Confusion
die ihn, sobald sie begriffen hatten, worum es ging, umringt und geduldig auf jede Krume gewartet hatten, die er ihnen hinwarf. Doch kurz darauf war ein Spatz gekommen und hatte, obwohl allein gegen mehrere hundert, jede Krume aufgepickt, die Bob geworfen hatte. Auch als Bob den Spatzen zu einer Seite gelockt und die Krume dann zur anderen geworfen hatte, war der kleine Vogel wie ein Lichtblitz aus einem Signalspiegel hinübergesaust, hatte sich zwischen den hilflosen Tauben hindurchgeschlängelt und ihnen das Brot unter den offenen Schnäbeln, die nur dünne Luft zu fassen bekamen, wegstibitzt.
Nun lernte Bob, dass er eine Taube und Upnor ein Spatz war. Eben noch war er sicher, dass sein Langschwert Upnors Bein am Knie durchtrennen würde, und im nächsten Moment war der Earl woanders, und die Spitze seines Rapiers zielte auf Bobs Herz. Verzweifelt hieb er mit der linken Hand danach und lenkte die Klinge ab, sodass sie ihn auf der rechten Seite knapp unterhalb der Rippen traf und im Rücken wieder herauskam. Im Fallen schlug Bob mit seiner wild fuchtelnden linken Hand gegen das Stichblatt des Rapiers, einen Schnörkel aus silbernen Stangen, und seine Finger schlossen sich darum. Das würde Upnor daran hindern, die Waffe herauszuziehen und immer wieder auf den am Boden liegenden Bob einzustechen. Bob landete platt auf dem Rücken, ihm voraus das Stück Klinge, das ihn durchbohrt hatte, und sah sich an den Boden geheftet, festgenagelt wie Jesus. Upnor wurde nach vorn gezerrt, sodass er Bob aus kurzer Entfernung ins Gesicht starrte.
»Lunge?«, riet Upnor.
»Leber«, sagte Bob, »sonst könnte ich das hier nicht tun.« Er holte Luft und versuchte, Upnor ins Gesicht zu spucken, brachte aber nur ein paar nutzlose Tröpfchen zustande.
»Dann wird die Wunde langsam schwären«, sagte Upnor. »Ich verschaffe Euch mit Freuden einen rascheren Tod, wenn Ihr so gut seid, meine Waffe loszulassen.« Er blickte kurz auf, abgelenkt vom Geräusch heranstürmender Kavallerie. »Sarsfield«, verkündete er. »Wir wollen Schluss machen, ich muss zu ihnen.«
Bob drehte den Kopf zur Seite, um Upnors Visage nicht mehr anschauen zu müssen. Dabei sah er etwas Sonderbares, das sich vor dem immer dunkler werdenden grauen Himmel über dem Hügel abzeichnete:
einen Burschen in einem grauen Rock, der nicht weit weg auf einer Stange über einem Graben hockte. Nein, er hockte nicht, sondern er schwang sich darüber, und sein verfilzter Pferdeschwanz flatterte hinter ihm her wie ein Büschel von Schlachtwimpeln an einer Regimentsfahne. Es war ein irischer Infanterist, der mittels Stabhochsprung über den Graben setzte. Und Upnor, seinem englischen Herrn, zu Hilfe kam. Wahrscheinlich hatte er einen Dolch, mit dem er Bob den Garaus machen konnte.
»Wenn Ihr ins Jenseits kommt«, sagte Upnor, »dann sagt den Engeln und Teufeln, dass wir alles über Euer infames Komplott wissen und das Gold Salomos in unseren Besitz bringen werden!«
»Wovon zum Henker redet Ihr eigentlich?«, rief Bob aus. Doch ehe Upnor eine Antwort gab, schälte er Bobs Hand vom Stichblatt, den kleinen Finger zuerst. Er stellte einen Fuß auf Bobs Bauch, richtete sich auf und riss die Klinge heraus.
»Das wisst Ihr ganz genau«, sagte er empört, »und nun tut gefälligst, was ich Euch gesagt habe!« Er holte zu einem tödlichen Stoß in Bobs Herz aus. Bob hob die Hände, um ihn abzuwehren. Dann sauste ein größerer Gegenstand über den Himmel, krachte in das Stichblatt des Rapiers, sodass sich die Stangen verbogen, und schleuderte die Waffe weg.
Upnor wankte zurück und hielt sich die verletzte Hand. Im Aufblicken sah Bob eine massige Gestalt in einem zerlumpten, verdreckten grauen Rock, die ein ungefähr acht Fuß langes Stück Pikenschaft gepackt hielt: das Stück, das Bob von der Kavalleriestandarte abgebrochen hatte.
Bob stützte sich auf einen Ellbogen, rappelte sich in Sitzhaltung hoch und sah den kühlen, gelassenen Blick von Teague Partry auf sich gerichtet. Teague hatte einen Kopf wie ein Klotz Kalkstein und braunes, straff nach hinten gebundenes Haar, aus dem sich während der Kämpfe des Tages allerdings viele Strähnen gelöst hatten und mit Dreck wieder angeklebt worden waren. Seine blaugrauen Augen saßen eng beieinander, was die Intensität seines Finsterblicks noch verdoppelte.
»Was glaubst du eigentlich, was du bist, Bob, eine Figur in einem Scheißroman ? Erkennst du denn nicht, dass der Gentleman eine Rüstung trägt und mehr vom Fechten versteht,
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