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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Smaragd aus dem Dekolleté einer Dame fischt. Das ganze Unternehmen würde in einem Handgemenge enden, wenn nicht sämtliche erbeuteten Gegenstände zusammengelegt, peinlich genau sortiert, taxiert, registriert und dann nach einem festen Schema aufgeteilt würden. Das ist auch der Grund, warum der englische Euphemismus für die Freibeuterei Kasse machen lautet.
    In meinem Falle hatte dies zur Folge, dass jeder einzelne von Barts Männern zumindest eine allgemeine Vorstellung davon gewann, wie viel man von wem erbeutet hatte, und sie wussten, dass das aus meiner Kassette genommene Gold und der von meinem Körper gepflückte Schmuck mehr wert waren als sämtliche Habseligkeiten aller anderen Passagiere zusammengenommen und mit zehn vervielfacht. Ich will ja nicht prahlen, Bon-Bon, aber der Rest meiner Geschichte würde Euch unverständlich bleiben, wenn ich verschwiege, dass das Vermögen, das ich verloren habe, wirklich ziemlich gewaltig war.«
    Rossignol zuckte zusammen. Daran erkannte Eliza, dass er die Zahl irgendwo aufgeführt gesehen haben musste.
    »Ich habe mich nicht länger damit aufgehalten«, fuhr sie fort, »weil sich eine Adelige – und ich erhebe ja den Anspruch, eine zu sein – aus etwas so Vulgärem wie Geld nichts machen soll. Und als Barts Männer mir den Schmuck abnahmen, fühlte ich mich auch nicht anders als einen Moment zuvor. Doch während die Tage verstrichen, dachte ich immer öfter an das Vermögen, das ich verloren hatte – genug, um einen Earlstitel zu kaufen. Das Einzige, was mich davor bewahrte, verrückt zu werden, war der blauäugige Schatz, den ich in meinen Armen wiegte.«
    Sie sagte absichtlich nicht unser Kind, da derlei Bemerkungen ihn nur störrisch zu machen schienen.

    »Irgendwann setzte man mich in eine Barkasse und brachte mich zum Flaggschiff. Leutnant Bart trat aus seiner Kajüte, um mich an Bord willkommen zu heißen. Ich glaube, er rechnete mit so etwas wie einer älteren Witwe. Als er mich sah, war er schockiert.«
    »Es handelte sich nicht um einen Schock«, wandte Rossignol ein, »sondern um eine ganz anders geartete Empfindung. Ihr habt es tausend Mal erlebt, aber Ihr werdet es bis an Euer Lebensende nicht begreifen.«
    »Nun ja, sobald sich Kapitän Bart ein wenig von dem rätselhaften Zustand erholt hatte, von dem Ihr sprecht, bat er mich in seine Privatkajüte – das ist die ganz oben im Achterkastell dort – und ließ Kaffee servieren. Er war...«
    »Ich muss Euch bitten, jede weitere bewundernde Schilderung von Leutnant Bart zu überspringen«, sagte Rossignol, »denn davon habe ich in dem Brief, dessentwegen ich auf dem Weg hierher fünf Pferde zuschanden geritten habe, nun wirklich genug bekommen.«
    »Wie Ihr wünscht«, sagte Eliza, »es war freilich mehr als simple Wollust.«
    »Dass er Euch das weismachen wollte, glaube ich unbesehen.«
    »Nun ja. Dann lasst mich vorgreifen und einen kurzen Überblick über meine Situation geben. In Frankreich gelte ich nur deshalb als Gräfin, weil le Roi beschlossen hat, mich dazu zu machen; er hat eines Tages beim Levée schlicht verkündet, ich sei die Gräfin de la Zeur – das ist eine seltsame französische Bezeichnung für die Insel, von der ich stamme.«
    »Ich frage mich, ob Ihr wisst«, sagte Rossignol, »dass Seine Majestät durch diese Ernennung einen alten bourbonischen Anspruch auf Qwghlm erneuert hat, den seine Advokaten irgendwo ausgegraben hatten. So wie Seine Majestät hier, auf einer Seite von England, eine base navale eingerichtet hat, würde er gern auch in Qwghlm, auf der gegenüberliegenden Seite, eine einrichten. Eure Erhebung in den Adelsstand geschah also – so erstaunlich sie Euch auch erschienen sein mag – im Zuge eines größeren Plans.«
    »Etwa anderes würde ich von Seiner Majestät auch gar nicht erwarten«, sagte Eliza. »Welcher Art seine Beweggründe auch immer gewesen sein mögen, Tatsache ist, dass ich ihm seine Gunst dadurch vergolten hatte, dass ich seine Armee ausspionierte und das, was ich sah, Wilhelm von Oranien berichtete. Le Roi hatte also Grund, mir ein bisschen böse zu sein.«

    Rossignol schnaubte.
    »Doch ich hatte das alles«, fuhr Eliza fort, »unter der Ägide von Ludwigs Schwägerin getan, in deren Heimatland Ludwig einfiel, um es bis zur Stunde zu verheeren.«
    »Er verheert es nicht, Mademoiselle, er befriedet es.«
    »Ich nehme alles zurück. Nun hat mich auch Wilhelm von Oranien heimlich zur Gräfin gemacht. Aber das ist einem auf ein holländisches Haus

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