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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Portugiesen haben es aus Afrika mitgebracht«, erklärte Jack.
    »Du denkst ja wahrhaftig wie ein Alchimist«, murmelte van Hoek und starrte missmutig auf seine verfaulenden Finger. »Jeder weiß, dass das einzige Heilmittel für Verbrennungen Butter ist. Dass du eher irgendeinen Zaubertrank aus Afrika nehmen würdest, beweist, wie weit du mit diesen fremdartigen Dingen schon gegangen bist!«
    »Wann, meint Ihr, werdet Ihr sie amputieren?«, fragte Jack.
    »Heute Abend«, sagte van Hoek. »So bleiben mir vor dem Kampf noch vierundzwanzig Stunden, um mich zu erholen.« Bestätigung heischend schaute er Surendranath an.
    »Wenn es uns darum ginge, schnell voranzukommen und die Narmada bei Tag zu überqueren, könnten wir es morgen machen«, sagte Surendranath. »Da unser Ziel aber in Wirklichkeit darin besteht, ›hinter den Termin zurückzufallen‹, die Kreuzung zu spät zu erreichen und bei Einbruch der Nacht am Fluss festzusitzen, können wir uns
durchaus Zeit lassen. Das Lager heute Abend wird eine gute Zeit und ein guter Ort sein, um eine kleinere Amputation durchzuführen. Ich werde sehen, ob ich Euch Mohnsirup besorgen kann.«
    »Noch mehr Chemie!«, schnaubte van Hoek verächtlich und tauchte seine Hand in einen Topf mit zerlassener Butter. Er widersprach jedoch Surendranaths Vorschlag nicht. »Ich hätte Bierbrauer sein können«, sinnierte er. »Eigentlich war ich es ja schon!«
     
    Van Hoek hatte Jack seine Braukessel übergeben und war hinunter in den Hafen von Diu gegangen, um zu sehen, ob es eine Dhau oder so etwas Ähnliches zu mieten gab. Jack hatte unter Einsatz von Surendranaths Kapital ein paar ortsansässige Schmiede beauftragt, die Kupfertonnen in neue Formen zu hämmern – Formen, die Jack aus seiner Erinnerung an Enoch Roots sonderbare Fabriken im Harz mit Kreide für sie aufmalte. Surendranath hatte Boten mit Geld nach Norden ins Königreich des Verbreiters des Chaos geschickt, um Vrej Esphahnian und Monsieur Arlanc freizukaufen. Dann hatte sich der Banyan, ein wenig gegen seine innere Stimme, darangemacht, sich in einen Urin-Mogul zu verwandeln.
    Ein paar einfache Verhandlungen mit der Kaste der Nachtkot-Sammler und Pisspott-Leerer sorgten dafür, dass jeden Morgen Krüge, Tonnen und Fässer mit Pisse in van Hoeks Brauereihof eintrudelten. Die meisten davon waren zugedeckt worden, um den Gestank nicht entweichen zu lassen, aber Jack bestand darauf, dass die Deckel abgenommen wurden und die Pisse offen in der Sonne stehen durfte. Beschwerden von den Nachbarn – hauptsächlich religiösen Orden – hatten nicht lange auf sich warten lassen. Und da war Mr. Foots Stunde gekommen; er hatte sich nämlich mit Nadel und Faden betätigt und seinen schwarzen Puritaneraufzug in eine Art Zauberergewand umgearbeitet. Seine Masche bestand zur Hälfte aus einer Anleihe bei der Alchimie, die Jack ihm diktiert hatte, und zur Hälfte aus papistischen Phrasen, die Padraig Tallow im Schlaf herunterrasseln konnte, was er auch tat.
    Was Jack an Formulierungen aus der Alchimie kannte, stammte zum Teil von den Quacksalbern auf dem Pont Neuf, die Bruchstücke des Steins der Weisen verkauften, zum Teil von Enoch Root und zum Teil aus Geschichten, die ihm erst in jüngerer Zeit von Nyazi erzählt worden waren, der zwar nichts von Chemie verstand, aber das letzte Wort in allen Kamelangelegenheiten hatte.

    » Amon oder Amon-Ra war der große Gott der alten Völker von al-Khem. 13 Und so wie al-Khem der Alchimie ihren Namen gegeben hat, diente der Gott Amon als Namensvetter für eine magische Substanz, die den Adepten dieser Kunst wohl bekannt ist. Denn siehe da, als die Römer al-Khem ihrem Reich einverleibten, erkannten sie in diesem Amon eine Manifestation des Jupiter; sie verehrten ihn als Jupiter-Ammon und fertigten Götzenbilder an, die ihn als mächtigen König zeigten, dem Widderhörner aus den Schläfen wuchsen. Sie errichteten ihm einen großen Tempel in der Oase Siwa, die in der Wüste weit im Westen von Alexandria liegt. Dieser Ort ist nicht nur eine große Karawanserei, sondern war lange Zeit auch ein Zentrum mystischer Kräfte und Emanationen; und siehe, es gab ein Orakel des Amon aus der Zeit der Pharaonen, und der römische Tempel des Jupiter-Ammon wurde an derselben Stelle gebaut. Der Ort war und ist eine wahre Brutstätte der Alchimie und wurde bekannt für die Herstellung eines stechend riechenden Salzes, das aus dem Dung der Tausenden von Kamelen gewonnen wird, die dort täglich durchkommen. Das

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