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Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition)

Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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doch für einen Moment hatte ich tatsächlich befürchtet, er wäre zu Niki umgezogen.
    Aber das braucht COOLMAN ja nicht zu wissen.
    Im Wohnzimmer steht ein reich gedecktes Buffet. Allein mit den kalten Platten, die der Bürgermeister hat auffahren lassen, könnte man ganz Indien zwei Wochen lang verpflegen. Es ist auf jeden Fall viel zu viel für die wenigen Menschen, die sich in dem riesigen Raum verlieren.
    Meine Mutter und mein Vater halten sich wie immer eng umschlungen und reden angeregt mit einer Frau, die gerade einen Nudelsalat umrührt. Die drei lachen, und als sie mich sehen, winken sie mir gut gelaunt zu.
    Immerhin nehmen sie ihr Schicksal mit Humor. Meine Eltern treten im Stadttheater von Keinklagenstadt auf, und über die Zuschüsse für das Theater bestimmt der Bürgermeister. Deswegen können sie es sich nicht leisten, draußen vor der Tür zu demonstrieren. Obwohl sie sich da bestimmt auch viel wohler fühlen würden.
    Genau wie ich und die meisten der anderen Gäste, die mit trüben Gesichtern herumstehen, weil sie auch alle in irgendeiner Form vom Bürgermeister abhängig sind.
    Ihn selbst kann ich nirgendwo entdecken, und Lenas kleiner Bruder Max fehlt ebenfalls.
    »Wo ist eigentlich dein Bruder?«, frage ich Lena.
    Nicht dass ich die kleine Kröte vermissen würde. Ich verdanke Max eine der schlimmsten Nächte meines Lebens, als ich einmal für ihn den Babysitter spielen musste. Aber mir fällt partout nicht ein, was ich Lena sonst fragen könnte.
    »Der ist draußen auf der Demo. Papa hat ihm verboten, sich vor dem Sandmännchen noch
Zombies in der Waschstraße
auf Video anzusehen.«

    Ehe ich Lena etwas antworten kann, erscheint der Bürgermeister in einem weißen Anzug, auf dem blassrote Flecken zu erkennen sind, die in der Reinigung nicht rausgegangen sind. Der Mann sieht gehetzt aus und wischt sich mit einem Taschentuch immer wieder den Schweiß von der Stirn. Dabei verrutschen ihm die Haare, die er sich quer über den Kopf gelegt hat, um seine Glatze zu verdecken.
    Er tut mir fast ein bisschen leid.
    »Wir unterhalten uns gerade ganz reizend mit Ihrer Gattin. Sie ist eine bezaubernde Person«, begrüßt meine Mutter den Bürgermeister.
    »Das ist nicht meine Frau«, erwidert er schmallippig im Vorbeigehen. »Das ist unsere Köchin. Meine Frau hat Kopfschmerzen und liegt im Bett.«
    Dann klettert er mühsam auf einen Stuhl und hält eine Rede. Er lässt es sich überhaupt nicht anmerken, dass sein Wohnzimmer fast leer ist, sondern tut so, als ob er in einem Stadion vor Tausenden von begeisterten Anhängern sprechen würde.
    »Meine lieben Sportsfreunde und treuen Gefährten! Wer mich kennt, weiß, dass ich der Gefahr immer ins Auge gesehen und niemals gekniffen habe. Aber ich trage auch große Verantwortung. Wenn mir etwas zustößt, ist Keinklagenstadt verloren, und deswegen muss ich mich jetzt leider von Ihnen verabschieden. Das ist keineswegs eine panische Flucht, als die es meine politischen Gegner mit Sicherheit darstellen werden, sondern eine reine Vorsichtsmaßnahme.«
    In dem Augenblick dröhnen draußen die Gitarren von Alex und Justin los. Sie machen einen Höllenlärm, und da ist es kein Wunder, dass der Bürgermeister denken muss, die Demonstranten würden zum Sturm auf seine Villa blasen.

    Der Bürgermeister scheint COOLMANs Begeisterung für Frankreich nicht zu teilen. Er wird ganz blass im Gesicht, wahrscheinlich weil er im Gegensatz zu COOLMAN weiß, dass eine Guillotine nicht zum Baguetteschneiden benutzt wird.
    Wäre er ein afrikanischer Diktator, würde sich der Bürgermeister jetzt von einem Hubschrauber nach Südamerika ausfliegen lassen. Aber das ist er nicht, und deswegen springt er schnell von dem Stuhl hinunter und rennt Richtung Kellertreppe.
    Lena läuft ihm nach, und weil sie ihm folgt, tue ich es auch. Meine Eltern und die anderen bleiben lieber am Buffet stehen. Die haben ja auch nichts zu befürchten. Es ist ja nicht ihr Kopf, den die Demonstranten fordern.
    Die Kellertreppe endet vor einer schweren Eisentür.
    »Ich wusste, dass dieser Tag kommen würde«, murmelt der Bürgermeister, als er einen Schlüssel aus seiner Jackentasche zieht und damit die Tür öffnet.
    Dahinter liegt ein langer Gang, in dem man bequem laufen kann, ohne sich bücken zu müssen. Lenas Vater schnappt sich eine Taschenlampe, die in einer Halterung hinter der Tür hängt, und stapft voraus.
    »Wo endet der Gang?«, frage ich Lena.
    »Keine Ahnung! Aber ich wollte immer schon wissen,

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