Confusion
her Wasser auflief, das die Météore am Ende der Ankertrosse in ost-südöstliche Richtung drückte. Demzufolge hätte Eliza, wenn die Ebbe einsetzte und die Météore sich andersherum drehte, einen Blick aufs Meer hinaus genießen müssen. Stattdessen sah sie seit drei Tagen nichts als Nebel: eine Düsternis, in der sich alle ihre umsichtig geschmiedeten Pläne langsam aufgelöst hatten. Ab und zu, wenn ein Kanonier auf einem der orientierungslosen Schiffe auf einen dunklen Fleck, der verdächtige Geräusche von sich gab, zielte und schoss, drang ein lautes Dröhnen daraus hervor. Größtenteils aber war der Nebel Quell kakophonischer Musik: Matrosen, die in Trompeten und Pfeifen bliesen, Trommeln schlugen, Zurufe auf Englisch, Holländisch oder Französisch von sich gaben und mit Ketten rasselten, wenn sie den Anker lichteten oder warfen, je nachdem, ob sie es für weniger gefährlich hielten, sich mit der Strömung treiben zu lassen oder an Ort und Stelle zu verharren.
Die beiden Flotten – im Westen fünfundvierzig französische Schiffe unter Admiral de Tourville und im Osten neunundneunzig holländische
und englische Schiffe unter Admiral Russell – waren, von Cherbourg aus deutlich zu sehen, am neunundzwanzigsten aufeinandergetroffen und hatten sich zum Kampf gestellt. Tourville war mit Macht ins Zentrum von Russells Linie gestoßen, so unbekümmert um das Risiko, umgangen zu werden, dass er sich praktisch selbst umgangen hatte. Während Eliza vom Großmars der Météore aus durch ein Fernrohr die Schlacht verfolgt hatte, hatte sie sich fast eingebildet, Tourvilles Gedanken lesen zu können: Er glaubte, die großen Schiffe in Russells Zentrum stünden unter dem Kommando von Jakobiten und würden ihre Flagge streichen und die jakobitische Flagge hissen, wenn er auf sie zuhielt. Stattdessen hatten sie das Feuer eröffnet, und die Sache hatte sich zu einem ausgewachsenen Gefecht entwickelt.
In letzter Zeit hatte Eliza im Namen von Jean Bart in den Salons von Versailles die Trommel gerührt, um junge Höflinge davon zu überzeugen, dass die Marine sich ebenso ritterlich schlug wie das Heer. Nur wenige hatten den Köder geschluckt. Eine ruhmreiche Stunde lang hatte sich im Kanal vor Cherbourg eine Schlacht abgespielt, die, wenn Versailles sie nur hätte sehen können, das Heer auf Jahre hinaus sämtlichen talentierten Nachwuchses beraubt hätte. Nie wieder hätte Eliza zur Vermittlung des Glanzes einer Seeschlacht Worte benutzen müssen, denn hier war das alles deutlich zu sehen. Das Flaggschiff von Admiral Tourville war die Soleil Royal, neu, mit hundert Geschützen, so prächtig wie nur je eines, denn die französischen Schiffsbauer hatten die holländischen in den letzten Jahren eingeholt und sie sogar übertroffen. Admiral Russells Flaggschiff war die Britannia, ebenfalls mit hundert Geschützen. Diese beiden Schiffe gingen aufeinander los wie Kampfhähne. Es gab kein Abstandhalten zur Beobachtung der Schlacht, keine langweiligen Manöver und Gegenmanöver der Gefechtslinie. Man delegierte den schwersten Kampf nicht an geringere Schiffe und niedrigere Ränge. Wie zwei mittelalterliche Könige beim Lanzenbrechen in den Schranken gingen die Soleil Royal und die Britannia aufeinander los, und beide teilten so viel aus, wie sie einsteckten. Nicht lange, und sie hatten einander außer Gefecht gesetzt. Erst da schien Admiral Tourville zu begreifen, dass keines der englischen Schiffe zu ihm übergehen würde – was bedeutete, dass er es mit einer mehr als doppelten Übermacht zu tun hatte. Auf der halb zerschossenen Soleil Royal wurden neue Signalflaggen gesetzt. Die französische Flotte brach den Angriff ab und zog sich in guter Ordnung zurück. Man hatte eine doppelt so
starke Streitmacht angegriffen, das gegnerische Flaggschiff außer Gefecht gesetzt und sich zurückgezogen, und dies alles, ohne ein einziges Schiff zu verlieren. Für Eliza war noch wichtiger, dass sich die zwanzigtausend französischen und irischen Soldaten, die bei Cherbourg – hauptsächlich um La Hougue, zehn bis fünfzehn Meilen entfernt – biwakierten, noch immer wohlbehalten auf festem Boden befanden. James Stuart, der gewesene König von England, der sich einbildete, es immer noch zu sein, hatte seinen »königlichen« Hof in St. Germain verlassen, um sich an die Spitze der Invasion zu stellen; vermutlich hatte er die Schlacht von einer höher gelegenen Warte in der Nähe aus beobachtet. In einem Leben voller schwerer Schläge hatte
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