Conan-Saga 51 - Conan und die Amazone
Platz, der mit schwarzweißen Steinplatten in herrlichen geometrischen Muster belegt war. Es kam dem Cimmerier wie eine Ewigkeit vor, bis sie den Tempel erreichten. Die Vorderfront schien vor ihnen zurückzuweichen. Doch dann standen sie vor der Fassade, die wie Klippen aufragte, und betrachteten mit offenem Mund die verschlungenen Reliefs, die in laufenden Bändern angebracht waren. Lediglich die Fenster und das mächtige Eingangsportal unterbrachen sie.
Auf jedem Band waren lebensgroße Figuren zu sehen. Wenn die Skulpturen im Tempel, in dem der Hyrkanier gestorben war, schon schamlos und widerwärtig gewesen waren, so übertrafen diese sie bei weitem. Ekun trat zu einer besonders verschlungenen Gruppe und betrachtete sie aus der Nähe. »Das ist unmöglich. Dafür braucht man drei Beine«, erklärte sie schließlich.
»Manche ihrer Götter und Dämonen hier haben viel mehr Gliedmaßen als unsereiner«, sagte Kye-Dee. »Vielleicht waren die Bewohner von Janagar ebenso ausgestattet.«
Conan waren die Reliefs gleichgültig. Er ging zum Portal und studierte es. Die beiden Torflügel waren beinahe so groß und massiv wie die des Stadttors. Sie waren mindestens zwanzig Schritt hoch und verliefen oben in der Mitte zu einem Spitzbogen. Eingerahmt war das Portal von einem Band verschlungener Ranken. Dieses Muster kam in der Stadt sehr oft vor. Der Cimmerier trat näher. Jetzt sah er, daß es keine Ranken waren, sondern zahllose Schlangen, deren Augen aus Juwelen bestanden. Sie waren so realistisch, daß Conan glaubte, die gespaltenen Zungen würden jeden Augenblick aus den Mäulern schnellen. Achilea trat neben ihn.
»Um das einzudrücken, brauchen wir einen Widder«, sagte sie.
»Vielleicht können wir uns übers Dach Eingang verschaffen«, meinte Conan. »Zumindest können wir hier leichter hochklettern.«
»Das kannst du gern tun«, sagte Kye-Dee. »Ich spende gern von unten Beifall, aber ich klettere diese Klippe nicht hinauf, ganz gleich, wie gut man sich festhalten kann.« Die anderen Hyrkanier stimmten ihm lautstark zu.
»Feiglinge!« sagte Achilea verächtlich.
»Männer sind nicht dazu geschaffen, Mauern wie Eidechsen hinaufzuklettern!« erklärte Kye-Dee beleidigt.
Jeyba trat zum Portal und betastete die dicken Bohlen. Er stieß dagegen, und die Torflügel schwangen so lautlos auf wie eine Haustür, deren Angeln gut geölt sind.
»Vielleicht wird es doch nicht so schwierig, wie wir gedacht haben«, meinte Achilea.
»Sag das nicht, bis wir drinnen sind«, warnte der Cimmerier. Er zückte das Schwert und schritt durch die Öffnung. Achilea wollte nicht zurückstehen und folgte ihm mit ebenfalls gezückter Klinge. Ihre Frauen und der Zwerg blieben ihnen auf den Fersen. Die Hyrkanier gingen als letzte. Sie zogen Pfeile aus den Köchern und legten sie auf die Bogensehnen.
Angespannt und wachsam wie Katzen schritt die kleine Schar durch einen hohen Bogengang, der einem Tunnel gleich durch die dicke Mauer des Tempels führte. Wie außen waren auch die Innenwände reich dekoriert. Doch war die Beleuchtung zu spärlich, um Einzelheiten zu erkennen. Die Hitze und das gleißende Licht der Wüste blieben hinter ihnen, sobald sie das Tor durchschritten hatten. Drinnen war die Luft etwas stickig, doch man konnte atmen. Vor ihnen führte der Tunnel in einen weiten hellen Raum.
Staunend betrachteten sie ihn. Ehe sie alles richtig wahrgenommen hatten, tauchte neben ihnen ein riesiger zottiger Schemen auf, der laut brüllte. Einer der Hyrkanier richtete den Bogen auf ihn, doch Conan schlug die Waffe beiseite. Der Pfeil landete an einer entfernten Wand.
»Das ist ein Kamel, du Narr!« schrie Conan den Hyrkanier an.
Der Mann wollte wegen der Einmischung des Cimmeriers protestieren, doch dann grinste er verlegen, als er seinen Fehler erkannte. »Ich habe gedacht, es wäre ein Dämon«, stammelte er.
Das Kamel, dem Conan das Leben gerettet hatte, war weiß und groß. Sein Gefährte stand gleich daneben. Dahinter kam das kleine einheimische Tier zum Vorschein, das Amram geritten hatte. Die Tiere schienen sich von Conan und seiner Schar beim Wiederkauen gestört zu fühlen.
»Das ist das erste Zeichen von den dreien«, sagte Achilea. »Du hast recht gehabt, Conan.«
Langsam schritten sie weiter in den riesigen Raum hinein. Das einfallende Licht war bunt und malte Rauten auf den Mosaikboden. Die Kuppel war in der Tat aus metallgefaßten Glasscheiben errichtet. Aus der Entfernung sahen die Scheiben winzig aus, doch Conan
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