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Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Schnapskaschemmen für Getränke verhökert werden.«
    »Was! Davon hat man mich nicht unterrichtet!« D’Avaux wurde so rasch rot, als hätte man ihm einen Becher Blut ins Gesicht geschleudert.
    »Ihr wart vierzehn Tage lang auf einem Boot, wie hätte man Euch da unterrichten können? Ich unterrichte Euch jetzt, Monsieur.«
    »Man hat mich veranlasst zu glauben, diese Papiere wären in Euren Besitz gelangt, Mademoiselle, und Ihr wärt es, die ich dafür verantwortlich zu machen habe!«
    »Was man Euch zu glauben veranlasst hat, spielt keine Rolle«, sagte Eliza, »sondern nur das, was der Fall ist. Und deshalb möchte ich Euch sagen, was der Fall ist. Die Diebe, die Eure Papiere stahlen, haben sie nach Dünkirchen geschickt, das ist wahr. Vielleicht haben sie sich sogar der Vorstellung hingegeben, ich würde sie kaufen. Ich habe mich geweigert, mich zu einer derart ehrlosen Transaktion herabzulassen.«
    »Vielleicht könntet Ihr mir dann erklären, Mademoiselle, wieso Ihr in diesem Moment einige dieser Papiere auf Eurem Schoß liegen habt!«
    »Unter Dieben gibt es keine Ehre, wie es so schön heißt. Als diese
Schurken feststellten, dass ich mich standhaft weigerte, mit ihnen Geschäfte zu machen, begannen sie andere Käufer zu suchen. Der ganze Packen wurde in kleinere Partien aufgeteilt, die über verschiedene Kanäle zum Verkauf angeboten wurden. Um die Sache noch komplizierter zu machen, haben sich die Diebe, wie es scheint, untereinander zerstritten. Ich kann der ganzen Geschichte nicht mehr recht folgen, um Euch die Wahrheit zu sagen. Als sich abzeichnete, dass die Papiere in alle vier Winde verstreut zu werden drohten, machte ich mir die Mühe, sie, soweit verfügbar, zurückzukaufen. Die auf meinem Schoß sind alle, die ich bislang zusammenbringen konnte.«
    D’Avaux war um höfliche Worte verlegen und konnte nur den Kopf schütteln und vor sich hin murmeln.
    » Ihr mögt verstimmt sein, Monsieur, und undankbar; aber ich bin froh, dass ich imstande war, einen kleinen Teil meiner Schuld Euch gegenüber zurückzuzahlen, indem ich einige Eurer Papiere wiedererlangt habe...«
    »Ihr gebt sie mir zurück?«
    »Soweit ich dazu imstande bin«, antwortete Eliza mit einem Achselzucken. »Sie alle wiederzuerlangen, dürfte länger als einen Tag, eine Woche oder einen Monat dauern.«
    »…«
    »Nun habt Ihr Euch«, fuhr Eliza fort, »vorhin in Spekulationen darüber ergangen, wo ich wohl enden werde. Einige Eurer Vorstellungen zu diesem Thema sind recht phantastisch, ja geradezu barock. Einige sind für Menschen von Geblüt geschmacklos, und ich werde so tun, als hätte ich sie nicht gehört. Ich erkenne durchaus, dass Ihr das Vertrauen in mich verloren habt, Monsieur. Ich weiß, Ihr müsst so verfahren, wie es Euch die Ehre diktiert. Geht also nach Versailles – denn ich kann nicht so schnell reisen wie Ihr, da mich ein kleines Kind und ein Haushalt behindern und ich mit dem Vorhaben beschäftigt bin, Eure Papiere zurückzuerlangen. Legt dem König Euren Fall vor. Lasst ihn wissen, dass ich keine Adelige bin, sondern eine gewöhnliche Dirne, die keine bessere Behandlung verdient hat. Dies zu erfahren wird ihn verblüffen, denn er hält mich für eine erbliche Gräfin. Ich bin eine enge Freundin seiner Schwägerin und habe ihm zudem erst kürzlich über eine Million livres tournois meines eigenen Geldes geliehen. Aber Eure Überzeugungskräfte sind legendär. Ihr habt sie ja schon bei Eurer Versetzung nach Den Haag demonstriert, als Ihr die Ambitionen jenes Blenders Wilhelm von Oranien so wirksam im Zaum gehalten habt.«
    Das war ein echter Tiefschlag, der Avaux sprachlos machte – nicht so sehr vor Schmerz als vielmehr aus einer merkwürdigen Mischung von Entsetzen und Ehrfurcht heraus.
    Eliza fuhr fort: »Ihr könnt den König dazu bringen, alles zu glauben – zumal Ihr ja auch so überzeugende Beweise habt. Was war es doch gleich? Ein Journal?«
    »Ganz recht, Mademoiselle – Euer Journal.«
    »Wer ist im Besitz dieses Buches?«
    »Es handelt sich nicht um ein Buch, wie Ihr sehr wohl wisst, sondern um einen bestickten Kissenbezug.« Hier begann d’Avaux erneut rosa anzulaufen.
    »Einen... Kissenbezug?«
    »Ja.«
    »Auf Englisch heißt das übrigens ›sham‹ und ist zugleich das Wort für ›Schwindel‹. Sagt mir, ist noch andere Bettwäsche in den Skandal verwickelt?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Vorhänge? Teppiche? Geschirrtücher?«
    »Nein, Mademoiselle.«
    »Wer ist denn im Besitz dieses...

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