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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Methoden die der Alten sind, die, wie ich glaube, unfehlbar fanden, was sie suchten.«
    »Würdest du König Salomo zu ihnen rechnen?«
    »Du weißt so gut wie ich, dass er als der Vater der Alchimie gilt.«
    »Wenn König Salomo das Große Magisterium beherrscht hätte, hätte er es auch angewendet. Sein Reichtum war legendär. Er muss einen Teil des weltweiten Goldvorrats angesammelt und das Philosophische Quecksilber daraus extrahiert haben.«
    »Viele Adepten glauben, dass er genau dies getan hat.«
    »Daraus würde folgen, dass gewöhnlichem Gold, wie du es bei deinem Großen Werk verwendest, die Quintessenz entzogen ist , während König Salomos Gold damit angereichert war.«
    »Auch diese Annahme ist ein Gemeinplatz.«
    »Nun kommt Nachricht, ein Vizekönig von Mexiko habe König Salomos Gold gefunden und es dann an den König der Landstreicher verloren – der sich damit nach Indien davongemacht und es unter die Leute gebracht, es mit dem gewöhnlichen Gold vermischt hat, das in der ganzen Welt als Geld zirkuliert.«
    »So sagt man uns.«
    »Also gibt es, sofern man nicht den ganzen Orient erobert und seine sämtlichen Reichtümer durch tyrannische Konfiszierungen an sich bringt, keine Möglichkeit wiederzugewinnen, was der Vagabundenkönig verplempert hat – es sei denn, man könnte mittels irgendeiner Zauberformel dafür sorgen, dass das Gold aus der ganzen Welt nach London kommt und die Schmelztiegel des Tower durchläuft.«
    Fatio trat vor und verdeckte Daniel und Isaac beinahe die Sicht aufeinander. »Nun da Ihr zur Sache gekommen seid, macht Ihr einen
höchst vernünftigen und attraktiven Vorschlag«, verkündete er. »Bitte erklärt, was Ihr vorhin gemeint habt.«
    » Ich werde es erklären, Nicolas«, sagte Isaac. »Daniel hat alles an Erklärungen geliefert, was wir von Rechts wegen von ihm verlangen können. Er meint – will es aber nicht aussprechen -, dass deine Theorie der Schwerkraft Unsinn ist und meine Position gegenüber Leibniz geschwächt hat. Vermutlich spielt er auch auf deine Behauptung an, du seist ein Miterfinder des Kalküls, was, wie ich leider sagen muss, vollkommen falsch ist. Vielleicht denkt er auch an deine Ambitionen, Arzt zu werden und mit einem neuen Patentrezept Tausende zu heilen, oder an deine phantasievollen Bibelinterpretationen und die daraus abgeleiteten, seltsamen Prophezeiungen.«
    »Aber von denen weiß er nichts!«
    »Aber ich, Fatio.«
    »Was sagst du da? Ich muss gestehen, die Bibel ist leichter zu interpretieren als du, Isaac.«
    »Ganz im Gegenteil, ich habe das Gefühl, ich bin nur allzu durchsichtig, denn Daniel und Gott weiß wie viele andere haben mich durchschaut.«
    »So viele nicht – noch nicht«, sagte Daniel ruhig.
    »Der springende Punkt ist folgender: Ich habe mir von meiner Zuneigung zu dir meine Urteilskraft trüben lassen«, sagte Isaac. »Ich habe deinem Werk viel größeren Kredit gegeben, Nicolas, als ich es je hätte tun sollen, und das hat mich in eine Sackgasse geführt und zur Folge gehabt, dass ich Jahre vergeudet und meine Gesundheit ruiniert habe. Danke, Daniel, dass du mir das in aller Offenheit gesagt hast. Mr. Locke, Ihr habt auf schonende Weise darauf hingearbeitet, diese Epiphanie herbeizuführen, und ich entschuldige mich dafür, dass ich schlecht von Euch gedacht und Euch beschuldigt habe, gegen mich zu konspirieren. Nicolas, komm mit nach London, teile eine Wohnung mit mir, und sei mein Gehilfe, während ich im Großen Werk voranschreite.«
    »Ich bin nicht bereit, weniger zu sein als dein gleichberechtigter Partner.«
    »Aber du kannst niemals mein gleichberechtigter Partner sein. Nur Leibniz...«
    »Dann geh doch und mach Leibniz den Hof!«, schrie Fatio. Er verharrte ein paar Augenblicke lang an Ort und Stelle, als könnte er nicht fassen, dass er das gesagt hatte – er wartete darauf, dachte Daniel, dass
Newton alles zurücknahm, was er gesagt hatte. Aber Isaac Newton war längst nicht mehr imstande, es sich anders zu überlegen. Fatio blieb nur noch eines übrig: Er rannte davon.
    Sobald Fatio außer Sicht war, hörte Daniel ein fernes Stöhnen oder Jammern. Er nahm an, dass es Fatio war, der vor Kummer weinte. Doch es wurde lauter. Einen Moment lang befürchtete er, Fatio könnte mit gezogener Waffe zurückkommen.
    »Daniel!«, sagte Locke scharf.
    Locke war aufgesprungen, stand über Newton gebeugt und versperrte Daniel die Sicht. Er hatte seine Laufbahn als Arzt begonnen und schien zu seinem alten Beruf

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