Confusion
sagte sie schließlich.
»Der Kryptoanalytiker Seiner Majestät des Königs von Frankreich«, sagte Rossignol, »hat gewisse Verpflichtungen.« Das war keineswegs schelmisch gemeint – er stellte lediglich Tatsachen fest. »Man erwartet bestimmte Dinge von ihm. Und zwar jetzt. Als Ihr das letzte Mal in Schwierigkeiten geraten seid, vor einem Jahr...«
»Falsch, Monsieur: das letzte Mal, von dem Ihr wisst. «
» C’est juste. Bei jenem Mal braute sich am Rhein ein Krieg zusammen, und ich hatte einen plausiblen Grund, mich dorthin zu begeben. Und da ich Euch, Mademoiselle, in einer höchst komplizierten Notlage fand, habe ich mich bemüht, Euch zu helfen.«
»Indem Ihr mich geschwängert habt?«
»Das geschah aus Leidenschaft – wie übrigens auch von Eurer Seite, Mademoiselle, denn wir haben ausgiebig geliebäugelt. Und dennoch geriet es Euch zum Vorteil – rettete Euch vielleicht sogar das Leben. Schon am nächsten Tag habt Ihr Étienne d’Arcachon verführt.«
»Ich habe ihn glauben gemacht, dass er mich verführte«, wandte Eliza ein.
»Eben. Tout le monde wusste Bescheid. Als Ihr schwanger in Den Haag aufgetaucht seid, ging alle Welt, einschließlich le Roi und Étienne, davon aus, dass das Kind die Brut von Arcachon sei; und als es gesund zur Welt kam, erweckte dies den Eindruck, ihr wärt das höchst seltene Exemplar einer Frau, die sich mit einem Spross der Linie de Lavardac paaren kann, ohne deren wohlbekannte erbliche Unvollkommenheiten an das Kind weiterzugeben. Ich gab mir alle Mühe, diesen Mythos über andere Kanäle zu verbreiten.«
»Sprecht Ihr etwa davon, wie Ihr mein Tagebuch gestohlen, dechiffriert und dem König gegeben habt?«
»Ihr irrt Euch in allen Punkten. Monsieur le Comte d’Avaux hat es gestohlen – oder hätte es gestohlen, wenn ich nicht Hals über Kopf nach Den Haag galoppiert wäre und mich seiner bedient hätte. Ich habe es nicht so sehr dechiffriert, als vielmehr eine fiktive Version davon produziert. Und da ich und meine gesamte Arbeit dem König gehören, habe ich es Seiner Majestät nicht so sehr gegeben, als vielmehr die Aufmerksamkeit Seiner Majestät darauf gelenkt.«
»Hättet Ihr die Aufmerksamkeit Seiner Majestät nicht woandershin lenken können?«
»Mademoiselle. Zahlreiche Standespersonen sind Zeuge geworden, wie Ihr ganz offensichtlich einen Spionageauftrag ausgeführt habt. D’Avaux und seine Lakaien haben alles in ihrer Macht Stehende getan – und sie haben viel Macht -, Euren Namen in den Schmutz zu ziehen. Die Aufmerksamkeit Seiner Majestät woandershin zu lenken hätte Euch nichts genützt. Stattdessen habe ich für Seine Majestät einen Bericht über Eure Vorgehensweise produziert, der zahm war im Vergleich mit den Erfindungen von d’Avaux; er setzte den Anmaßungen dieses Mannes einen Dämpfer auf und festigte zugleich die Überzeugung, dass der Vater des Kindes Étienne de Lavardac d’Arcachon sei. Ich habe nicht versucht, Euch zu rehabilitieren – das hätte eines Wunders bedurft -, sondern nur, den Schaden abzumildern. Denn ich befürchtete, dass man jemanden schicken könnte, der Euch ermorden oder entführen und nach Frankreich zurückschaffen sollte.«
Und nun hielt er inne, weil er sich in einen faux pas hineingeredet hatte und am liebsten im Boden versunken wäre. »Äh...«
»Ja, Monsieur?«
»Gerechnet habe ich allerdings nicht damit.«
»Habt Ihr Euch deshalb so viel Zeit gelassen hierherzukommen?«
»Ich habe Euch bereits gesagt, dass der Kryptoanalytiker des Königs
gewisse Verpflichtungen hat – von denen ihn, wie sich herausgestellt hat, keine einzige nach Dünkirchen führt. Ich bin gekommen, sobald ich konnte.«
»Ihr seid gekommen, sobald ich Eure Eifersucht weckte, indem ich in einem Brief Leutnant Bart lobte.«
»Aha, Ihr gebt es also zu!«
»Ich gebe gar nichts zu, Monsieur, denn er ist in jeder Hinsicht so bemerkenswert, wie ich ihn geschildert habe, und jeder halbwegs normale Mann wäre eifersüchtig auf ihn.«
»Ebenda kann ich nur schwer folgen«, sagte Rossignol.
»Armer Bon-bon!«
»Bitte, werdet nicht sarkastisch. Und bitte, redet mich nicht mit diesem albernen Namen an.«
»Was, bitte schön, ist es denn, dem der größte Kryptoanalytiker der Welt nicht folgen kann?«
»Zuerst beschreibt Ihr ihn als Korsaren, als Bukanier, der Euch mit Gewalt genommen hat...«
»Der das Schiff, auf dem ich mich befand, mit Gewalt genommen hat – bitte wählt Eure Worte!«
»Später, als es Euch zum Vorteil
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