Cook, Robin
die Kontoeröffnung unsere Sozialversicherungsnummern verlangen, und die werden sie natürlich umgehend überprüfen, so dass wir im Handumdrehen Bescheid wissen, ob die Nummern okay sind.«
»Klingt gut«, stellte Deborah fest. »Weißt du, wann die Bibliothek öffnet?«
»Ich schätze um neun oder zehn Uhr«, erwiderte Joanna. »Aber es gibt noch etwas, das wir in Erwägung ziehen sollten. Was hältst du davon, wenn wir unser Aussehen noch ein bisschen stärker verändern? Wahrscheinlich reichen unsere neuen Frisuren schon völlig aus, aber was spricht dagegen, noch eins draufzusetzen? Dann wären wir auf jeden Fall auf der sicheren Seite.«
»Meinst du, wir sollten uns die Haare färben?«
»Zum Beispiel. Aber wir könnten darüber hinaus auch unseren Stil und unser Aussehen im Allgemeinen verändern. Wir kleiden uns beide wie Studentinnen. Vielleicht sollten wir versuchen, unseren ganzen Typ zu verändern.«
»Kein Problem«, entgegnete Deborah. »Ich will mir schon seit einer Ewigkeit die Haare blond färben. Angeblich hat man ja als Blondine sowieso erheblich mehr Spaß.«
»Ich meine es ernst«, ermahnte Joanna ihre Freundin.
»Okay, okay«, entgegnete Deborah. »Was hast du also vor? Willst du dir das Gesicht piercen und dir ein paar wilde Tattoos machen lassen?«
Jetzt musste auch Joanna lachen. »Lass uns versuchen, einen Augenblick ernst zu bleiben. Also, ich denke eher an unser Outfit und an Make-up. Damit kann man schon eine Menge machen.«
»Stimmt«, pflichtete Deborah ihr bei. »Ich habe schon des Öfteren den Drang verspürt, mich als Hure herauszuputzen. Wahrscheinlich habe ich eine exhibitionistische Ader, die endlich mal befriedigt werden will. Jetzt könnte meine Chance gekommen sein.«
»Willst du mich schon wieder auf den Arm nehmen, oder meinst du das ernst?«
»Ich meine es ernst«, sagte Deborah. »Warum sollen wir uns bei der Sache nicht ein bisschen Spaß gönnen?«
»Ich hatte eher an eine Verwandlung in die entgegengesetzte Richtung gedacht«, erklärte Joanna. »Was hältst du davon, wenn ich mich in den Typ prüde Bibliothekarin verwandle?«
»Das ist zumindest einfach«, entgegnete Deborah und fügte scherzend hinzu: »Da musst du dich nämlich kaum verändern.«
»Sehr witzig«, grummelte Joanna.
Deborah wischte sich mit der Serviette den Mund ab und legte sie auf ihren Teller. »Bist du fertig?«
»Ja«, erwiderte Joanna.
»Dann sollten wir in die Gänge kommen«, drängte Deborah. »Auf dem Weg hierher sind wir an einem Lebensmittelladen vorbeigekommen. Am besten kaufen wir ein paar Sachen ein, dann müssen wir nicht dauernd nach unten laufen. Und wenn wir das erledigt haben, müsste die Bibliothek eigentlich geöffnet haben.«
»Klingt gut«, stimmte Joanna zu.
Als die Bibliothekarin der Boston Library die Tür aufschloss, warteten Joanna und Deborah bereits seit einigen Minuten auf der Eingangstreppe und betrachteten die Trinity Church, die dem Bibliotheksgebäude auf der anderen Seite des belebten Copley Square gegenüberlag. Es war genau neun Uhr. Da sie beide noch nie in der Boston Library gewesen waren, waren sie von dem Anblick der großartigen Architektur und der realistisch wirkenden Wandgemälde von John Singer Sargent schier überwältigt.
»Ich kann es gar nicht glauben, dass ich seit sechs Jahren in der Nähe von Boston lebe und noch nie in dieser Bibliothek gewesen bin«, stellte Deborah fest, während sie durch die hallenden Marmorsäle schritten. Sie blickte sich ständig zu beiden Seiten um, um bloß kein Detail zu übersehen.
»Da kann ich dir nur zustimmen«, pflichtete Joanna ihr bei.
Sie erkundigten sich, wo sie alte Zeitungen, insbesondere den Boston Globe, einsehen konnten, und wurden in den Mikrofilm-Raum verwiesen. Dort erfuhren sie jedoch, dass die Zeitungen in der Regel erst nach etwa einem Jahr auf Mikrofilmen zur Verfügung standen. Also suchten sie den Zeitungsraum auf, wo sie eigenhändig in den alten Ausgaben blättern konnten.
»Wie weit sollen wir zurückgehen?«, fragte Deborah.
»Einen Monat, würde ich sagen«, erwiderte Joanna. »Und wenn das nicht reicht, arbeiten wir uns eben weiter nach hinten vor.«
Sie nahmen sich jeweils einen Stapel Zeitungen, schleppten sie zu einem leeren Lesetisch und fingen an, ihre jeweiligen Haufen durchzuarbeiten.
»Es ist doch nicht so einfach, wie ich dachte«, stellte Deborah nach einer Weile fest. »Offenbar habe ich mich geirrt – Alter und Geburtsdaten der Verstorbenen sind
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