Confusion

allein hierherkommen – stellt Euch vor, welche Aufregung hier herrschen würde, wenn wir eine Eskorte von Rowzindern mitgebracht hätten.«
    »Herrscht die nicht sowieso schon?«, fragte Jack. »Was zum Teufel treiben die da? Und warum sind die Perser hier? Und trügen mich meine rauchverbrannten Augen, oder ist das eine Gruppe von armenischen Fernhändlern?«
    Enoch sagte nur: »Schaut zu.« Also folgte Jack Enoch und schaute ihm beim Zuschauen zu.
    Anfangs war Jack davon überzeugt, dass sie an den Ort gekommen waren, wo sämtliche Teetassen Europas hergestellt wurden, denn überall gab es Lehmgruben, in denen Hindus hockten und teetassengroße Gefäße formten. Die wurden zum Brennen zu Brennöfen gebracht. Wenn es wirklich Teetassen waren, dann aber grobe, dickwandige ohne Henkel oder Verzierung, die außerdem alle mit einem gewölbten Deckel versehen waren. Unweit davon gingen andere merkwürdige Dinge vor sich: Rauchende Öfen wurden mit Bambusstangen und Resten von Teakholzstämmen beschickt, um Holzkohle zu gewinnen. Jack war sicher, dass einiges von diesem Teakholz Abfallstücke von seinem Schiffsbauprojekt waren, und folgerte, erst verärgert, dann amüsiert, dass seine Kulis einem Nebenerwerb nachgingen.
    Teak und Bambus waren nicht die einzigen pflanzlichen Stoffe, die in dieses steinige Tal gebracht wurden. Hutzelige Hochlandbewohner schwankten unter Reisigbündeln einher, die größer waren als sie selbst, und wurden von wichtig aussehenden Leuten in Silber bezahlt. Jack erkannte nicht, um welche Art Reisig es sich handelte, vermutete
aber angesichts des Preises, der dafür bezahlt, und der Ehrerbietung, die ihm zuteil wurde, dass es von irgendeiner den Hindus heiligen Pflanze stammen musste.
    All diese Zutaten kamen vor einem hoch aufragenden Lehmofen zusammen, einer Art glühendem Termitenhügel vom Ausmaß einer kleinen Kirche, der sich in der Mitte des Geländes erhob und doppelt so alt aussah wie alles, was Jack in Ägypten gesehen hatte. Ein alter Mann mit dem Habitus eines Priesters saß in der Hocke neben einer Pyramide aus groben Teetassen. Er wühlte mit der Hand in einem Sack voll schwarzem Sand, wie ihn der Carnaya am Flussufer ausgewaschen hatte, und ließ ihn zwischen den Fingern hindurch in den kleinen Schmelztiegel rieseln, wobei er anscheinend jedes einzelne Korn mit seinen schrumpligen Fingerspitzen betastete und alle, die sich nicht richtig anfühlten, wegschnipste. Dann suchte er sich ein paar Holzkohlestückchen aus, zerkleinerte sie, falls nötig, noch weiter und pflückte ein paar Blätter und Blüten von einem riesigen, ausladenden Bündel magischer Zweige, um sie auf der Holzkohle anzuordnen wie ein französischer Küchenchef die Garnierung auf einem Cassoulet. Dann wanderte seine Hand zurück in den Sack mit dem schwarzen Sand, und er wiederholte die Prozedur, Schicht für Schicht, bis das kleine Gefäß voll war. Nun bekam es noch seinen Deckel, und dann wurde es ganz vorsichtig einem Assistenten übergeben, der den Deckel rundherum mit feuchtem Ton versiegelte.
    Die fertigen Schmelztiegel, die aussahen wie leicht abgeflachte Lehmbälle, wurden wie Kanonenkugeln in der Nähe des großen Schmelzofens gestapelt. Sie wanderten jedoch noch nicht hinein, denn gerade wurde eine andere Ladung gebrannt: Jack konnte einen Blick hineinwerfen und sah einen Haufen ähnlicher Schmelztiegel, der in der Hitze wie eine Traube reifer Früchte leuchtete.
    »Donnerwetter«, sagte Enoch Root, »sie sind nur rot-, nicht gelbglühend. Das bedeutet, dass das Eisenerz gar nicht geschmolzen wird. Stattdessen wird die Holzkohle vom Eisen absorbiert, auch wenn dieses immer noch fest ist.«
    »Warum verbrennt die Holzkohle nicht einfach?«
    »In die versiegelten Schmelztiegel kommt doch keine Luft hinein«, sagte Enoch scharf. »Stattdessen verbindet sie sich mit dem Eisen zu Stahl.«
    »Wir haben also diesen ganzen Weg zurückgelegt, um einem Haufen Asiaten beim Herstellen von Stahl zuzuschauen?!«

    »Nicht irgendeinem Stahl.« Enoch strich sich den Bart. »Die Diffusion muss sehr langsam vonstatten gehen. Achtet einmal darauf, mit welcher Sorgfalt sie das Feuer schüren – sie müssen es über Tage hinweg rotglühend halten. Ihr ahnt nicht, wie schwierig das ist – dieser Junge mit dem Schürhaken muss vom Feuer so viel verstehen wie Vroom von Schiffen.«
    Der Alchimist starrte weiter in den Lehmofen, bis Jack fürchtete, sie würden so viele Tage an dieser Stelle verharren, wie für den