Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Confusion

Confusion

Titel: Confusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
Vom Netzwerk:
Vielleicht habe ich mir einfach noch nicht das richtige Kleid ausgesucht.«
    »Dann solltet Ihr morgen einen Einkaufsbummel machen!«
    »Ein hübscher Gedanke, Kapitän. Aber zuerst brauche ich Geld. Und da es in Frankreich keines gibt, müsst Ihr aufs Meer hinausfahren und etwas Gold für mich erbeuten.«
    »Betrachtet es als getan! Ich schulde es Euch!«
    »Versucht, morgen daran zu denken, Jean Bart.«

Brief von Daniel Waterhouse an Eliza
    JANUAR – FEBRUAR 1690
    Mademoiselle de la Zeur,
    Danke für Euer Geschätztes vom Dezember 89. Es brauchte einige Zeit, um den Kanal zu überqueren, und meinem Schreiben wird es wohl nicht besser ergehen. Ich war gerührt von Eurer Anteilnahme und amüsiert von der Geschichte des Bauholzes. Ich hatte mir nicht klargemacht, wie sehr England in dieser
Hinsicht vom Glück begünstigt ist, denn wenn wir in London Bauholz benötigen, müssen wir lediglich einen Teil von Schottland oder Irland abholzen, wo noch ein paar Bäume stehen.
    Ich wäre Euch bei Eurem Bestreben, das Wesen des Geldes zu verstehen, gern von Nutzen, und sei es aus keinem anderen Grund als dem, dass ich es selbst gern verstünde. Aber ich kann Euch nicht helfen. Unser Geld ist schon so lange in erbärmlichem Zustand, wie ich am Leben bin. Angesichts dieses schlechten Zustandes fällt es nicht leicht festzustellen, wenn er sich noch weiter verschlechtert, doch genau das scheint gerade zu geschehen, so schwer das auch zu glauben ist. Nach der Entfernung meines Steins war ich einige Monate lang bettlägerig und musste das Haus nicht verlassen, um Dinge zu kaufen. Doch als ich soweit genesen war, dass ich mich wieder hinauswagen konnte, fand ich es eindeutig noch weiter heruntergekommen. Vielleicht fiel es mir aber auch, weil ich so lange nicht um die täglichen Käufe hatte feilschen müssen, nur wie Schuppen von den Augen, sodass mir die Absurdität der Lage deutlich wurde.
    Ich unterhalte laufende Konten bei mehreren Kaffeehäusern, Pubs und einem Flaschen-Ale-Haus in meiner Straße, damit nicht jeder kleine Kauf mit einem ermüdenden und lästigen Transfer von Münzen einhergehen muss. Viele, die häufiger ausgehen als ich, haben sich zu Gesellschaften, sogenannten Clubs, zusammengetan, die den Kauf von Nahrungsmitteln, Getränken, Schnupf- und Pfeifentabak etc. auf Kredit erleichtern. Wenn man dank irgendeines Wunders in den Besitz von als solche erkennbaren Münzen gelangt, stürzt man los und versucht, seine wichtigeren Konten auszugleichen. Das System knirscht in allen Fugen. Die Leute wissen es nicht besser.
    Inzwischen haben wir hier Whigs und Tories. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Rundköpfe und Kavaliere in neuem Gewande und weniger schwer bewaffnet. Die Tories beziehen ihr Geld aus dem Land, das sie besitzen. Grob vereinfachend könnte man sagen, dass Frankreich ein Land ist, das gänzlich aus Tories besteht, denn alles Geld dort kommt vom Lande. Ihr hättet vielleicht auch Whigs bekommen, wenn ihr die Hugenotten nicht vertrieben hättet. Und von einigen eurer atlantischen Seehäfen heißt es, sie seien ein wenig whigisch. Aber wie gesagt, ich vereinfache grob, um etwas zu verdeutlichen: Wenn Ihr versteht, wie
das Geld in Frankreich funktioniert, dann wisst Ihr alles über unsere Tories. Und wenn Ihr versteht, wie es in Amsterdam funktioniert, dann wisst Ihr alles über unsere Whigs.
    Die Royal Society schwindet dahin, und bis zum Ende des Jahrhunderts wird es sie vielleicht nicht mehr geben. Anders als unter Charles II. erfreut sie sich nicht mehr der Gunst des Königs. In jenen Tagen war sie eine auf Umwälzung in der neuen Bedeutung des Wortes hinwirkende Kraft; doch sie war so erfolgreich, dass sie konventionell geworden ist. Die Art von Menschen, die, da ohne Ventil für ihre Ideen, der Society ihr Leben geweiht hätten, wenn sie zur gleichen Zeit wie ich erwachsen geworden wären, können nun in der City, in den Kolonien oder durch Abenteuer im Ausland Karriere machen. Wir von der Royal Society gelten im Allgemeinen als Whigs. Unser Vorsitzender ist der Marquis von Ravenscar, ein sehr mächtiger Whig, der sich eifrig bemüht, Möglichkeiten zu finden, die Findigkeit der Fellows vor den Karren praktischer Ziele zu spannen. Zum Teil geht es dabei wohl um Geld, Staatseinkünfte, Banken, Aktien und andere Themen, die Euch faszinieren. Doch ich muss bekennen, dass ich bei derlei Fragen gar nicht mehr auf dem Laufenden bin.
    Im Gefolge unserer Umwälzung wurde Isaac Newton vor einem Jahr ins

Weitere Kostenlose Bücher