Conan-Saga 53 - Conan der Ausgestossene
gewissen Grade traute, da dieser dafür bekannt war, äußerst diskret mit Gegenständen zu arbeiten, welche in die Stadt ohne Musterung der Zöllner gebracht waren worden.
Bei Sonnenuntergang saß Conan da, trank Arrak und frischte Bekanntschaften auf. Ungeduldig beobachtete er, wie die religiösen Feiern der ausgelassenen Fröhlichkeit der Massen Platz machten.
Als das letzte Tageslicht über der Mauer im Westen verblasste, verließ Conan die Karawanserei. Mit anderen, von den Feierlichkeiten ermüdeten Menschen, schob er sich durchs Tempeltor. Dann bog er schnell in eine verlassene Gasse im Tempelviertel ein. Hier gab es entlang der Palastmauer eine Stelle, an der die Bäume dahinter den Blick vom Wehrgang verstellten. Obgleich die Fugen und Risse in dem verwitterten Gemäuer nicht tief waren, erklomm der Cimmerier mit Leichtigkeit die Mauer, da er von Kind an gelernt hatte, wie man die steilen Felswände in seiner Heimat bezwang. Wie ein Insekt huschte er nach oben und rollte darüber hinweg, wobei seine Silhouette nur knapp am blassen Himmel über dem Mauerrand zu sehen war.
Lautlos wie immer landete er inmitten von Blumen und blühenden Büschen, die mittels handbetriebener Brunnen bewässert wurden. Da an diesem Abend die Höflinge bei den Feiern in der Stadt weilten, war der Garten menschenleer. Conan huschte im schützenden Schatten vorwärts.
Am anderen Ende des Gartens befand sich noch eine Mauer, die so glatt wie Glas war und deren Fugen jeder Klinge oder jedem Fingernagel widerstanden. Die Ecke des Palastes jedoch zierten kunstvoll gemeißelte Säulen. Conan presste sich zwischen zwei Säulen und schob sich nach oben, indem er abwechselnd auf die Schultern und die nackten Knie Druck ausübte. Schon bald vermochte er die Kapitelle zu packen und sich zum Rand hinaufzuziehen. Er spähte in die Dunkelheit. Zwei Wachposten näherten sich ihm zwischen den Zinnen auf dem Wehrgang.
Reglos wartete Conan, bis die beiden vorbeigegangen waren. Dann huschte er wie der Schatten einer Nachteule zur inneren Bastion des Palastes. Hier erleichterten die Balustraden und hervorragenden Skulpturen das Klettern, sodass er schnell den Balkon vor Prinzessin Afriandras Schlafgemach erreichte.
Es brannte kein Licht, doch den scharfen Augen des Cimmeriers entging nicht, dass sich die Vorhänge am Bett bewegten ... dann erschien ein blasses Gesicht. Es war Afriandra, die verzweifelt in die Dunkelheit spähte. Dann erkannte sie ihn und lief ihm in ihrem hellen Seidengewand in die Arme.
»Ich habe geruht«, flüsterte sie. »Aber ich habe von dir geträumt und dein Kommen gespürt.«
»Du musst in der Tat eine Prophetin sein«, sagte er. »Denn ich kam völlig lautlos.« Er legte ihr die Hand unters Kinn und hob ihr Gesicht an. »Hast du immer noch diese mystischen Visionen?«
»Das ist schwer zu sagen ... diese seltsamen Gefühle kommen und gehen, aber ich sehe nichts Ungewöhnliches.«
»Dann geht es dir nach dem Zusammenbruch heute Vormittag wieder besser.« Er befühlte ihre Stirn. »Was hat dich so verstört? Erinnerst du dich?«
»Es war wie damals, als König Anaximander uns einen Besuch abstattete ... doch diesmal viel schlimmer. Ein grauenvolles Verhängnis schwebt über allen, welche das Götterbild aus Sark hergebracht haben. Ich sah, wie sie von einem gewaltigen Feuer verzehrt wurden. Ihre Haut war von Blasen übersät und ihre Körper schrumpften zu schwarzen, rauchenden Klumpen.« Afriandras Stimme bebte, sie schmiegte sich noch enger an Conan. »Und als ich umherblickte, sah ich, wie die Flammen auch Qjarer ergriffen, darunter Menschen, die mir nahe stehen. Ich fühlte mich vollkommen allein und verlassen. Der Wind peitschte. Über mir schwebte ein riesiger Schatten, der irgendwo hinter mir entstanden war. Ich hatte Angst, mich umzudrehen. Die Furcht wurde übermächtig ... dann muss ich ohnmächtig geworden sein.« Sie zitterte am ganzen Leib.
Der Cimmerier streichelte sie beruhigend und dachte nach. »Diese Leute aus Sark bieten mit den offenen Wunden in der Tat einen schrecklichen Anblick. Jede junge Frau von Adel würde dabei aufschreien ... vielleicht war es diesmal der Alkohol, der deine Ängste schürte ...«
»Nein, Conan«, unterbrach sie ihn. »Ich bin ganz sicher, dass es eine Warnung von den Göttern war.« Sie löste sich von ihm und blickte ihm in die Augen. »Für mein geheimes Auge scharen sich die schlechten Omen wie Raben um einen sterbenden Esel in der Wüste. Ein grimmiges Schicksal
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