Conan-Saga 52 - Conan und der Smaragd-Lotus
verfüttert sie an den Lotus.«
Neesa löste die Augen von Daphrahs haßvollem Blick und schaute sich in dem Raum um. Er war kreisrund und hatte als Decke eine Kuppel. Erleuchtet wurde er durch seltsame Kugeln in Wandnischen. Diese Kristallkugeln schienen Wasser und irgendwelche Pflanzen mit Blättern zu bergen. Trotzdem strahlten sie ein starkes gelbes Licht aus. Die Mitte des Raums wurde von einer Statue beherrscht, die so groß wie ein kleines Haus war. Es war ein steinerner Sphinx, wie man sie gelegentlich in Stygien sah. Doch diese Statue war außergewöhnlich gewaltig und aus glänzendem schwarzen Stein gemeißelt, trug jedoch keinerlei Gesichtszüge. Zwischen den Pranken lag eine schwarze Platte, der Altar. Als Neesa das Götterbild und den Altar betrachtete, spürte sie, wie ihr Blut kalt wurde. Welche Menschen beteten zu solch einem Gott?
Die Söldner trieben die Frauen in die Mitte, bis sie unmittelbar unter dem leeren Gesicht der Statue standen. Neesa wich vor den Soldaten zurück und setzte sich trotzig vor den Sphinx. Sie schürzte verächtlich die Lippen. Zelandra schlurfte mit gesenktem Kopf neben sie. Das mit Silberfäden durchzogene dunkle Haar war am Scheitel blutig. Dort hatte man ihr mit einem Schwertgriff auf den Kopf geschlagen. Man hatte ihr roh einen Knebel um den Mund gelegt, um sie daran zu hindern, Zaubersprüche über die Lippen zu bringen. Neesa bezweifelte allerdings, daß Zelandra imstande gewesen wäre, einen Zauber zu wirken, auch ohne Knebel. Allein das Stehen schien die Kräfte ihrer Herrin zu überfordern.
Neesa schloß die Augen. Sie hätte Zelandra handgreiflich daran hindern müssen, ein Feuer zu entfachen. Sie hätten sofort das Lager verlegen müssen, genau wie Conan es gesagt hatte. Man hatte sie so schnell überwältigt. Gerade hatte sie noch mit Zelandra im Zelt gestritten, als draußen Stimmen laut geworden waren. Aber die Zauberin war unerbittlich gewesen und hatte behauptet, sie bedürfe dringend der Ruhe. Dabei hatte sie wie mit Klauen die verfluchte Silberschatulle umklammert. Doch dann hatte selbst Zelandra gehört, daß es nicht Conan und Heng Shih waren, die vor dem Zelt sprachen. Die Frauen liefen aus dem Zelt. Stygische Soldaten kamen über den Rand der Schlucht. Neesa tötete den ersten mit ihrem Dolchwurf. Zelandra hatte nur noch genügend Zeit gehabt, einen einzigen Zauber auszusprechen. Sie hatte dem entsetzten nächsten Stygier einen grünen Feuerstoß aus den Handflächen entgegengeschleudert. Dann hatten die Söldner sie ergriffen. Zelandra hatte versucht, die Silberschatulle vom Gürtel zu lösen, doch hatte sie ein Schlag mit dem Schwertgriff auf den Kopf getroffen und ihr den Turban weggeschlagen. Mit blutender Kopfwunde war sie zu Boden gesunken. Neesa hatte einen zweiten Dolch gezückt und nach Conan und Heng Shih gerufen. Sie hatte nicht glauben können, daß die beiden nicht in der Nähe waren. Die Soldaten hatten sie umringt, sie aber nicht verletzen wollen, solange es nicht unbedingt nötig war. Schon schwang sie den Dolch wurfbereit, da hielt ein Söldner Lady Zelandra die Schwertspitze an die Kehle. Angesichts dieser Bedrohung ließ Neesa den Dolch fallen. Dann schlug dieser Daphrah sie mit einem Fausthieb nieder.
Die Söldner hatten noch eine Zeitlang nach den Männern gesucht. Doch schon bald war ihnen klar, daß diese geflohen waren. Zufrieden, daß sie die Zauberin gefangen hatten, die Ethram-Fal unbedingt haben wollte, und aus Angst vor dem aufziehenden Sturm, waren die Soldaten mit ihren Gefangenen zurück zur Schlucht marschiert. Dort fiel der Sandsturm über sie her. Er tobte und wütete in der engen Schlucht. Neesa hatte alles wie betäubt über sich ergehen lassen. Ihre Gedanken waren durch die Tatsache gelähmt, daß Conan und Heng Shih ihnen nicht zu Hilfe gekommen waren.
Selbst die phantastische Fassade des Palastes des Cetriss, eingehüllt in die Wirbel des Sandsturms, hatte auf sie wenig Eindruck gemacht. Durch labyrinthartige Korridore führte man die Frauen durch leere Räume, in denen Grabesstille herrschte, und durch eine große Halle mit ordentlich aufgestellten Pritschen, bis sie schließlich in den Tempel gelangten.
Und jetzt warteten sie auf den Mann, der hier herrschte.
Stöhnend griff Zelandra an ihren Gürtel. Doch dort baumelten nur Lederstreifen. Die Silberschatulle war abgeschnitten worden. Der große Hauptmann mit dem Raubvogelgesicht hielt sie in der Hand. Leidenschaftslos ruhten seine Augen auf der leidenden
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