Confusion
der de Lavardacs kümmert, oder aus Brest, wo er für die Verschiffung von Menschen und Material zu unseren Streitkräften in Irland zuständig ist. Madame la Duchesse antwortet stets noch am selben Tage, in der Hoffnung, dass ihr Brief ihn erreicht, bevor er nach irgendeinem anderen Hafen weitergereist ist. Das war immerhin so häufig der Fall, dass Monsieur le Duc ein wenig über mich und was ich hier tue oder nicht tue erfahren hat; und in letzter Zeit hat er begonnen, mir persönlich im Cottage zu schreiben. Wie es scheint, soll ich mich der Familie noch auf andere Weise denn als gute Partie für Étienne nützlich machen. Der Herzog ist seit kurzem mit irgendeiner bedeutenden Transaktion befasst, die sich im Süden anbahnt und von der er sich eine große Menge barer Münze erhofft, wenn sie zustandekommt, was im Spätsommer der Fall sein soll. Mehr darüber zu berichten wäre indiskret, aber wenn ich seinen jüngsten Brief richtig lese, möchte er, dass ich mich um bestimmte Details kümmere: den Transfer einer größeren Menge von Metall über Lyon.
So habe ich also endlich etwas zu tun und kann damit rechnen,
dass die Zeit wieder langsamer verstreicht, wenn ich in heftige Bewegung gerate und die Beziehungen zu meiner gesamten Umgebung verändere.
Eliza Gräfin de la Zeur
La Dunette
MITTE JULI 1690
La Dunette bedeutete so viel wie »Schanzdeck«, jene erhöhte Stelle auf dem Achterkastell eines Schiffes, von der aus der Kapitän alles sehen konnte. Der Name war Louis-François de Lavardac, Duc d’Arcachon, vor etwa zwölf Jahren eingefallen, als er am Rande des Abhangs gestanden und zwischen zwei kahlen Bäumen hindurch über den zugefrorenen Sumpf, die spätere Pièce d’eau des Suisses , hinweg auf die Südseite der gewaltigen Baustelle gespäht hatte, aus der binnen kurzem der königliche Palast von Ludwig XIV. werden sollte.
Wenn der König etwas bauen ließ, ging es schneller voran als bei jedem anderem, teils weil er auf das Heer zurückgreifen konnte, und teils, weil er sämtliche qualifizierten Baumeister beschäftigte. Deshalb war La Dunette nichts weiter als eine leere Fläche hochgelegenen Geländes mit einem treffenden Namen gewesen, als le Roi seinem Cousin, dem Duc d’Arcachon, höchstpersönlich eine Führung durch seinen Palast hatte angedeihen lassen. Länger verweilt hatten sie sich besonders in den Gemächern der Königin: einer Reihe von Schlafkammern, Vorzimmern und Salons, die sich zwischen dem Friedenssalon und dem Gardesaal des Königs im Obergeschoss des Südflügels erstreckten. Durch diese Flucht von Gemächern waren der König und der Herzog ein Mal, zwei Mal, drei Mal in ganzer Länge hin- und hergeschlendert und dabei an jedem der hohen Fenster stehen geblieben, um den Blick über den Parterre Sud und die unterhalb davon liegende Orangerie zur eine Meile entfernten Erhebung des Bois de Satory zu genießen. Zu gegebener Zeit hatte der Duc d’Arcachon begriffen, was der König ihm hatte begreiflich machen wollen, nämlich dass jedes auf oder nahe dem Hügelkamm errichtete Gebäude der Königin die Aussicht verderben und ihr das Gefühl vermitteln würde, die de Lavardacs
spähten ihr von oben in die Schlafzimmerfenster. Und so hatte im Hôtel d’Arcachon in Paris ein großer Stapel teurer Bauzeichnungen als Kaminanzünder Verwendung gefunden, und der Herzog hatte den großen Hardouin-Mansart engagiert und ihn angefleht, ihm ein ganz und gar prächtiges – aber von den Fenstern der Königin aus unsichtbares – Château zu bauen. Mansart hatte einen Standort gewählt, der ein ganzes Stück vom Hügelkamm zurückgesetzt war. Infolgedessen war der Blick von den Fenstern des eigentlichen Château La Dunette aus beschränkt. Doch Mansart hatte eine Promenade angelegt, die in weitem Bogen an einem Zipfel des Parks entlang zu einem Pavillon führte, der bescheiden auf dem Rand des Abhangs saß und mit Rankpflanzen getarnt war. Von hier aus war die Aussicht großartig.
Ehe aufgetragen wurde, luden der Herzog und die Herzogin von Arcachon ihre insgesamt sechsundzwanzig Gäste ein, zu dem Pavillon hinauszuschlendern, den leichten Wind zu genießen (denn es war ein warmer Tag) und sich an der Aussicht auf das königliche Château von Versailles und seine Parkanlagen und Wasserläufe zu erfreuen. Aus dieser Entfernung war es schwierig, einzelne Menschen auszumachen, und unmöglich, Stimmen zu hören, aber große Gruppen waren deutlich zu sehen. Draußen in der Stadt, jenseits der
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