Conan-Saga 52 - Conan und der Smaragd-Lotus
»Ich habe genau das Gefäß, das ein Reiter benötigt! Flach genug, um es an die Satteltasche zu schnallen, und hart wie Stein. Das überlebt einen Weinschlauch um Jahre! Bel sei mein Zeuge, ich habe es eigenhändig gebrannt. Für die winzige Summe von drei Silberlingen gehört es Euch!«
Der Mann auf dem Pferd ritt weiter, als höre er den Töpfer gar nicht. Er drehte nicht einmal den Kopf in seine Richtung. Bald schon waren die Anpreisungen des Töpfers über seine Wunderwerke der Handwerkskunst im Stimmengewirr untergegangen.
Vor dem Reiter erhob sich die Stadtmauer, eine massive Verteidigungsanlage aus sonnengebleichten Ziegeln, die zur fünffachen Höhe eines großen Mannes aufragte. Das gewaltige Karawanentor stand weit offen, aber es war verstopft mit Menschen, die nach Akkharia hinein und aus der Stadt heraus wollten. Der Torbogen war innen mit leuchtendblauen Kacheln verziert. Auf einem leicht verwitterten Halbrelief über dem Tor kämpften zwei goldene Keramikdrachen.
Der Reiter lenkte sein unruhiges Pferd in den langsamen Menschenstrom vor dem hohen Tor. Damit zog er die Augen der Wachposten auf sich, da die meisten Männer ihre Tiere zu Fuß durchs Tor führten. Der Mann im Sattel überragte alle Köpfe in der Menge. Die Wachen musterten ihn, griffen jedoch nicht ein. Schließlich gab es kein Gesetz gegen das Reiten in der Stadt. Absteigen war lediglich eine Höflichkeit der Menge gegenüber.
Noch jemand bemerkte den Reiter und schob sich auf ihn zu. Es war ein kräftiger Shemite mit gerötetem Gesicht. Seine farbenprächtigen Seidengewänder wiesen ihn als einen reichen Kaufmann aus.
»Verzeihung, Herr!« rief er, während er sich in Richtung des Reiters vorkämpfte und dabei um einen Holzkarren voller gackernder Hühner herumlief. Der Reiter wurde nicht langsamer und ließ auch auf keine andere Art erkennen, daß er den Kaufmann gehört hatte.
»Ihr reitet doch nicht allein auf der Karawanenstraße, oder?« fuhr der Kaufmann unbeirrt fort. »Es ist für einen einzelnen Reisenden sehr gefährlich, selbst für einen Krieger wie Euch.« Der Kaufmann keuchte, sein Gesicht wurde noch röter. »Schließt Euch meiner Gruppe als Wächter an. Ich zahle ebensoviel wie jeder andere zwischen Aghrapur und hier.«
Der Reiter antwortete nicht. Verzweifelt packte der Kaufmann die Zügel und versuchte, das Pferd anzuhalten.
»Ich sage Euch, daß die Karawanenstraße zu gefährlich für einen einzelnen Mann ist. Zuagirs treibt sich zur Zeit in den Bergen und auf den Hochebenen umher. Ihr solltet ...«
Der Reiter beugte sich steif nach vorn, bis sein Gesicht direkt vor dem des Kaufmanns war. Augen wie eisbedeckte Glaskugeln starrten aus einem eingefallenen gelben Gesicht. Schmale Lippen in einem Bart, der durch eine helle Narbe geteilt wurde, zogen sich über zusammengebissenen Zähnen zurück.
»Tod«, sagte der Reiter mit einer Stimme, als rieben zwei Steine aufeinander. Der Kaufmann ließ die Zügel los, der Reiter gab dem Pferd die Sporen und sprengte durch die Menge und das Tor hinaus aufs offene Land.
Auf der Lehmstraße trieb er das Tier zum Galopp an. Die goldene Sonne schien auf die üppigen grünen Weiden Shems, doch der Reiter sah von alledem nichts. Er dachte nur an seine Mission. Der Kaftan Gulbandas blähte sich, als dieser die Augen voller Schmerz, aber zielsicher auf den Horizont heftete.
»Tod«, wiederholte er leise, und der Wind entriß ihm das Wort von den gelben Lippen.
V IERZEHN
Karawanenrouten überzogen kreuz und quer das Land Shem wie ein feines Netz von Adern. Sie beförderten den unaufhörlichen Handel, das Lebensblut der mächtigen Nation. Von den schimmernden Stufentürmen der blühenden Küste im Westen bis zu den ausgedehnten Zeltstädten im trockenen Osten wurde das an Gegensätzen so reiche Shem durch den ständigen Handelsstrom geeint. Die Routen der Handelskarawanen waren breite Lehmstraßen, aber auch schmale, wenig begangene Bergpfade.
Zwei Tagesreisen östlich von Akkharia gabelte sich die Karawanenstraße. Eine Abzweigung führte nach Norden zum reichen Eruk und zur alten Stadt Shumir, während die ursprüngliche Straße weiter nach Osten verlief und zur verrufenen Stadt Sabatea führte. Zahllose Wege gingen südlich von der Hauptstraße ab zu den kleineren Städten und Dörfern, die an der fruchtbaren Küste des weltumgürtenden Flusses Styx lagen.
Auf der zentralen Strecke nach Sabatea kamen vier Reiter, die zwei hochbeladene Packpferde mit sich führten.
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