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Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition)

Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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klingt lautes Poltern. Es hört sich an, als hätte Max ein Bücherregal umgeworfen.
    »Willst du nicht reinkommen?«, fragt Lena.

    »Hast du schon in die Mikrowelle geschaut?«, erwidere ich, um endlich zum Thema zu kommen.
    »Meinst du, ich bin doof?«, antwortet Lena und lacht. »Eine halbe Stunde hat es gedauert, bis ich alle deine Nachrichten auf dem AB abgehört habe. Da habe ich mich natürlich sofort auf die Suche gemacht. Aber meine Mutter hatte sie schon auf den Müll geworfen.«
    »Auf den Müll?«, rufe ich entsetzt.
    »Keine Bange, ich habe sie da wieder rausgeholt«, beruhigt mich Lena.
    Lena hat wirklich ein außerordentliches Talent, mich auf die Folter zu spannen.
    »Und? Was war drin?«
    »Nichts war drin. Sie war leer.«
    »Leer?«
    »Völlig leer. Abgesehen von so einem kleinen Glasding.«
    Erleichtert atme ich aus. Für einen kurzen Moment dachte ich tatsächlich, es sei alles umsonst gewesen.
    »Wo ist der Ring jetzt?«
    »Das war ein Ring? Sah gar nicht so aus«, antwortet Lena verwundert.
    »Hast du ihn hier?«
    »Das Ding ist mir entgegengerollt, als ich die Tür aufgemacht habe.«
    »Und?«
    »Dann ist es auf den Fliesen in tausend Scherben zersprungen.«
    »Zersprungen? In tausend Scherben?«
    »War aber nicht so schlimm. Der war potthässlich. Kai, sag doch was! Du bist ja ganz blass! Geht es dir nicht gut? Willst du einen Schluck Wasser? Alles in Ordnung mit dir?«
    Dafür, dass mit mir gar nichts, aber auch wirklich absolut überhaupt nichts in Ordnung ist, arbeitet mein Gehirn erstaunlich zuverlässig und analysiert gnadenlos meine verzweifelte Lage.
    1) Ich hätte den Ring zurückgeben können, und alle meine Sorgen wären verschwunden gewesen.
    2) Der Ring existiert aber nicht mehr, also bleibt alles beim Alten.
    3) Bisher habe ich noch nichts verdient.
    4) Das muss sich ändern.
    5) Schnellstens.

    »Steht das Angebot für das Babysitten noch?«, frage ich Lena.
    »Morgen Abend bräuchten meine Eltern jemanden. Da muss ich mit ihnen zur Einweihung eines Jugendzentrums. Das wird schrecklich langweilig, aber alle sollen sehen, was der Bürgermeister für eine tolle Familie hat. Bald sind doch wieder Wahlen«, erzählt Lena.
    »Und dein Bruder?«
    »Der bleibt hier, sonst kann mein Vater die Wiederwahl vergessen. Du kennst meinen Bruder nicht!«
    »Doch, kenn ich«, antworte ich und greife mir an mein Auge, das immer noch scheußlich brennt von dem tückischen Zitronensaftgemisch.
    »Ich kann dich nur warnen«, sagt Lena.
    »Ich habe keine Wahl. Ich brauche das Geld«, antworte ich.
    »Kann ich dir irgendwie helfen?«, fragt Lena, und dabei sieht sie wirklich ein bisschen besorgt aus.
    Das wäre ein guter Moment, ihr alles zu erzählen.
    Aber das traue ich mich nicht.
    »Nein, es ist alles in Ordnung«, antworte ich tapfer. »Sag mal, hättest du mich eigentlich auch ohne meinen kleinen Finger gern?«
    Lena sieht mich an, als wäre ich der letzte Idiot.
    Aber das tut sie oft, das stört mich nicht.
    »Nicht so wichtig. Ich muss nach Hause.«
    Ehe ich mich umdrehen kann, haucht Lena mir einen Kuss auf die Wange.
    Ich bin also anscheinend doch nicht der letzte Idiot. Vielleicht nur der vorletzte oder der drittletzte, und das ist trotz meiner völlig verkorksten Lage doch irgendwie ein beruhigender Gedanke.
    Als ich am nächsten Tag aufwache, ist es bereits Mittag, und alle anderen sind schon aus dem Haus. Auf dem Küchentisch liegt ein Zettel: »Wir sind im Theater! Krisensitzung!! Wir sprechen uns noch!!! Mama und Papa«. Ich beschließe, die Ausrufezeichen nicht persönlich zu nehmen. Erst einmal frühstücke ich in Ruhe und werfe dabei einen Blick in die Zeitung, die aufgeschlagen auf dem Tisch liegt. Darin steht eine begeisterte Besprechung der Aufführung von gestern Abend. Der Kritiker spricht von einem Meilenstein des Stadttheaters und lobt die vielen neuen Ideen des Regisseurs. Besonders gut hat ihm das mit dem Schaum gefallen. »Eine geniale Darstellung einer Welt, in der niemand mehr richtig durchblickt!« Herausragend fand er auch den überraschenden »Mikrowelle, Mikrowelle«-Ruf, weil er »dem mittelalterlichen Kinderkreuzzug unsere moderne, vereinsamte Welt gegenüberstellt«. Dass das Theater nun mindestens drei Monate lang renoviert werden muss, sei zwar betrüblich, so der Kritiker weiter, aber durch die nachhaltige Wirkung des Stückes wäre der Aufwand dafür durchaus gerechtfertigt.
    Immerhin einer, dem es gefallen hat, denke ich und frühstücke zu Ende.
    Bis zu

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