Conan und die Straße der Könige
wird mit allen Kräften dafür gesorgt sein, daß weder ein Anschlag noch eine Austreibung möglich ist.«
»Die Kette läßt sich brechen, wenn man auch nur ein Glied durchtrennt!« erklärte Santiddio optimistisch. »Außerdem hat Callidios möglicherweise keine Ahnung, daß wir hinter sein Geheimnis gekommen sind.«
»Ich kann nur hoffen, daß meine Vermutung richtig ist«, sagte Destandasi. »Weist irgend etwas darauf hin, daß Callidios im Besitz von Kalenius' Leichnam ist? Hat irgend jemand ihn gesehen?«
»Callidios wirkt seine Zauber in einem Turmgemach, zu dem niemand Zutritt hat. Das jedenfalls wissen wir von Sandokazi«, erwiderte Conan. »Als die Letzte Wache Korsts Soldaten in der Grube niedermetzelte, war Callidios nirgends zu sehen. Zuvor hatten er und Mordermi sich zu einer Geheimbesprechung zurückgezogen. Mordermi war danach absolut siegessicher. Er wußte, daß die Letzte Wache herbeibeschworen wurde, als er seinen Trupp zur Schlacht in der Aalstraße führte. Callidios ließ sich erst wieder sehen, nachdem der Palast gefallen war und die Letzte Wache nicht mehr benötigt wurde, um die Menge um ihren Anteil am Massaker zu betrügen. Ich hatte Mordermi gebeten, sie aufzuhalten, aber er versicherte mir, daß nur Callidios das Geheimnis ihrer Kontrolle kannte.
Es gibt Abwasserkanäle und Tunnel unter der Grube, durch die bei Flut das Meer spült. In Mordermis Festung habe ich den Geruch der See ganz nah erkannt, und Mordermi sagte mir auch einmal, daß seine Männer, sofern sie schwimmen könnten, nicht zu befürchten brauchten, in seinem Haus in der Falle zu sitzen. Callidios sah sich ausgiebig am Küstenstreifen um und suchte nach Hinweisen auf die Lage des Grabhügels. Er hatte vielleicht selbst schon entdeckt, wo die See einen Zufluß zu Mordermis Festung hat, genausogut kann der Brigant es ihm gezeigt haben, nachdem die beiden ihren Pakt geschlossen hatten. Wenn das, was du glaubst, stimmt, dann hätte Callidios nur in einen dieser Tunnel klettern, seine Beschwörung murmeln und Kalenius befehlen müssen, seinen goldenen Thron zu verlassen, um aus seiner versunkenen Grabkammer zu steigen und zu den Abflußkanälen unter der Grube zu kommen.
Vielleicht ist Kalenius immer noch dort. Genausogut kann es natürlich auch sein, daß Callidios ihn zu seinem Grabhügel zurückgeschickt hat. Aber da der Stygier seine Macht über die Letzte Wache durch ihn ausübt, hat er seinen Sklaven wahrscheinlich zu seinem Turmgemach befohlen. Als die Letzte Wache die Schätze aus Kalenius Grabkammer holte und zu Mordermis Palast trug, kann sie den Leichnam ihres Königs auch in einer der riesigen Truhen mitgebracht haben.«
»Ich zweifle nicht daran, daß der Leichnam sich in Callidios' Turm befindet«, erklärte ihm Destandasi. »Dort kann der Stygier auf ihn achtgeben und ihm jederzeit Befehle erteilen, wenn die Letzte Wache eingesetzt werden muß. Du hast vielleicht alles genau beschrieben, wie es sich zugetragen hat. Jedenfalls habe ich es mir so vorgestellt.«
»Dann müssen wir uns also in Callidios' Turm schleichen und die Wahrheit herausfinden«, sagte Conan, der viel mehr von Taten als von Theorien hielt.
»Ich bin es, die in den Turm eindringen muß«, berichtigte ihn Destandasi ruhig. »Ich brauche nur eine kurze Weile, um mich auf unsere Reise vorzubereiten.«
Santiddio kniete neben dem Grab nieder, während sie warteten. Conan zog sich zurück, um ihn ungestört Abschied von seiner Schwester nehmen zu lassen. Santiddio bewegte die Lippen, aber nach seiner Miene zu schließen, waren es keine Gebete, die er sprach.
Der Cimmerier sah sich auf der Lichtung um und bemühte sich, seinen bitteren Gedanken zu entkommen. Der Hain war eine Zuflucht von natürlicher Schönheit und Ruhe, doch selbst der Frieden, den er ausstrahlte, vermochte Conans Schmerz nicht zu stillen. Der Cimmerier wußte, daß nur eine blutige Schlacht und die dunklen Flammen der Vergeltung seiner Seele Frieden bringen konnten.
Destandasi brauchte nicht lange. Als sie sich ihnen anschloß, trug sie Sandalen, einen Reiseumhang und hielt ein Bündel mit ihrer Habe in einer Hand. Santiddio streckte sie einen Korb entgegen.
»Etwas zu essen für unterwegs«, sagte sie. »Ich bin bereit aufzubrechen.«
»Kannst du deine Tür nicht verschließen?« fragte ihr Bruder besorgt.
»Weshalb sollte ich? Wer wird schon hierherkommen, während ich fort bin?«
Sie sah sich abschiednehmend um. Ihr Blick verweilte kurz auf der Quelle, dem Herd,
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