Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See
Informationen, sehe ich nur eine Verdächtige, die alle Kennzeichen der von Kullmann vorgetragenen Krankheit aufweist«, sprach Forseti. »Das ist Harald Steiners Tochter Anne Richter.«
Esther schnappte nach Luft. Sie befürchtete schon, dass sie sich verraten könnte, so sehr schockierte sie die Neuigkeit, dass Anne Richter Steiners Tochter war.
Diese Neuigkeit wühlte auch die anderen Kollegen auf. Das lieà Esther hoffen, ihre Reaktion fiele unter ihnen nicht auf. Doch als ihr Blick auf Forseti traf, wurde ihre Hoffnung zunichte gemacht. Sie sah das SchlimmsÂte kommen.
Und genau das traf ein, als Forseti weiter sprach: »Und wie wir wissen, ist es dem Versäumnis von Esther Weis zu verdanken, dass wir nicht schnell genug herausfanden, wer Harald Steiner niedergeschlagen hat. Der Tatsache, dass Anne Richter seine Tochter ist, dürfen wir keine Bedeutung beimessen. Sie lebte bei ihrer Mutter, bis diese vor einigen Monaten starb. Kontakt zu ihrem Vater hatte sie nicht. Die Gesinnung von Anne Richter ist mit Blutritualen im Zusammenhang zu sehen. Sie ist die Einzige, die ihre Affinität zur Schwarzen Szene demonstriert. Deshalb ist sie verdächtig. Sie muss verhört werden.«
»Anne Richter ist eine kleine, zierliche Frau. Wie soll sie einen starken Mann wie Bernd Schumacher in die Holzspaltmaschine bekommen? Oder Markus Darren in die Scheune schleppen?«, zweifelte Esther.
»Damit können Sie Ihr Versäumnis nicht rechtfertigen. Vermutlich hat sie Komplizen, was die Frau noch gefährlicher macht«, entgegnete Forseti frostig.
Niemand wagte sich, einen Ton von sich zu geben. Die Stimmung war zum ZerreiÃen gespannt. Alle spürten, dass Forseti noch nicht alles gesagt hatte.
Lange funkelte der Kriminalrat Jürgen Schnur an, bis er in eisigen Tonfall anfügte: »Sie wissen hoffentlich, wie Sie die Unterlassung Ihrer Mitarbeiterin zu behandeln haben?«
Schnur erwiderte Forsetis Blick. Es fiel ihm schwer, nicht zu kontern.
Kullmann riss das Gespräch an sich, um die Spannung, die sich im Raum ausbreitete, aufzulösen: »Wir können uns nicht darauf verlassen, dass Anne Richter die Täterin ist, nur weil sie sich einer Kultur angeschlossen hat, die ihre Ablehnung gegenüber der Gesellschaft mit schwarzen Kleidern zur Schau trägt. Es gibt harmlose Gruppen, wie die Gothic-Szene oder die Grufties.«
»Und wie erklären sich die Blutrituale?«, fragte Forseti ungehalten.
»Ich habe noch nicht alle Ergebnisse meiner Recherchen vorgetragen«, konterte Kullmann »Es gibt eine perverse Veranlagung von Männern, die beim Anblick von flieÃendem Blut sexuelle Befriedigung empfinden. Blut übt auf diese Menschen einen besonderen Reiz aus. Diese abnorme Veranlagung nennt man Hämatophilie. Sie äuÃert sich in lebhaften Träumen und Vorstellungen von Blut. Eine Steigerung der Hämatophilie ist die Hämatodipsie, ein rein erotischer Blutdurst. Der Zustand sexueller Erregung stellt sich beim Sehen, Hören oder Schmecken von Blut ein. Der Blutgenuss ersetzt jede Art von Geschlechtsverkehr, daher spielt das Geschlecht des Opfers keine Rolle.«
»Was ändert das an meiner Theorie?«, fragte Forseti unnachgiebig. »Ist Anne Richter damit aus der Schusslinie?«
Kullmann antwortete: »Es erweitert zumindest den Kreis der Verdächtigen. Völlig unabhängig von den Opfern könnte ein Mann hinter den Bluttaten stehen, ohne an den vorher erwähnten gesundheitlichen Einschränkungen oder an einer abnormalen Gesinnung zu leiden. Jemand, der aussieht wie wir, sich kleidet wie wir â nur mit dem Unterschied, dass er Sexualdelikte dieser Art begeht.«
»Ein bisschen viel Zufall, dass alle Opfer Trinkfreunde aus der Kneipe Donze sind.« Forseti blieb skeptisch.
»Vielleicht steht er auf alkoholische Blutgetränke«, meinte Kullmann grinsend.
»Das lenkt wieder den Verdacht auf Helmut Brack«, trug Anke vor. »Seine Frau hatte ihn verlassen, als er sich durch das Versäumnis, Bernd Schumacher anzuzeigen, jede Chance auf eine Karriere bei der Polizei verbaut hatte. Er hat nie wieder geheiratet. Von einer Lebensgefährtin ist auch nichts bekannt.«
»Du meinst, aus Langeweile trinkt er Blut, um sich zu befriedigen?«, hakte Schnur ungläubig nach.
»Eine lange Abstinenz ist unnatürlich.«
Die Besprechung schien sich im Kreis zu drehen. Allen Argumenten zum Trotz
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