Confusion
Kirche waren weitgehend intakt, obwohl von Rauch kohlschwarz gefärbt. Die großen Dachbalken waren brennend auf den Fußboden herabgestürzt und lagen immer noch dort, genau wie zahlreiche verkohlte Kirchenbänke, die kreuz und quer in einer knietiefen Schicht aus Dachziegelscherben standen. Stellenweise allerdings, besonders näher zum Altar hin, hatten man Binsenmatten auf die verbrannten Balken gelegt, damit gut gekleidete Personen darauf sitzen konnten, ohne sich ihre Garderobe schmutzig zu machen. Um den Altar selbst war der Boden freigeschaufelt und gefegt worden, um einen freien Raum zu schaffen, wo man mit einer Substanz, die zu einer dicken braunen Kruste eingetrocknet war, ein Pentagramm auf den Boden geschmiert hatte. Der Altar und de Gex standen in der Mitte des Pentagramms.
»Um Christi willen, was habe ich getan...?«, sagte de Gex und versuchte erneut, sich zu bewegen, aber die Schmerzen in seinem Bein brachten ihn fast um. Er ließ sich zurücksinken und bekreuzigte sich.
Die d’Oyonnax lachte nachsichtig und schob eine Hand unter den Kopf ihres Cousins. »Ich habe mich gefragt, wie du reagieren würdest.«
»Ich musste aus Versailles fliehen«, sagte de Gex. »Davor war ich ein Schwachkopf – ich habe so lange gebraucht, um die Ungeheuerlichkeit dieser Verschwörung zu begreifen. Madame la Duchesse d’Arcachon
ist die Schlüsselfigur, aber sie steht – stand schon immer – mit L’Emmerdeur im Bunde. Der Baron von Hacklheber war ihr Feind, ist nun aber ihr Freund. Sie arbeitet Hand in Hand mit dem Junto zusammen. Newton – die Neuprägung in England -, alles Teil ein und derselben Verschwörung! Was konnte ich tun? D’Avaux hat ihr missfallen und wurde nach Stockholm abgeschoben! Er hatte noch Glück, dass er nicht vergiftet wurde – oder harpuniert, wie ich!«
»Das hört sich an«, sagte die Herzogin, »wie eine kleine Rede, die du auswendig lerntest, bevor du meinen Schlaftrank genommen hast, damit du sie Petrus vortragen konntest, falls du nicht wieder aufwachen würdest. Ich bin nicht Petrus, und das ist das Tor zur Hölle, nicht zum Himmel. Aber wenn du die Rede trotzdem vortragen möchtest, dann fahr bitte fort.«
»Du musst verstehen, Cousine, dass ich dich nicht hätte behelligen müssen, wenn das das ganze Ausmaß der Verschwörung gewesen wäre. Denn mein Orden ist nicht ohne eigene Ressourcen; und in Verbindung mit dem Offizium der heiligen Inquisition gibt es wenig im Himmel oder auf Erden, das nicht erreichbar wäre. Aber das war, bevor ich begriff, dass sie niemand anderen als Bonaventure Rossignol persönlich verführt hatte!«
»Sosehr ich sie auch verabscheue, muss ich doch zugeben, dass das ein Meisterstreich war. Denn wer außer le Roi persönlich könnte ein mächtigerer Verbündeter für eine raffinierte und hinterhältige Schlange wie Madame la Duchesse d’Arcachon sein?«
»Eben! Damals ging mir auf, dass sie mich wie eine Fliege in ihrem Netz gefangen hat. Denn es gibt nichts, was ich in diesem Leben tue, das nicht von Hunderten von Höflingen beobachtet wird, die allesamt klatschen und vielfach auch Briefe schreiben. Infolgedessen weiß Rossignol zwangsläufig alles, was ich tue, und gibt es an Madame la Duchesse d’Arcachon weiter, während sie Unzucht treiben! Da erkannte ich, dass ich hilflos sein würde, solange ich in diesem Leben – in dieser Welt – bliebe. Der fehlgeschlagene Mordversuch hat mir – gelobt seien Gott und seine wunderbaren Wege – einen überzeugenden Vorwand geliefert, jung zu sterben. Daher die Bitte, die ich dir ins Ohr geflüstert habe – und die dir sehr seltsam erschienen sein muss.«
»Sieh dich um, nachdem du ausgerechnet hier wiederauferstanden bist, und sag mir, was seltsam ist«, verlangte die d’Oyonnax.
»Nachdem unser Erlöser am Kreuze gestorben war, stieg er bis auf den Grund der Hölle hinab, ehe er wieder zum Licht aufstieg«, bemerkte
de Gex. »Trotzdem muss ich wissen, Cousine, ob du einen der Gefallenen angerufen hast – ob mein Tod und meine Wiederauferstehung durch dämonische Nekromantie bewerkstelligt wurden, oder...«
»Dämonische Nekromantie ist so langweilig und mit unbeabsichtigten Folgen befrachtet«, sagte die d’Oyonnax, »wo doch Mohnsirup den Zweck genauso gut erfüllt. Es ist alles eine Frage der Dosierung – schwierig zu berechnen, besonders bei einem wie dir, der geschwächt war.«
»Warum hast du dann beschlossen, mich ausgerechnet hierherbringen zu lassen?«
»Für den Fall, dass
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