Confusion
aller schuldigen Dankbarkeit an, Madame«, sagte Eliza.
» Meine Wäscherinnen tragen keine Handschuhe!«, schnaubte die Herzogin, als hätte sie jemand in irgendeinem Punkt angegriffen. Das setzte dem Gespräch für kurze Zeit einen Dämpfer auf. Sie hatten die Nebengebäude hinter sich gelassen, umfuhren eine Koppel, auf der bei besserem Wetter die Jagdpferde des Herzogs trainiert wurden, und gelangten nun in einen bewaldeten Wildpark, der kahl und blattlos im Zwielicht lag. Pontchartrain öffnete die Schieber zweier Kutschlaternen, die über den Ecken der Bänke baumelten, und gleich darauf glitten sie in einem kleinen Hof von Lampenlicht durch die düsteren Wälder. Nach einer Weile gelangten sie zu einer Steinmauer, die den Wald in zwei Teile schnitt. Sie wurde von einem Tor durchbrochen, das offen stand und – zumindest nominell – von einem halben Dutzend Musketieren bewacht wurde, die um ein Feuer herumstanden. Die Mauer war sechsundzwanzig Meilen lang. Das Tor war eins von zweiundzwanzig. Sie durchfuhren es und gelangten so in den Grand Parc, das Jagdrevier des Königs.
Die Herzogin schien die Sache mit der Seife zu bedauern und steigerte sich nun plötzlich in eine übertriebene Aufgeräumtheit.
»Mademoiselle la Comtesse de la Zeur hat gesagt, sie wird in La Dunette einen salon ins Leben rufen! Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht weiß, wie so etwas geht! Denn ich bin nur ein albernes altes Huhn und
für kluge Reden nicht geeignet! Aber sie hat mir versichert, man müsse nur ein paar Männer einladen, die so klug seien wie Monsieur Rossignol und Monsieur le Comte de Pontchartrain, und dann – ergäbe es sich ganz von selbst !«
Pontchartrain lächelte. »Madame la Duchesse, Ihr wollt mich und Monsieur Rossignol glauben machen, dass zwei Damen wie Ihr und die Gräfin, wenn Ihr privat zusammenkommt, nichts Besseres zu tun haben, als über uns zu reden?«
Die Herzogin war einen Moment lang verblüfft, dann stieß sie einen Juchzer aus. »Monsieur, Ihr neckt mich!«
Eliza drückte Rossignol besonders fest, und er wand sich unbehaglich.
»Bislang scheint es sich noch nicht zu ergeben, denn Monsieur Rossignol ist so still!«, bemerkte die Herzogin in einem seltenen faux pas; denn sie hätte wissen müssen, dass man einen stillen Menschen nicht dadurch ins Gespräch zieht, dass man darauf hinweist, dass er still ist.
»Ehe Ihr Euch uns angeschlossen habt, Madame, hat er mir erzählt, dass er sich mit einer höchst schwierigen Entschlüsselung herumgeschlagen hat – mit einem neuen Code, dem bislang schwierigsten, der vom Herzog von Savoyen benutzt wird, um sich mit seinem Verbündeten im Norden zu verständigen. Er ist abgelenkt – in einer anderen Welt.«
»Ganz im Gegenteil«, sagte Rossignol, »ich bin durchaus imstande zu reden, solange Ihr mich nicht auffordert, Quadratwurzeln im Kopf zu berechnen oder dergleichen.«
»Ich weiß zwar nicht, was das ist, aber es klingt schrecklich kompliziert«, rief die Herzogin aus.
»Ich werde Euch zu nichts Derartigem auffordern, Monsieur«, sagte Pontchartrain, »aber eines Tages, wenn Ihr nicht so beschäftigt seid – vielleicht im salon der Gräfin -, würde ich gern mit Euch über das reden, was ich tue. Ihr wisst vielleicht, dass Colbert vor einigen Jahren den deutschen Gelehrten Leibniz dafür bezahlt hat, eine Maschine zu bauen, die rechnen kann. Er wollte diese Maschine bei der Verwaltung der Finanzen des Königs verwenden. Leibniz lieferte die Maschine irgendwann, aber er war zwischenzeitlich von anderen Problemen abgelenkt worden, und mittlerweile dient er am Hofe von Hannover und ist damit zu einem Feind Frankreichs geworden. Der Präzedenzfall aber ist bemerkenswert: mathematisches Genie im Reich der Finanzen einzusetzen.«
»Das ist in der Tat interessant«, räumte Rossignol ein. »Allerdings hält mich der König mit dem Dechiffrieren sehr auf Trab.«
»An was für Probleme hattet Ihr denn gedacht, Monsieur?«, fragte Eliza.
»Was ich Euch jetzt sagen werde, ist ein Geheimnis und darf diesen Schlitten nicht verlassen«, begann Pontchartrain.
»Unbesorgt, Monsieur; könnte es einen absurderen Gedanken geben als den, dass einer von uns ein ausländischer Spion ist?«, fragte Rossignol und bekam zur Belohnung zu spüren, wie sich vier scharfe Fingernägel um sein Skrotum schlossen.
»Ach, in diesem Falle mache ich mir weniger um ausländische Spione als um einheimische Spekulanten Gedanken«, sagte der Graf.
»Dann ist Euer Geheimnis
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