Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition)
sich nun im Rathaus verschanzt. Dort gibt es bestimmt einen erdbebensicheren Bunker mit Lebensmitteln und Wasser für mindestens drei Monate, damit wenigstens der Bürgermeister überlebt, falls mal ein Meteorit auf die Stadt fällt.
Erst als wir die Stadt hinter uns gelassen haben und über eine einsame Landstraße fahren, dreht Anti die Musik wieder leiser. Aus der Ferne sind Schüsse zu hören, und ich hoffe nur, dass die Situation vor der Villa des Bürgermeisters nicht gerade völlig aus dem Ruder läuft.
»Wir sind gleich da«, sagt Anti.
»Bien sûr, da ist ja auch schon die Disco!«, ruft Niki von der Rückbank und zeigt auf einen Bauernhof, der rechts von uns am Straßenrand auftaucht. Neben dem Wohnhaus stehen zwei Ställe und daneben ein Turm, in dem vermutlich das Futter gelagert wird.
Die Ställe sind flach, lang und haben keine Fenster. Da müssen die Kaninchen drin sein. Die Ställe sind so groß, dass dort mindestens zwei Millionen von ihnen reinpassen. Und da wäre es wirklich schon ziemliches Kai-Pech, wenn nicht auch ein braun-weiß geflecktes Kaninchen dabei wäre, das Schnüffi ein bisschen ähnlich sieht.
Anti parkt den Wagen in einem Waldstück, keine hundert Meter von der Kaninchenfarm entfernt.
Aus ihrer Manteltasche holt sie einen Korken und ein Feuerzeug heraus. Anti hält den Korken über die Flamme, bis er ganz rußig ist. Dann malt sie ihr Gesicht damit an und reicht ihn an mich weiter.
»Das ist die perfekte Tarnung.«
Ich habe nichts dagegen, nicht gesehen zu werden, und deswegen male mich ebenfalls schwarz an.
Wenn COOLMAN so weitermacht, kann ich es gar nicht erwarten, dass er endlich zu Niki umzieht.
Niki sieht nicht sonderlich begeistert aus. Nicht wegen COOLMAN, von dem ahnt sie ja noch gar nichts, sondern wegen des rußigen Korkens, den ich ihr reiche. Sie jammert, dass sie nur Make-up von irgendwelchen teuren Markenfirmen benutzt, und erst als Anti ihr droht, dass man sie zur Black Night sonst nicht in die Disco reinlässt, gibt Niki endlich nach.
Als wir alle ordentlich getarnt sind, steigen wir aus. Im Schein des Vollmondes stapfen wir zu dritt querfeldein auf den Bauernhof zu.
»Merde! Warum führt keine Straße zu der Disco?«, flucht Niki, die große Schwierigkeiten hat, mit ihren hochhackigen Schuhen auf dem lehmigen Acker vorwärtszukommen.
Irgendwer sollte Niki langsam sagen, dass die Halle da vorn keine Disco ist. Aber das kann Anti selbst machen.
Schließlich war das alles ja ihre Idee.
7. Kapitel
Befreiungskampf
»C ’ est pas normal. Man hört gar keine Musik, Chéri!«, sagt Niki und sieht mich fragend an.
»Psst!«, macht Anti und hält sich den Zeigefinger vor die Lippen.
Das nützt bei Niki aber gar nichts, weil Niki auch reden kann, ohne den Mund zu öffnen.
»Was ist das für eine Disco, in der keine Musik ...?«
Mitten im Satz reißt Anti mich und Niki plötzlich zu Boden und drückt uns beide fest in eine Ackerfurche.
Kurz darauf huscht der Lichtkegel eines Suchscheinwerfers über das Feld. Er verfehlt uns nur knapp, und zum ersten Mal bin ich froh, in Antis schwarzen Klamotten zu stecken.
Als ich es endlich wage, den Kopf zu heben, knirscht Erde zwischen meinen Zähnen. Der Lichtkegel wandert weiter über das Feld und schreckt ein paar Rehe auf, die am Waldrand gegrast haben. Erst jetzt erkenne ich, dass der Turm neben den Ställen gar nicht für Futter gedacht ist. Es ist ein Wachturm, auf dem ein Suchscheinwerfer montiert ist.
»Du hast mir nicht gesagt, dass das so eine Art Hochsicherheitstrakt ist!«, zische ich Anti zu, weil ich mich nicht traue, laut zu reden. Wer garantiert mir, dass da oben nicht auch noch ein Maschinengewehr steht?
»Stell dich nicht so an«, erwidert Anti unbekümmert. »Wir sind zu dritt, der Bauer da oben ist allein, und außerdem geht der sowieso gleich ins Bett.«
»Das ist gar keine Disco, n ’ est-ce pas?«, mischt sich Niki ein.
Jetzt ist wohl endlich der Moment gekommen, Niki die Wahrheit zu sagen. Anti sieht das ähnlich und erzählt ihr, warum wir hier auf diesem Acker liegen und alle paar Minuten unsere Gesichter in den lehmigen Boden drücken. Immer genau dann, wenn sich der Lichtkegel des Suchscheinwerfers nähert.
»Mais c ’ est viel besser als Party! J ’ aime Kaninchen! Ich liebe diese kleinen, putzigen Tierchen!«, erklärt Niki und erhebt sich. »Liberté für die Kaninchen!«
Ich ziehe Niki schnell wieder zu mir herunter, weil ich mir immer noch nicht sicher bin, ob da oben
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