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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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tat er; aber was er mir in Wirklichkeit erzählte, war, dass er und seine Gefährten für mich lebendig, als Sklaven, mehr wert waren denn als kopflose Leichen, die im Golf von Khambat auf und ab tanzten.«
    »Eure Majestät trafen eine weise Entscheidung«, sagte Enoch Root.
    »Daran habe ich oft gezweifelt«, sagte die Piratenkönigin. »Dappa ist ein Linguist, was (wie er mir erklärte) einen Mann mit einer hervorragenden Zunge bezeichnet, und er hat mehr als einen Weg gefunden, seine Zunge zu meinem Vergnügen einzusetzen. Gabriel Goto hält den Garten gut, wenn auch auf etwas kuriose Weise, in Schuss. Moseh kam mir wie ein nutzloser Esser vor. Meine Berater drängten mich oft, die Gruppe auseinanderzureißen und sie mit Verlust zu verkaufen. Tatsächlich war ich in der ersten Zeit mehrmals nahe daran, es gibt nämlich
einen hervorragenden Sklavenmarkt in Goa und einen weiteren in Malakka. Als aber Jackshaftoe vom Großmogul sein Jagir erhielt, änderte sich alles, und der Bau des Schiffes begann. Inzwischen wetteifern sogar meine skeptischsten Kapitäne miteinander um die Ehre, die Schiffsmasten zur Verfügung stellen zu dürfen.«
    »Ich habe mich schon gefragt, woher Ihr wohl die Masten nehmen würdet.«
    »Folgt mir, oh Waffenbringer«, sagte Königin Kottakkal, fuhr herum und schritt durch Gabriel Gotos Papierhaus nach draußen. Sie ging so entschlossenen Schrittes, dass der Wind, den sie dabei erzeugte, trockene Palmblätter von Stapeln fertiger Kunstwerke herunterwehte. Die Männer beeilten sich, sie einzuholen, und mit dem Wind, den auch sie produzierten, wirbelten düstere Zeichnungen von den Gefahren der Seefahrt auf, jagten hierhin und dorthin und segelten träge auf der schweren Luft dahin. Unter ihnen bemerkte Jack ein paar, wie er glaubte, in japanischer Schrift verfasste Briefe – sie waren auf Reispapier geschrieben und wirkten verwittert und weit gereist.
    »Was gibt es Neues von deinen Brieffreunden in Japan und Manila?«
    Gabriel Gotos Miene verriet keine besondere Reaktion, aber plötzlich wandte er sich Jack zu. »Bisher bin ich nicht davon ausgegangen, dass du dich in irgendeiner Weise für die internen Auseinandersetzungen zwischen Japan und den christlichen Ronin , die in Manila im Exil leben, interessierst«, bemerkte er schroff.
    »Aber jetzt, da ich so etwas wie ein König bin, muss ich meinen Horizont erweitern – deshalb übe bitte Nachsicht.«
    »Der Schogun hortet nach wie vor Silber für den internen Gebrauch – was bedeutet, dass er die Holländer in Nagasaki dazu gebracht hat, für die Waren, die sie von ihren Schiffen laden, Goldmünzen zu akzeptieren. In letzter Zeit hat der Schogun das Gold jedoch so stark abgewertet, dass die Holländer gezwungen sind, sich stattdessen mit riesigen Mengen von Kupfermünzen bezahlen zu lassen.« Er hielt inne und suchte in Jacks Gesicht nach Zeichen von Unverständnis oder Langeweile. Sie folgten den anderen über einen Hof, auf dem Hindu-Statuen in einem Meer von Blüten untergingen und Quellen lieblich plätschernde Bäche speisten.
    »Spann mich nicht auf die Folter!«
    »Diese ganzen Dinge befinden sich jetzt unter der strengen Kontrolle einer Familie namens Mitsui – sie haben etwas gegründet, was ihr eine Bank nennen würdet.«

    »Ich vermute, du hast Verbindung zu den Leuten deines Onkels – den Bergwerksbesitzern – aufgenommen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Na ja, es ist doch klar, dass die Goldabwertung für jeden, der in Japan eine Kupfermine unterhält, von großer Bedeutung ist.«
    Allem Anschein nach schockiert darüber, dass er durchschaut worden war, verstummte Gabriel Goto. Sie hatten mittlerweile die Gemächer der Königin betreten und folgten ihr eine Galerie entlang. Sie war mit Enoch Root ins Gespräch vertieft, aber Jack hatte den Eindruck, dass dieser während der Pausen, wenn Dappa übersetzte, die Ohren in ihre Richtung spitzte.
    »Da dein unerklärliches und neues Interesse an Schwankungen der japanischen Währung so ausgeprägt ist«, fuhr Gabriel Goto fort, »werde ich dich nicht darüber im Unklaren lassen, Jack, dass das alles sehr kompliziert ist. Der Schogun hat im Grunde mehrere Abwertungen vorgenommen, indem er versuchte, mehr Metall aus dem Boden zu holen und damit den Geldbestand zu vergrößern, was in seinen Augen zu einer entsprechenden Steigerung der Warenproduktion führen wird. So sieht es jedenfalls aus der Perspektive eines Minenbesitzers aus – was letztlich die einzige mir offen stehende

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