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Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition)

Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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sie das weiß.

    Wahrscheinlich haben meine Eltern geplaudert. Dann hätten sie aber wenigstens auch erzählen können, dass ich es war, der für eine anständige Beerdigung gesorgt hat. Aber das würde mir auch nichts nützen. Wenn Lena das rauskriegt, ist es endgültig vorbei.
    Ich meine, dann ist es noch vorbeier, als es jetzt schon vorbei ist.
    Da kann ich genauso gut Anti begleiten und danach mit ihr ins Gefängnis wandern, ohne über Los zu gehen. Das hat den Vorteil, dass ich so Punkt zwei auf meiner Liste abhaken kann. Wenn Anti sich jetzt nur noch um die großen Tierfabriken kümmert, lässt sie wenigstens die Gartenkäfige in Frieden. Da draußen auf dem Land ist ja auch nicht so viel Autoverkehr, da haben die freigelassenen Kaninchen eine reelle Chance, nicht unter die Räder zu kommen, sondern irgendwo auf einem Feld ein neues Leben anzufangen.
    »Das steht dir hervorragend«, sagt Anti, als ich mich umgezogen habe. Ihre Sachen sind mir mindestens drei Nummern zu groß. Sie schlackern um meine Arme und Beine. Ich fühle mich überhaupt nicht wohl darin, und das liegt nicht nur daran, dass die Klamotten meiner Schwester gehören.
    Anti braucht sich nicht umzuziehen, die trägt immer Schwarz, und deswegen können wir auch gleich aufbrechen. Ich stecke noch schnell die Suchmeldungen ein, man kann ja nie wissen, und mache mich mit Anti auf den Weg. Meine Schwester will den Wagen unserer Eltern nehmen. Das macht sie öfter, wenn Mama und Papa abends im Theater sind, obwohl Anti gar keinen Führerschein hat.
    Wie auch? Sie ist ja erst sechzehn.
    Als wir aus dem Haus treten, läuft uns Niki mit ihren Einkaufstüten in die Arme.
    »Oh, là, là!, ihr geht zu einer Party noire«, begrüßt sie uns und wischt sich ein paar Schaumreste aus den nassen Haaren. »Ich liebe Mottopartys! Aber in einer Disco, wo alle nur schwarze Sachen tragen, war ich noch nie. Das wird bestimmt lustig.«
    »Du kannst nicht mit«, erkläre ich und warte darauf, dass Anti mich unterstützt und ein paar kluge Argumente nennt, warum Niki uns auf gar keinen Fall begleiten kann. Dass sie ihren Mund nicht halten kann, wäre zum Beispiel eines davon.
    »Klar kannst du mit. Heute ist Black Night in der Disco«, sagt Anti.

    »Einen Moment, s ’ il te plaît, bin sofort wieder da! Ich zieh mich nur kurz um«, erklärt Niki und verschwindet im Haus.
    »Was soll das?«, frage ich Anti, als wir in den Wagen steigen.
    »Vier Augen sehen mehr als zwei«, erwidert meine Schwester und macht es sich auf dem Fahrersitz bequem.
    Eine Stunde später taucht Niki wieder auf. Sie trägt schwarze hochhackige Schuhe und ein kurzes schwarzes Kleid. Weil es so eng geschnitten ist, kann sie nur mit Mühe auf den Rücksitz klettern.
    »Das ist das Einzige in Noir, was ich habe«, erklärt Niki. »Das habe ich in ›Biggis billiger Boutique‹ gekauft, zusammen mit ...«
    Anti verdreht die Augen, während Niki ihre gesamten Einkäufe aufzählt. Das mit Antis Augen kann ich natürlich nicht sehen, weil ihr die langen Haare wie ein Vorhang vor dem Gesicht hängen. Aber ich kann es spüren. Schließlich kenne ich sie seit meiner Geburt. Anti legt den Gang ein und gibt Gas. Ich habe keine Ahnung, ob sie überhaupt etwas sieht. Es würde mich nicht überraschen, wenn auf unserer Fahrt ein paar Kaninchen und Meerschweinchen auf der Strecke bleiben, die zur falschen Zeit am falschen Ort die Straße überqueren.
    Im Wagen wird nicht viel geredet. Zumindest nicht von mir und Anti. Niki dagegen plappert ununterbrochen, ohne dabei den Mund zu öffnen. Das hat sie in der kurzen Zeit wirklich perfektioniert.
    Nach fünf Minuten schiebt Anti eine ihrer CDs in den Player, drückt auf Start und dreht den Lautstärkeregler ganz nach rechts.
    Eine Melodie kann ich bei ihrer Musik nicht erkennen, weil ich schon nach den ersten Takten nahezu taub bin. Dass die CD weiterläuft, merke ich nur daran, dass der Wagen bei jedem Bass einmal kurz in die Höhe hüpft. Hoffe ich zumindest. Vielleicht ist es aber auch ein weiteres bemitleidenswertes Kaninchen.
    »Das mit der Musik ist vielleicht keine so gute Idee, wenn wir uns unbemerkt nähern wollen!«, brülle ich Anti zu.
    Aber weil die Musik so laut ist, hört sie mich nicht und fährt unbeeindruckt weiter. Zum Glück sind die Straßen fast leer. Wahrscheinlich demonstrieren die meisten Einwohner von Keinklagenstadt immer noch vor der Villa des Bürgermeisters. Die wissen ja noch nicht, dass der sich längst unterirdisch abgesetzt hat und

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