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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Bühnenrequisiten, nichts weiter – Fetische und Reliquien einer lächerlichen Pseudoreligion, die ich verachte und nur hervorgekramt habe, um dir einen Schrecken einzujagen – ganz so, wie Priester in der Kirche Bauern erschrecken, indem sie vom Höllenfeuer predigen. In diesem Falle bin ich eine zynische Atheistin. Habe ich recht?«
    »Ja, Cousine.«
    »Und so wird einer von uns in die Hölle kommen und der andere in den Himmel. Aber wir können nicht beide am selben Ort enden. Ich weiß, an welchem, du nicht. Ich habe die Macht, es dir zu sagen, ziehe es jedoch vor, dir dieses Wissen vorzuenthalten. Du magst dich, wann immer du dich dazu bereit fühlst, auf deine Suche zur Wiedergewinnung des salomonischen Goldes machen, aber du wirst es tun, ohne die Antwort auf deine Frage zu kennen.«
    De Gex schüttelte den Kopf, zu verwirrt, um das Grauen seiner Lage zu empfinden. »Es heißt, Nekromanten hätten diejenigen, die sie zum Leben erweckt haben, in ihrer Gewalt«, sagte er, »aber ich hätte nie gedacht, dass das so aussehen würde.«
    »Für mich wäre ein passenderer Vergleich die Art, wie ein Priester den Verstand seiner Schäflein versklavt«, sagte die d’Oyonnax. »Aber das ist Nebensache. Ich habe längst den Überblick darüber verloren, wie oft sich irgendein Höfling an mich herangemacht und behauptet hat, er sei von meiner Schönheit, meinem Geist oder meinem Parfüm gefesselt; natürlich stellt sich am Ende jedes Mal heraus, dass sie keineswegs gefesselt sind. Trotzdem habe ich mich stets gefragt, wie es wohl sein würde, jemanden in meiner Gewalt zu haben; und da du mich, seit wir Kinder waren, so sehr tyrannisiert hast, was die Aussichten für meine unsterbliche Seele angeht, kann ich mir niemanden vorstellen, der dieses Sklavenschicksal mehr verdiente. Wisse, dass dein leerer Sarg mit allem gebührenden Zeremoniell in der Familiengruft
in Gex beigesetzt werden wird. Wo Edmund de Ath eines Tages ruhen wird, lässt sich nicht sagen; und wo seine Seele enden wird, ist mein Geheimnis.«

Winterquartier der King’s Own Black Torrent Guards nahe Namur
    MÄRZ 1669
    »Sergeant Shaftoe meldet sich wie befohlen, Sir«, kam eine Stimme aus der Dunkelheit.
    »Ich habe einen an Euch adressierten Brief, Shaftoe«, antwortete eine andere Stimme – eine college-kultivierte Stimme. »Ich dachte, wir könnten uns als militärische Übung auf die Suche nach einer Lichtquelle machen, damit ich etwas anderes tun kann, als mit den Fingern darüberzufahren.«
    »Hauptmann Jenkins’ Kompanie hat bei ihrer ›Übung‹ heute Mittag etwas Reisig gesammelt und verbrennt es dort drüben.«
    »Ah, mir war doch so, als röche ich Rauch. Wo zum Teufel haben sie etwas zum Verbrennen gefunden?«
    »Auf einer winzigen Sandbank in der Meuse, drei Meilen stromaufwärts. Die Franzosen waren noch nicht hingelangt, weil es ihnen an Schwimmern fehlt. Aber in Hauptmann Jenkins’ Kompanie gibt es einen, der hundepaddeln kann, wenn er muss. Heute musste er. Er ist mit einem Seil zu der Sandbank hinübergelangt und hat sie leergeräumt, während die Franzosen vom anderen Ufer aus zitternd zusahen und Steine warfen.«
    »Das ist genau die Art von Initiative, die ich von den Black Torrent Guards erwarte!«, rief Oberst Barnes aus. »Sie wird ihnen in den kommenden Jahren gute Dienste leisten!«
    Bis zu diesem Punkt war das Gespräch durch eine Wand aus schimmeliger Leinwand vonstatten gegangen, denn Oberst Barnes befand sich innerhalb und Sergeant Shaftoe außerhalb eines Zeltes. Die Sätze von Barnes wurden von Poltern und Scheppern interpunktiert, während er Degen, Stiefel, Holzbein und Mantel anlegte. Das Zelt war eine geisterhafte Wolke im Sternenlicht. Es wölbte sich an einer Seite,
als Barnes sich zwischen den Klappen hindurch nach draußen schob; dann wurde er vollends unsichtbar. »Wo seid Ihr?«
    »Hier.«
    »Ich sehe überhaupt nichts«, rief Barnes aus, »das ist eine ausgezeichnete Übung.«
    »Ihr könntet in einem Haus mit Kerzen wohnen«, sagte Bob Shaftoe nicht zum ersten Mal.
    Tatsächlich hatte Barnes den größten Teil des Winters in einem Haus verbracht, das von diesem, dem Winterlager seines Regiments aus ein Stück weit die Straße hinauf lag; doch irgendeine kürzlich aus England empfangene und verdaute Nachricht hatte ihn veranlasst, es zu räumen, in einem Zelt unter seinen Männern Quartier zu nehmen und mit einem Mal alles, was sie taten, als Übung zu bezeichnen. Die Veränderung war vielfach aufgefallen,

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