die Königin recht, Majestät. Unser Ziel ist der Talisman. Wir könnten diesen Rufen doch noch bei der Rückkehr nachgehen«, meinte Blad.
Der König funkelte erst Blad, dann Thayla wütend an. Aber er nickte, allerdings zögernd. »Na schön, holen wir erst den Talisman.«
Die drei marschierten in die dem Ruf entgegengesetzte Richtung, wo der Palast in der Ferne wartete.
Einen Augenblick lang verspürte Thayla Triumph und Genugtuung; aber das Gefühl verging schnell. Wenn man von einer unbekannten Gefahr in die nächste wanderte, stellte sich ein Siegesgefühl nicht so leicht ein.
Obwohl Kleg sich im Wasser mehr zu Hause fühlte, hatte er doch einen großen Teil seines Lebens auf dem grünen Sargasso-Teppich verbracht. Er kannte die Gefahren und wußte, wie man sie vermied. Dieses Wissen nutzte er jetzt, als er dahinrannte. Er hielt sich von den besonders dichten Stellen des Dschungels fern, besonders von denen, die ganz plötzlich trügerisch dünn waren. Oft lauerten dort Raubtiere, die so klein wie Ratten, aber auch so groß wie Hunde oder Kühe sein mochten. Letztere waren meist Krustentiere und konnten mit ihren Scheren leicht den Arm eines Selkies vom Körper trennen.
Es gab auch richtige Fallen. Nur ein geübtes Auge entdeckte die leichten Farbunterschiede auf der Oberfläche.
Was immer Kleg verfolgt hatte, bewegte sich in der Tat auf dem Pflanzenteppich langsamer als im Wasser. Kleg gewann einen immer größeren Vorsprung. Er wäre zwar völlig erschöpft, wenn er im Palast einträfe; aber er käme wenigstens an, wenn alles weiterhin so mühelos gelänge. Kleg lächelte. Das Unternehmen war viel schwieriger, als er gedacht hatte, aber jetzt winkte zum Glück das Ende.
Da erreichte ihn ein Ruf aus der Ferne. Der Lockruf hüllte den Selkie ein wie warmer Honig.
Klegs Lächeln wurde noch strahlender. Er wußte, wer da sang: die Sirenen.
Da Kleg fast sein ganzes Leben auf oder unter dem Sargasso verbracht hatte, kannte er die Verführungskünste der Sirenen. Wie seine Brüder war er gegen den Ruf immun. Das kam teilweise daher, weil sie ihn lange kannten, teilweise auch, weil Er der Schöpfer die Sirenen so geschaffen hatte, daß sie Menschenmänner, keine Selkies anlockten. Wo ein Selkie eine leichte Anziehungskraft spürte, schmolzen die meisten Männer dahin wie Schnee an der Sonne. Ein Mann folgte dem Gesang der Sirenen, wie die Biene zur Blume flog. Er war verzückt, bis sich ihm die Fänge dieser Monster in den Hals schlugen. Diese Fänge waren hohl (der größte Zahn war ungefähr so lang wie Klegs Finger) und spitz wie Nadeln. Eine hungrige Sirene konnte innerhalb von Minuten sämtliches Blut aus ihrem Opfer saugen. Danach warf sie die blasse, tote Hülle beiseite. Kein sehr angenehmer Tod, dachte Kleg. Er hatte alles schon mehrmals gesehen. Der Anblick war grauenvoll gewesen. Es hatte eine Zeit gegeben, als die Menschen sich manchmal auf den Sargasso vorwagten. Kaum einer kehrte je nach Hause zurück.
Kleg hatte einmal einen befragt, der die Begegnung mit einer dämonischen Sirene überlebt hatte – sein Gefährte allerdings nicht. Der Mann war totenbleich geworden und hatte Abwehrzeichen gemacht, als Kleg die Sirenen erwähnte. Er hatte sie Meerjungfrauen genannt. Diesen Namen hatte Kleg nie gehört. Der Mann hatte sie beschrieben: Oben waren es wunderschöne Frauen, von den Hüften abwärts Fische. Ja, diese Beschreibung war zutreffend, fand Kleg. Wunderschön waren sie – bis sie die Fänge in ihr Opfer schlugen.
Der Selkie tat einen Sprung zur Seite, um einer dünnen Stelle auszuweichen.
Die Sirenen machten ihm keine Sorge. Selbst wenn er einer begegnete, war er viel stärker als diese Blutsauger. Außerdem
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