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Coogans Fluch (German Edition)

Coogans Fluch (German Edition)

Titel: Coogans Fluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar Nietsch
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hinterdrein.
      Frank griff den Faden wieder auf: „Seit acht Monaten, seit dieser seltsamen Sache mit dem U.S. Marshall, denke ich immer wieder an diese Erzählungen. Sie handeln von heiligen, mächtigen Menschen, großen Schamanen und Zauberern, Lieblinge des großen Geistes und der Erde. Dank ihrer Macht leben diese Heiligen viele hundert Jahre. Doch fern von den Menschen, in unwirtlichen Gegenden. Frag mich nicht nach dem Grund – den hab' ich vergessen. Aber ich erinnere mich noch gut daran, dass es hieß: Wer ihre Ruhe nicht achtet, den strafen sie mit ihrer ganzen Macht. Klingt ziemlich verrückt, nicht war? Doch die Indianer glauben fest daran. Sie kennen die Gegenden, wo diese Heiligen leben und wagen es nicht, auch nur einen Fuß dorthin zu setzen. Sie glauben auch, dass dort, wo sich die Mine befinden soll, so ein Heiliger wohnt, Sally. Umso mehr ich darüber nachdenke, desto mehr erkenne ich in den Wolken eine Warnung. Als markieren sie eine Grenze, die nicht übertreten werden sollte.
    Halte mich ruhig für verrückt, Sally, doch du weißt selbst ganz genau, wie viele Menschen hier bereits spurlos verschwunden sind.“
      „Ich halte dich nicht für verrückt, Frank. Du glaubst also wirklich, Coogans Fluch ist so ein Schamane und auch für den Nebel verantwortlich?“
      „Ich glaube gar nichts, Sally. Doch da ich keine Antwort weiß, schließe ich diese Möglichkeit nicht aus.“ Soeben verschluckte sie die Wolkenmasse und augenblicklich schloss sich die dicke, feuchte Luft um ihre Körper und dämpfte jegliches Geräusch.
      „Du hattest nicht übertrieben, Frank“, sagte Sally nach einiger Zeit, inzwischen hatten sie zum Aufgebot aufgeschlossen. „Mir war noch niemals so unheimlich zumute wie jetzt. Als bestünden diese Wolken aus tausend Augen, doch Angst machen sie mir eigentlich keine.“
      Frank musste lachen: „Nein, und im Moment kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, warum ich mich heute Morgen so entsetzlich gefürchtet hatte. Mir war zumute, als wäre der Sensenmann hinter mir her. Elroy hat's zwar später nicht zugegeben, doch zitterte er mehr als seine Hunde, und nicht vor Kälte. Vielleicht sind wir beide auch schon zu alt und senil, wer weiß. Doch schwör’ ich dir, wäre diese Angst nicht auf einmal weg gewesen, hätten wir aus diesem Nebel nicht mehr raus gefunden. Erzähl das bitte nicht den anderen, sonst darf ich mir den Rest meines Lebens anhören, dass ich mir wegen ein bisschen Nebel fast in die Hosen gemacht hätte. Ich weiß nicht mehr, wie lange diese Angst dauerte, aber plötzlich war sie weg, einfach verschwunden und der Nebel hatte nichts Lebendiges und Feindseliges mehr an sich. Entweder, ich werde auf meine alten Tage schwachsinnig, oder aber, der Nebel hat uns wie ein Hund beschnuppert, uns als harmlos eingestuft, und verlor dann das Interesse. Dann stießen wir auf die Wolfsfährte und kehrten um.“
    Kopfschüttelnd lachte der Prospektor, doch sagte er nichts mehr. Auch Sally wusste nichts zu erwidern. Hätte ihr jemand anderes so eine Story aufgetischt, hätte sie den tatsächlich für übergeschnappt erklärt. Nicht so bei Frank und nach ihren eigenen, seltsamen Empfindungen, hatte sie ohnehin das Gefühl, alle Grenzen hätten sich verschoben. Nichts schien mehr der gewohnten Realität zu entsprechen. Sie fragte sich unwillkürlich, wie es Rick vor so vielen Monaten in dieser Gegend ergangen sein mochte.
      Schweigend stapften sie nebeneinander her. Längst hatte Sally es aufgegeben, irgendetwas in ihrer Umgebung erkennen zu wollen. Es war unmöglich zu sagen, ob die Kontur eines Felsen oder Baumes durch die Luftschwaden schimmerte oder ob das Spiel von Licht, Schatten und Nebel den Augen nur etwas vorflunkerte.
      „Dicht zusammenbleiben!“, drang irgendwann Bens Stimme zu ihnen, es hörte sich an, als befände er sich weit entfernt.
      „Wenn du mich fragst, dann sind wir ganz in der Nähe der Mine. Irgendwie eine Ahnung, als ob wir die Mine in wenigen Stunden erreichen könnten“, meinte Frank nach einer Weile.
      „Komisch, mir geht es nicht anders“, entgegnete Sally zögernd. „Irgendwie erscheint mir schon seit gestern alles so unwirklich, wie ein Traum. Manchmal denke ich, nicht mehr ich bestimme über das, was ich tue, sondern irgendetwas, das sich im Verborgenen hält. Als wenn mich eine unsichtbare Hand führen und meinem Schicksal entgegen treiben würde.“
      Nachdenklich betrachtete Frank das ernste Gesicht der jungen Frau,

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