Coogans Fluch (German Edition)
zuwarf, blitzten vor Zorn.
„Hättest halt dein Gewehr greifen sollen“, hielt Mike Jims Blicken entgegen.
Heftig schnaufte Jim aus und mit bedeutend milderem Blick sagte er: „Schon gut, Mike, doch ich hätte ihn erwischt. Verfluchte Scheiße, hundertprozentig hätte ich ihn erwischt. Jetzt hilf mir, das verdammte Ding da rüber zu schaffen.“
Erst als sie das Geschütz an der gewünschten Stelle postiert hatten, bemerkten sie, dass man kaum noch die Hand vor Augen erkennen konnte. „Verdammt, was soll das jetzt wieder bedeuten?“, rief Mike aus.
Ein monströser Wolf, weithin als Coogans Fluch bekannt, näherte sich der Schlucht. Allmählich brannte das Tageslicht helle Streifen durch die sich auflösenden Nebelfetzen. Langsam schob der Wolf seinen mächtigen Schädel über die Felskante und spähte mit funkelnden Augen in die Tiefe. Auf halber Höhe unter ihm, auf der Plattform einer künstlich geschaffenen Rampe, erblickte er zwei Männer, die ein seltsames Gewehr in Stellung brachten. Die Männer wirkten gereizt und achteten nicht auf ihre Umgebung.
Der Wolf hob die Schnauze und sog prüfend die Luft ein. Die Witterung von sich nähernden Hunden und aufgeregten Männern drang ihm in die Nase, noch eine Meile entfernt. Erneut blickte er in die Schlucht, seine Augen verengten sich, glühten. Die träge dahinschwebenden Nebelschleier gerieten in Aufruhr. Wie von heftigen Winden getrieben, flossen sie zusammen, vereinigten sich und sanken in die Schlucht. Nach wenigen Augenblicken erweckte der tiefe Graben den Eindruck eines aus feuchter Luft bestehenden, gemächlich dahinströmenden Flusses. Der Wolf zog sich zurück. Er hinterließ keine Spuren im Schnee.
Wenig später schlurfte ein alter Indianer durch die unterirdischen Gänge einer längst vergessenen Stadt. Er betrat eine Kammer, Felle und Decken bildeten die spärliche Einrichtung und in einer verrußten Öffnung der Wand glimmten die Reste eines Feuers.
Generationen lagen zurück, seit er sein Volk verlassen hatte und zum Hüter dieser Hallen geworden war. Damals war noch keine Nachricht von weißen Eroberern zu ihnen gedrungen, doch waren für ihn schon damals die Zeichen vom Ende eines Zeitalters unverkennbar gewesen.
Es lag sechs Winter zurück, als ihm die Mächte ein Gesicht gesandt hatten, ein Gesicht, das er zunächst nicht zu deuten vermocht hatte. Ihm folgte der finstere Mann und mit ihm die Visionen. Visionen, in denen dem alten Schamanen ein weißes Mädchen erschien. Sie sagte, ihr Name sei Miriam und sie berichtete von ihrem Bruder, der seine Seele finden müsse und den die Mächte dazu bestimmt hätten, hier sein Schicksal zu erfüllen. Zugleich das Schicksal des Kindes, über das der alte Schamane so viele Jahre wachte und das von den Mächten dazu bestimmt war, in der Welt der Weißen zu leben.
Diese Visionen wiederholten sich Nacht für Nacht und Miriam erzählte dem Schamanen mehr von ihrem Bruder, von der unglaublichen Kraft, die in ihm ruhte und vom Bann des Narbigen, dem außer Jonathan niemand widerstand. Miriam sagte ihm, was er ohnehin längst wusste, dass seine Welt im Sterben lag. „So höre“, beschwor sie ihn. „Gefiele es dir, wenn der Narbige zum Schicksal des Knaben würde – dem letzten Menschenkind auf Erden, dem die Gabe innewohnt? Die Mächte lenken die Welt, doch du weißt, wie viel Einfluss der Wissende auf die Geschehnisse nehmen kann.“ Nach diesen Worten verschwand Miriam aus seinem Geist und der Alte dachte lange über ihre Worte nach. Dann fasste er einen Entschluss.
So hatte der Schamane auf den Jäger gewartet und angefangen in die Geschehnisse einzugreifen. Und oft beschwor er die Mächte, versuchte ihren Willen und Absichten zu ergründen. Er erwartete keine Antwort, oder, dass er begriff. Die Mächte gaben keine Antwort – niemals. Doch wer, wie er, die Gabe besaß zu sehen, dem offenbarten sie ihren Willen.
Sie hatten ihm die Geistschwester des Jägers gesandt. Sie war der Vorbote gewesen, der den Alten darauf vorbereiten sollte. Ebenso das Schicksal dessen, was der Alte für abgeschlossen gehalten hatte. Seines und das des Knaben. Es war der Wille der Mächte, dass der Knabe lebte und wuchs, er hatte große Bedeutung für sie, und der Schamane würde sich ihrem Willen nicht in den Weg stellen. Nur ein wenig eingreifen. Und vielleicht verlangten dies die Mächte sogar von ihm.
Ihm bereiteten das Aufgebot und die Holzfäller große Sorgen, die der Mine
Weitere Kostenlose Bücher