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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Buchten anlaufen, die er kannte. Von dort aus haben wir einen Wagen gemietet.«
    Ravenscar ließ einen neugierigen Blick durch das Kutscheninnere wandern, als fehlte jemand. »Wir?«
    »Ich war in Begleitung eines Engländers.«
    »Einer Person von Stand oder...«
    »Einer Person von Nutzen. Allerdings etwas dickköpfig. Er hatte
sich vorgenommen, seinen ehemaligen Hauptmann aufzusuchen. Als wir Portsmouth erreichten, begann er sich nach dem Betreffenden zu erkundigen – einem gewissen Churchill.«
    Ravenscar zuckte zusammen. »Äh, der Earl von Marlborough ist in den Tower von London gesteckt worden!«
    »Das sagt Ihr mir jetzt, doch so von allem abgeschnitten, wie ich es war, hatte ich diese Nachricht noch nicht gehört. Sonst hätte ich meinen Begleiter davor gewarnt, den Namen zu erwähnen.«
    »Man hat den Mann in Eisen gelegt, nicht wahr?«
    »Richtig. Denn soviel ich höre, hält man Marlborough unter der Anklage fest, er sei ein jakobitischer Spion...?«
    »Eine so lächerliche Anschuldigung, dass es mir zu peinlich ist, sie Euch gegenüber zu wiederholen. Aber ein Teil des englischen Volkes neigt dazu, einer Anschuldigung umso mehr Glauben zu schenken, je phantastischer sie ist; und wer auch immer Euren Begleiter in Portsmouth festgenommen hat...«
    »Gehörte zu dieser Sorte und befürchtete beim Anblick eines Mannes, der soeben mit einem Boot aus Cherbourg gekommen war und sich nach dem Aufenthaltsort von Marlborough erkundigte, das Schlimmste.«
    »Hat man ihn schon aufgehängt?«
    »Nein, und das wird so bald auch nicht passieren, denn zum Glück kam Eure Kutsche des Weges. Ich war für die Leute bis dahin nur eine Dirne in einem nassen Kleid; doch als dieses schöne Gefährt mit Eurem Wappen auf dem Schlag am Schauplatz auftauchte und Eurer Kutscher mit ›la Duchesse‹ hier und ›die Herzogin‹ da anfing...«
    »Änderte sich die Lage.«
    »Änderte sich die Lage, und ich konnte den Verantwortlichen mitteilen, dass es nicht in ihrem besten Interesse läge, meinen Begleiter aufzuhängen. Doch nun, da ich hier bin, würde ich Marlborough gerne besuchen.«
    »Das möchten viele, my Lady. Die Schlange der Kutschen vor dem Tower ist lang. Euer Rang übertrifft den der meisten Wartenden, von daher müsstet Ihr Euch direkt an die Spitze setzen können. Doch wenn ich zuerst...?«
    »Ja?«
    Ihre Fahrtroute hatte ein von Cornhill, Threadneedle und Bishopsgate begrenztes Dreieck beschrieben, das ungefähr zwanzig Morgen umfasste, auf denen mehr Geld vorhanden war als auf dem Rest der
britischen Inseln. Dass sie sich so lange hatten unterhalten können, ohne das Thema zu Sprache zu bringen, war bemerkenswert.
    »Es ist furchtbar ungehörig von mir, es zu erwähnen, ich weiß«, sagte Ravenscar, »aber ich bin derzeit Besitzer einer ziemlichen Menge Silber. Einer ziemlichen Menge. Man sagt mir, es sei jetzt sehr viel mehr wert denn vor drei Wochen, als ich es gekauft habe; doch wenn, etwa von Portsmouth, Nachricht käme, dass die französische Invasion fehlgeschlagen ist...«
    »Wäre es plötzlich sehr viel weniger wert. Ja, ich weiß. Tja, die Invasion ist fehlgeschlagen.«
    Revenscars Becken schoss von der Bank hoch, als hätte ihm jemand einen Dolch in die Niere gestoßen. Seine Stimme ging in ein höheres Register über. »Wenn wir dann kurz bei einem gewissen Herrn vorbeischauen könnten, ehe Ihr die Nachricht verbreitet...«
    »Ich habe nicht die Absicht, sie zu verbreiten, da sie in Kürze ganz von selbst hier eintreffen wird«, sagte Eliza, was Ravenscar kaum tröstete. »Doch ehe Ihr die Nachricht verbreitet, indem Ihr Euer ganzes Silber verkauft, habe ich im Hause von Hacklheber noch eine kleine Transaktion vorzunehmen – kennt Ihr es?«
    »Das? Das ist ein Loch in der Wand, eine Nische, ein Taubenschlag – wenn Ihr in London Taschengeld benötigt, Madame, kann ich Euch an die banca von Sir Richard Apthorp persönlich verweisen, der Euch mit dem größten Vergnügen Kredit gewähren wird...«
    »Das ist überaus liebenswürdig von Euch«, sagte Eliza, kramte in ihrer erbarmungswürdigen Tasche und zog eine schmierige Brieftasche daraus hervor, »aber ich hole mir mein Taschengeld lieber bei meiner Bank, und das ist das Haus von Hacklheber.«
    »Schön«, sagte der Marquis von Ravenscar und klopfte mit dem Knauf seines Stockes an die Decke. »Zum Golden Mercury in der’Change Alley!«
     
    »Ich muss gestehen, dass ich durchs Fenster zugesehen habe – aber nur aus der einem Gentleman anstehenden

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