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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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ich die Dosis falsch kalkulieren und dich, wenn ich den Sarg öffnete, nicht nur dem Anschein nach, sondern de facto tot vorfinden würde, war es von Anfang an mein Plan, die Künste des Nekromanten anzuwenden, um dich wieder zum Leben zu erwecken.«
    De Gex brauchte ein paar Augenblicke, um das zu verdauen.
    »Aber Cousine, ich hatte immer geglaubt, du hättest ein Interesse an den schwarzen Künsten nur vorgegeben, als das Mode war, vor Jahren, als du jung und töricht warst. Du hättest das alles für ausgemachten Unsinn gehalten.«
    »Du warst wütend auf mich, Édouard, weil ich es alles für Unsinn erachtet habe! Denn wenn man Satan als Ausgeburt der menschlichen Phantasie bezeichnet, ist man nur einen Schritt davon entfernt, dasselbe von Gott zu sagen, nicht wahr?«
    »In der Tat, Cousine, es wäre mir lieber, du wärst eine aufrichtige Satanistin, als eine, die heuchelt; denn die Erstere erkennt Gottes Majestät an, während die Letztere eine Atheistin und zum Feuersee verdammt ist.«
    »Dann sieh dich um und zieh deine eigenen Schlüsse.«
    »Ich sehe die Reliquien und Zeichen der schwarzen Messe, die noch brennenden Kerzen, das umgedrehte Kreuz. Ich schließe daraus, dass noch Hoffnung für dich besteht. Ob freilich noch Hoffnung für mich besteht, weiß ich nicht.«
    »Was meinst du damit, Édouard?«
    »Du warst seltsam zurückhaltend, was die Frage angeht, ob ich am Leben oder tot war, als man den Sargdeckel abgenommen hat; das heißt, ob ich jetzt aufgrund von Riechsalz am Leben bin, oder weil du an meinem Leichnam Nekromantie angewandt hast.«
    »Vielleicht werde ich dir das eines Tages erzählen«, sagte die d’Oyonnax.
Sie hob ein Bündel Kleider vom Boden auf und ließ es auf seinen Schoß fallen. »Zieh dir die Jesuitentracht aus und diese hier an.«
    Zu vieles war in zu kurzer Zeit auf den von Opiat betäubten Verstand eingestürmt. »Ich verstehe nicht.«
    »Du musst Folgendes verstehen: Du bittest mich um zu viele Gefallen. Vielleicht bin ich nicht so verschieden von Eliza, wie du dir einbildest. Sie ist eine Geschäftsfrau – sie tut nichts umsonst. Du, Cousin, hast mir eine ungeheure Menge an Ärger und Kosten verursacht. Du hast von mir den Tod, einen maßgefertigten Sarg, die Wiederauferstehung, sicheres Geleit aus Elizas Netz und nun auch noch eine sichere Identität bekommen.« Sie klopfte auf das Bündel: Es war die Robe eines Geistlichen, aber hellgrau, nicht das Schwarz der Jesuiten. »Du bist jetzt Edmund de Ath, ein belgischer Jansenist.«
    »Ein Jansenist?«
    » Wie könnte sich ein Jesuit besser tarnen als dadurch, dass er zur Nemesis der Jesuiten wird? Zieh dir das an, rasiere dir den Bart ab, und die Verwandlung ist vollkommen. Du kannst dich als neuer Mensch auf deine Suche in den Osten begeben. Ich bin sicher, die Jansenisten in Goa, Macao und Manila werden sich über deine Gesellschaft freuen!«
    »Die Verkleidung müsste helfen«, sagte de Gex. »Ich danke dir dafür. Dafür und für alles andere.«
    »Habe ich nicht viel für dich getan?«
    »Das hast du ganz sicher, Cousine, aber...«
    »Dann rasiere dich und zieh deine neuen Kleider an, und dann gehen wir unserer getrennten Wege.«
    »Ich will nur wissen, ob mich das Rezept eines Chymikers oder die Mächte der Finsternis wieder zum Leben erweckt haben!«
    »Ja. Das hast du bereits deutlich gemacht.«
    »Und...?
    »Und ich dachte, ich hätte Euch klargemacht, Edmund de Ath, dass ich Eure Frage zu diesem Zeitpunkt nicht beantworten möchte.«
    »Aber es wäre ganz einfach für dich! Und es macht einen himmelweiten Unterschied.«
    Die d’Oyonnax lächelte und schüttelte den Kopf. »Du widersprichst dir selbst – typisch für einen Jansenisten! Eben weil es einen himmelweiten Unterschied macht, kann es niemals einfach sein. Édouard, wende einen Moment lang deine jesuitische Logik an. Wenn ich dich durch Nekromantie zum Leben erweckt habe, dann heißt das,
dass du jetzt den Legionen der Hölle angehörst – und dass ich eine Nekromantin bin -, und das wiederum heißt, ich glaube, dass sowohl Gott als auch Satan real sind – und kann demzufolge auf Erlösung hoffen, wenn ich mich nur bereit erkläre, die Seite zu wechseln. Habe ich so weit recht?«
    »In der Tat, Cousine, du hast so schlüssig argumentiert wie nur je ein Mensch.«
    »Wenn ich das alles dagegen mit Drogen vom Apotheker getan habe, dann gehört deine Seele wie eh und je Gott. Dieses Drumherum« – sie deutete auf das Pentagramm, die Kerzen – »sind

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