Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition)
Gegenteil zu überzeugen, und ein erster Schritt dazu ist, ihr endlich einen überzeugenden Ersatz für Schnüffi zu besorgen. Also beeile ich mich lieber mit der Suchmeldung.
Ich tippe:
»Kaninchen vermisst.
Alter: egal.
Name: egal.
Geschlecht: egal.
Farbe: braun-weiß gefleckt.«
Ich frage mich, ob ich das mit der Farbe nicht lieber rauslasse. Die kann ich nachher immer noch mit einem Haarfärbemittel aus dem Drogeriemarkt korrigieren. Von Lenas Website habe ich ja jetzt das Foto, das kann ich als Vorlage nehmen. Da sehe ich, wo die Flecken hinmüssen.
Also lösche ich »braun-weiß gefleckt« und trage hinter Farbe ebenfalls »egal« ein, um meine Chancen auf ein vorzeigbares Exemplar zu erhöhen.
Zum Schluss schreibe ich noch: »Ich vermisse mein Kaninchen ganz furchtbar schrecklich«, um ein wenig auf die Tränendrüse zu drücken, und tippe unsere Adresse darunter.
Das Ganze muss ich jetzt nur noch tausendmal ausdrucken und in Keinklagenstadt verteilen.
Nach fünf Kopien sind die Blätter im Drucker alle.
Weil ich kein neues Papier finde, nehme ich einfach die leeren Rückseiten von Mahmouds Bibel. Die kann ich sowieso nicht lesen, und selbst wenn, würde ich auf die Lektüre dankend verzichten. Der französische Möchtegern-Revoluzzer hat mir schon genug Ärger gemacht, und so erfüllen seine durchgeknallten Ansichten wenigstens noch einen guten Zweck.
Ich entferne die Heftklammer, die die Blätter zusammenhält, und schiebe das Papier in den Drucker, um die Rückseiten zu bedrucken. Das bringt mir zwar auch noch nicht die erhofften tausend Kopien, aber ein ordentlicher Stapel an Vermisstenanzeigen kommt dank Mahmouds Mitteilungsdrang so trotzdem zustande.
Als das letzte Blatt fertig ist, steht Anti plötzlich hinter mir. Ich habe sie nicht kommen hören, weil der Drucker so laut war.
Ohne mich zu fragen, greift sie sich einen der Zettel, schiebt sich ihre schwarzen Haare aus den Augen und beginnt zu lesen.
»Haben Mama und Papa dir tatsächlich erlaubt, ein Kaninchen zu haben?«, fragt Anti. »Das ist nicht fair. Mir verbieten sie, eine Schlange zu halten. Nicht mal einen Waran darf ich haben. Das ist nicht fair!«
»Das Kaninchen ist nicht für mich«, erwidere ich.
Anti überlegt einen Moment, dann sagt sie: »Du darfst mich heute Nacht begleiten.«
»Wohin begleiten?«, frage ich misstrauisch, weil COOLMAN mir mit seinen düsteren Vermutungen ein bisschen Angst gemacht hat.
»Meerschweinchenkäfige waren gestern. Jetzt sind die großen Tierfarmen an der Reihe. Schweinemästereien, Legebatterien und so weiter. Da gibt es Tausende von denen.« Anti tippt mit ihren schwarz lackierten Fingernägeln auf meine Vermisstenmeldung.
»Ich suche kein Huhn! Ich suche ein Kaninchen!«, erwidere ich enttäuscht. Für einen Moment hatte ich gehofft, sie könnte mir tatsächlich helfen.
»Was glaubst du denn, Bruderherz, wo die ganzen Kaninchen aus der Tiefkühltruhe im Supermarkt herkommen? Von kleinen Mädchen, die ihre Lieblinge mit Löwenzahn großziehen und dann zum Schlachter bringen?«
Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber ich fürchte, das habe ich wirklich geglaubt.
»Blödsinn! Die werden eingesperrt wie Legehennen. Vor den Toren von Keinklagenstadt gibt es auch so einen Kaninchenknast. Aber nicht mehr lange! Heute Nacht ziehen wir beide los und befreien die armen Tiere.«
»Wir?«
»Ich brauche jemand, der Schmiere steht, und du brauchst ein Kaninchen. Zusammen sind wir ein echtes Dream-Team«, erklärt Anti und kramt in ihren Klamotten, die sie in meinem ganzen Zimmer verteilt hat.
»So dringend ist das mit dem Kaninchen auch wieder nicht...«, erwidere ich, weil ich keine Lust habe, nachts in eine Kaninchenfabrik einzubrechen. Das ist bestimmt verboten, und am Ende landen wir beide im Gefängnis. Dann geht es uns auch nicht besser als den Kaninchen, und die Wahlkampf-Kampagne für den Bürgermeister kann ich von da aus auch nicht organisieren. Dann wird er die Wahl verlieren und mit seiner Familie die Stadt verlassen. Dann ist Lena weg, und ich kann sie nicht mal an den Besuchstagen sehen.
Anti hört mir gar nicht zu, sondern schmeißt mir eine ihrer schwarzen Leggins und einen von ihren schwarzen Pullovern an den Kopf.
»Zieh das an! Damit bist du perfekt getarnt«, erklärt sie, und als ich zögere, ergänzt sie mit einem wirklich bösen Grinsen: »Oder soll ich Lena erzählen, dass du es warst, der ihren Schnüffi am Straßenrand verbuddelt hat?«
Keine Ahnung, woher
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