Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See
Zeugenaussagen, dass der Junge mit Gewalt vom Schulhof entführt wurde.«
»Trotzdem habe ich meine Zweifel an Otto Sieberts Darstellung der Entführung, seit ich weiÃ, dass der Entführer sein Sohn war.«
»Natürlich! Jetzt erst erkennen wir die undichten Stellen«, bestätigte Kullmann. »Bisher blieb die Frage offen, warum Moritz freiwillig mit einem Fremden mitgegangen ist. Heute wissen wir, dass es kein Fremder war.«
»Wer weiÃ, was Otto Siebert noch alles verschwiegen hat«, überlegte die Polizistin laut.
Kullmann warf ein Stück Holz nach, beobachtete das Feuer, das sich schnell daran festfraà und in Flammensäulen in die Höhe schoss.
»Was sagt Moritz Siebert über seine Entführung aus?«
»Er ist nicht in der Lage, etwas auszusagen. Er hat das Trauma niemals überwunden.« Kullmann schwieg eine Weile, zog tief die Luft ein und fügte niedergeschlagen an: »Ich habe den ballistischen Bericht genau durchgelesen. Dort hat ein Blutbad stattgefunden. Ãber tausend Patronenhülsen wurden gefunden. Bernd Schumachers Komplize war von mehr als hundert Kugeln getroffen worden, die junge Frau, die ihrem Hund nachgelaufen ist, von ungefähr zehn. Wie soll ein neunjähriges Kind so ein Massaker verarbeiten?«
»Warum so viele Kugeln?«
»Das hat mich auch stutzig gemacht. Ich habe alles genau durchgelesen und finde hier Aspekte, die ich nicht ganz verstehe.«
Anke horchte auf.
»Die Waffe des Sondereinsatzkommandos ist die MP 5. Bernd Schumachers Waffe war eine Uzi. Beide haben das gleiche Kaliber, 9 mm Para. Die Projektile, die aus Bernd Schumachers Komplizen entfernt wurden, warfen Fragen auf, denen niemals genauer nachgegangen worden ist.«
»Was heiÃt das?«
»Ich habe unserem Ballistiker die Abbildungen der Projektile gezeigt. Er will sich die Originale aus der Asservatenkammer genauer ansehen, weil er auch einen Verdacht hat.«
»Mach es nicht so spannend!«, drängte sie neugierig.
»Mein Verdacht ist, dass der Komplize von Bernd Schumacher nicht nur von den Kugeln der Polizeiwaffen getroffen wurde. Die Projektile sind zwar stark beschädigt, sodass es nur schwer festzustellen ist, aus welcher Waffe sie abgefeuert wurden. Aber unser Ballistiker erklärte mir, dass mit den heutigen Untersuchungsmethoden bessere Ergebnisse zu erzielen seien als vor fünfzehn Jahren. Er arbeitet daran.«
»Hast du die Befugnis, eigene Aufträge an unsere Kollegen der Kriminaltechnik zu geben?«
Kullmann grinste und meinte: »Jürgen hat die Kollegen darüber informiert, dass ich in seinem Einverständnis handele. Er weià meine Mithilfe besser zu schätzen als Forseti.«
»Forseti hat sich nur an dich erinnert, wenn er nicht mehr weiterwusste«, fügte sie zustimmend an.
Sie erhob sich und steuerte auf die Tür zu, die zum Esszimmer führte.
»Gehst du jetzt in den Feierabend?«, fragte Kullmann.
»Ja! Ich bin mit Sabine am Stall verabredet. Lisa darf das Pony ihrer Tochter Annabel reiten.«
»Schön, dass dir die Arbeit mehr Zeit für dich lässt.«
Anke nickte. Einerseits war es schön für sie und Lisa, andererseits hatte es den bitteren Nachgeschmack, nur ein unbedeutendes Licht auf der Dienststelle geworden zu sein. Durch Jürgen Schnurs Beförderung zum Leiter des Kommissariats war automatisch Esther an die Stelle gerückt, die Anke Deister noch innehatte, als Kullmann der Vorgesetzte war.
Kapitel 15
Steiner lag wach im Bett. Seit er seinen Hund in der Tierklinik abgeliefert hatte, konnte er nicht mehr schlafen. Das Tier fehlte ihm. Er fühlte sich einsam. Die durchwachten Nächte nutzte er, indem er die bevorstehende Treibjagd in Gedanken durchging. Um seinen Kummer zu verdrängen, arbeitete er wie ein Wilder. Er hatte Erdsitze erneuert, Waldwege begehbar gemacht, die Hochsitze kontrolliert, Einladungen an die Gäste versandt und eine Baufirma beauftragt, die Scheune herzurichten, wo das Schüsseltreiben nach der Jagd stattfinden sollte.
Eine weitere Aufgabe bestand darin, eine Treiberwehr zusammenzustellen. Bisher hatten sich Rolf West, Oliver West, Peter Magath, Siegmund Gerstner und Arthur Winter dazu bereit erklärt, wobei Steiner Bedenken hatte, wie diese unsportliche Gruppe den anstrengenden Marsch durchhalten wollte.
Zum Abschluss des Tages hatte er den Donze aufgesucht. Dort war er auf Helmut Brack
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