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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Geheimnis seiner Herstellung kennen nur wenige; aber das Ammonssalz oder sal ammoniac wird von den Karawanen nach Alexandria und zu den anderen Handelszentren Nordafrikas gebracht und geht von dort aus auf den unendlich verschlungenen Wegen des Handels in die Welt hinaus. So wurden seine außergewöhnlichen, manche würden auch sagen magischen Kräfte auf der ganzen Welt bekannt. Wenn aber schon Heiden so viel aus etwas machen konnten, was buchstäblich ein Haufen Scheiße war, denkt nur, wie viel mehr Christen, die die Bibel kennen und Zugang zu den Schriften von Paracelsus und Konsorten haben, vollbringen könnten! Was in Kamelscheiße steckt, dürfte genauso im Urin von Menschen zu finden sein, denn Aristoteles würde sagen, dass diese beiden Substanzen von ihrem Wesen her gleich sind. Obwohl Plato anmerken würde, dass der Letztere viel verfeinerter und dem Ideal näher ist, so wie Menschen es im Vergleich zu Kamelen sind...«
    Das alles war natürlich eine weitschweifige Art, die Nachbarn wissen zu lassen, dass Jack und seine Leute sich anschickten, diesen Hof bis zu einem Grad zu verpesten, den jemand, der noch nicht neben einem Berg gärender Kamelscheiße gestanden hatte, sich überhaupt nicht vorstellen konnte; Mr. Foot verkündete die schreckliche Nachricht
jedoch mit einer so zermürbenden Langatmigkeit und so viel homiletischem Ballast, dass seine Zuhörer sich schon geschlagen gaben, bevor sie den Kern dessen, was er sagte, überhaupt erfasst hatten.
    Wie es schon immer bei Arbeiten gewesen war, die mit dem Biegen und Hämmern von Metall zu tun hatten, dauerte die Umwandlung der Tonnen länger als erwartet. Was Jack wollte, war ein einziger großer Kessel mit rundem Boden und großer Öffnung und eine Vorrichtung, um ihn über einem »verdammt riesigen« Feuer aufzuhängen. Das war nicht weiter schwierig. Aber in einer späteren, kritischen Phase der Operation musste er eine Art Hut über dem Schlund des Kessels festklemmen und die Dämpfe durch ein Rohr zu einem anderen, kleineren Kessel leiten, wo man sie durch Wasser hindurchsprudeln lassen konnte. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit hätte dieser zweite Kessel eigentlich aus Glas sein sollen. Es hatte sich jedoch als schwierig erwiesen, einen so großen Glasbehälter aufzutreiben, und so begnügten sie sich mit Kupfer. Das erklärte, was Padraig widerfahren war; entgegen Jacks ausdrücklichen Anweisungen hatte er während eines Probelaufs den Deckel gelüftet, um hineinzuspähen, und war von einem weißen Flammenstrahl begrüßt worden.
    Ungefähr zur Zeit dieses Unglücks trafen Führungsqualitäten in Person von Monsieur Arlanc und unternehmerisches Geschick in der von Vrej Esphahnian ein. Arlanc wies darauf hin, dass es schwierig würde, gute Leute anzuheuern oder ihren Ruf als erfahrene Alchimisten zu wahren, wenn die Hauptakteure sich dauernd Körperteile verbrannten und die Halbinsel Kathiawar von ihren Schmerzensschreien widerhallen ließen. Vrej seinerseits hatte angemerkt, dass sie sich sowieso bald eine große Anzahl von Glaskesseln würden besorgen müssen und es deshalb höchste Zeit sei, den örtlichen Markt für solche Waren zu erkunden.
    Die Ergebnisse waren nicht allzu ermutigend. In Diu gab es nicht, wie in London, eine Worshipful Company of Glass Sellers. Tatsächlich schien die Glasherstellung eine der wenigen handwerklichen Künste zu sein, die die Christen besser beherrschten als irgendjemand sonst. Laut Vrej hatte es in Damaskus dreihundert Jahre zuvor viele hervorragende Glasbläser gegeben, aber dann hatte Tamerlan die Stadt geplündert und sie alle mit nach Samarkand genommen, und seitdem hatte man nichts mehr von ihnen gehört. Jetzt war nicht die Zeit, eine Delegation nach Samarkand zu schicken und Nachforschungen anzustellen. Also mussten sie sich mit dem Glas begnügen, das sie bei den verschiedenen
portugiesischen Kapitelhäusern, Handelsniederlassungen und Festungsbauten rund um Diu bekamen. Für den Sprudelkessel beschaffte Vrej eine einzelne Glasscheibe mit einer Seitenlänge von etwa einer Handspanne. Jack trug seinen Kupferschmieden auf, ein Loch von dieser Größe seitlich in den Kessel zu machen, und van Hoek nutzte sein Geschick im Kalfatern, um die Scheibe an ihrem Platz hermetisch abzudichten, damit am Rand nicht zu viel Wasser auslief. All das dauerte seine Zeit. Andererseits brauchte ein Eimer Pisse mindestens vierzehn Tage, um den Punkt zu erreichen, an dem er gebrauchsfertig war, und deshalb hielt die Eile

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