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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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ebenfalls in diese Sprache verfiel, während er die Kajütentür öffnete.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, was da los ist...«
    Eliza folgte ihm durch die Luke in einen dunklen und ziemlich vollgestopften Raum unter dem Poopdeck. Doch mit wenigen Schritten gelangten sie auf das offene Oberdeck der Météore. Von hier aus genossen sie einen ungehinderten Blick nach vorn, das heißt aus dem Hafen und auf die Wasser des Kanals. Wie von Ascot erwähnt, liefen viele Barkassen ein. Zu viele für Elizas argwöhnisches Auge; denn wie viele brauchte man schon, um ein paar Nachrichten zu bringen? Hier und da leuchteten helle Flecken aus dem Nebel über dem Kanal hervor: Sonnenlicht, das Leinwandvierecke beschien, die man gesetzt hatte, um die auffrischende Brise zu nutzen.
    Wie von Ascot erwähnt, war ein Schiff – ein großes – ein gutes Stück näher. Es wurde nicht so sehr von Barkassen gezogen als vielmehr von der Flut in den Hafen getrieben. Irgendwie hatte sich ein Sonnenstrahl darauf gefangen, der ein Guckloch in den Nebel gebohrt hatte. So jedenfalls erschien es Eliza, als sie es zum ersten Mal aus dem Augenwinkel wahrnahm. Als sie genauer hinsah, bemerkte sie, dass das Licht von dem Schiff selbst ausging. Es brannte. Es war die Soleil Royal oder vielmehr, sie war es gewesen.
    Elizas Aufmerksamkeit wurde von einem erneuten dumpfen Platschen abgelenkt, dem ein weiteres folgte. Es ließ sich nicht länger leugnen, dass Männer vom Schiff sprangen.
    Von den Seeleuten auf dem Oberdeck hatte sie mehrere zuvor noch nie zu Gesicht bekommen. Und nach den neugierigen Blicken zu urteilen, mit denen sie sich umschauten, war ihnen die Météore ebenfalls neu.
    Unmittelbar vor ihnen schwang sich ein Mann über die Reling auf das Schiff. Das durfte von Rechts wegen nicht passieren. Dort draußen gab es nichts – es war, als springe ein Fremder von draußen durch ein Fenster im ersten Stock.
    »Ich muss schon sagen!«, rief Ascot, noch immer dem Englischen verhaftet. »Da hört sich doch alles auf!«
    Der Neuankömmling wandte sich Ascot zu. Seine Antwort lautete wie folgt: »Verfluchtes jakobitisches Verräterschwein!« Er hob einen Arm, während er diese Bemerkung von sich gab, und unterstrich sie dadurch, dass er Ascots Kopf in eine rote Fontäne verwandelte. Das Ding in seiner Hand war eine Donnerbüchse.

    Eliza zog sich in den dunklen Raum unter dem Poopdeck zurück und begann Türen zu öffnen. Sie führten in Kajüten, in denen Brigitte, Nicole und ein Dienstmädchen untergebracht waren. » Sofort in meine Kajüte, keine Fragen!«
    Sie holte sie alle in die große Kajüte: insgesamt vier Frauen. Brigitte war geneigt, Möbelstücke vor die Tür zu wuchten. Aber das funktionierte hier nicht so gut wie an Land, da die größeren Stücke am Boden festgeschraubt waren. Ein paar Truhen, einen Stuhl und eine Matratze, mehr konnten sie nicht als Barrikade verwenden. Eliza drängte sie, ihre Anstrengungen darauf zu konzentrieren, obwohl sie wusste, dass es lachhaft war. Ein Blick aus den Fenstern verriet ihr, dass die Météore sich bewegte. Die Engländer hatten das Ankertau gekappt, das Schiff an einer oder zwei Barkassen festgemacht und zogen es in den Kanal hinaus. Besser, sich dem Barrikadenmachen zu widmen, als allzu gründlich darüber nachzudenken, was das zu bedeuten hatte.
    Ein höchst beunruhigendes Grollen durchdrang die Luft um sie herum und ließ das Frühstück in ihrem Magen erzittern. Eliza trat an ein Fenster und sah eine der Küstenbatterien Cherbourgs von Pulverrauch umwölkt. Die Artilleristen hatten das Feuer eröffnet; vermutlich hofften sie, die Soleil Royal versenken zu können, ehe das Schiff in den Ankerplatz hineintrieb und andere Schiffe in Brand setzte oder explodierte. Eliza erklärte diesen Sachverhalt ihren Gefährtinnen. Glücklicherweise war keine von ihnen gescheit genug zu fragen, wie lange es wohl dauern würde, bis die nämlichen Batterien auf die Météore feuerten.
    Eine Zeitlang waren sie von denen, die das Schiff geentert hatten, ignoriert worden – was vollkommen plausibel war, sobald Eliza begriffen hatte, dass sie die Absicht hatten, das ganze Schiff zu nehmen. Doch nun, da die Météore, wenn auch langsam, unterwegs war, hatten englische Marinesoldaten vereinzelt begonnen, auf die Kajütentür einzuschlagen. Aus Werkzeugspinden wurden Hämmer und Stemmeisen geholt. Splitter begannen aus der Wand zu fliegen – anstatt auf die verbarrikadierte Tür Mühe zu verschwenden, bahnten sie

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