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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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uns das nicht durch Territorium der Marathen führen?«
    »Nein, sie leben in Zitadellen auf Bergspitzen. Ich kenne den Weg,
Enoch. Wir werden durch ein paar unabhängige Königreiche kommen, die dem Großmogul tributpflichtig sind. Mit ihnen habe ich eine Abmachung getroffen. Von dort gelangen wir direkt nach Malabar.«
    »Waren es nicht Malabaris, die Euch Euer Gold gestohlen und die Hälfte Eurer Gefährten als Sklaven genommen haben?«
    »Das ist eine Art, es zu sehen.«
    »Und was ist die andere?«
    »Surendranath, Monsieurs Arlanc, Vrej Esphahnian und Moseh de la Cruz – die kosmopolitischsten und gebildetsten von uns – betrachten Malabar lieber als großen, äußerst merkwürdigen, entlegenen, feindseligen und schwer bewaffneten Goldschmiedeladen , in den wir eine unfreiwillige Einzahlung geleistet haben.«
    »Wir nennen solche Unternehmen heute Banken .«
    »Mit Verlaub, ich war schon fast zwanzig Jahre nicht mehr in England.«
    »Bitte fahrt fort, Jack.«
    »Sie haben unser Gold. Wir können es nicht mehr zurückbekommen. Aber es nützt ihnen nicht viel, solange es nur dort liegt. Kottakkal, die Königin der Malabari-Piraten, kann nur den Teil davon ausgeben, den sie zur Instandhaltung ihres Palastes und zum Überholen ihrer Schiffe braucht. Was darüber hinausgeht, muss sie arbeiten lassen, damit sie überhaupt einen Nutzen davon hat, dass sie es uns gestohlen hat.«
    »Hat sie es denn arbeiten lassen?«
    »Sie besitzt fünfundzwanzig Prozent unseres Schiffs.«
    Enoch lachte – ein seltenes Ereignis. Es geschah oft, dass er mit den Augen zwinkerte, grinste, kicherte und trockene Kommentare abgab, aber dass er laut lachte, kam selten vor. »Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie ich der Kurfürstin von Hannover und Thronerbin von England erklären werde, dass sie jetzt Partnerin von Kottakkal, der Königin der Malabari-Piraten, ist.«
    »Stellt Euch bitte vor, wie Ihr es Kottakkal erklären werdet«, schlug Jack vor, »denn das wird früher passieren.«

Malabar
    ENDE 1696 / ANFANG 1697
    Sie reisten jetzt als hindustanische Männer von Stand: Enoch und Jack hatten jeder einen leichten, zweirädrigen Wagen mit einem trabenden Ochsengespann davor. Jeder Wagen hätte zwei Passagiere aufnehmen können, vorausgesetzt, sie waren sehr enge Freunde, aber nachdem Jack und Enoch ihre verschiedenen Waffen, Bündel, Weinflaschen etc. eingepackt hatten, reichte der Platz nur noch für jeweils eine Person. Das passte Jimmy und Danny Shaftoe ausgezeichnet; die beiden taten, als hätten sie auf all ihren Reisen noch nie etwas so Sonderbares gesehen und wüssten gar nicht, ob sie belustigt oder angewidert reagieren sollten. Das war allerdings, bevor sie merkten, dass ihre Pferde im Verlauf eines langen Nachtmarschs kaum mit diesen trabenden Ochsen mithalten konnten. Ihre Eskorte – acht Musketiere und acht Bogenschützen, abgezogen von der endlosen Belagerung, die Schwert des Göttlichen Feuers angeblich gegen die Marathen durchführte – musste den ganzen Weg im Laufschritt zurücklegen.
    Am Tag hätte diese Geschwindigkeit zusammen mit der Sonne innerhalb von wenigen Stunden ihrer aller Tod bedeutet. So wachten sie etwa bei Sonnenuntergang auf, blieben noch ein paar Stunden im Lager, während die Hitze des Tages sich langsam verzog, machten sich dann zwei Stunden vor Mitternacht auf den Weg und eilten bis zur Morgendämmerung über Straßen und Pfade dahin. Jack hatte die Reise schon mehrmals gemacht und dabei gelernt, wie man sie in Etappen aufteilte, von denen jede in einem Mango- oder Kokoshain nahe einer Stadtmauer endete. Während die Sonne aufging, ebneten sie sich dort eine kleine Fläche, schlugen ihr Lager auf und schickten ein paar Läufer los – heranwachsende Jungen aus Jacks Jagir , die für ihre Anstrengungen ordentlich entlohnt wurden -, damit sie vor den Stadttoren herumlungerten, bis diese geöffnet wurden. Dann sollten sie hineingehen und um Lebensmittel feilschen, während die anderen im Schatten der Bäume schliefen. Die Waren wurden dann nach Sonnenuntergang geliefert, wenn die Gesellschaft sich für die nächste Etappe rüstete.

    Diese Art zu reisen war ganz und gar seriös und geschäftsmäßig und erforderte eine gewisse Anpassung von Jimmy und Danny, die sich auf ihrer Reise mit Enoch Root quer durch Eurasien reichlich Abstecher und Umwege gegönnt hatten. Jetzt war für nichts anderes Zeit als dafür, Strecken zurückzulegen oder Vorbereitungen dazu zu treffen. Nicht einmal zum Reden

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